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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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eine Veränderung in ihm vor sich gegangen war.
    Er hielt das Ganze für Rudimente eines Gefühls, das mit den Alten ausgestorben war, etwas, was angeblich mit den Anziehungskräften zwischen den Geschlechtern in Zusammenhang gestanden hatte und was notwendigerweise verschwunden war, als die Geschlechter aufgehört hatten zu existieren. Und nun, da man sich ein Stück hatte zurückziehen müssen auf dem geplanten Weg, da drängte es anscheinend erneut hervor, da klammerte es sich an möglicherweise verschleppte Erbstrukturen und stand wieder auf, kaum zu erkennen bisher, aber äußerst beunruhigend schon, die selektive Anziehung, die er als unter der Würde eines intelligenten Wesens empfand.
    Schließlich vermochte er sich nicht mehr zu wehren, er stand auf und trat durch den Vorhang, tief in Gedanken, unzufrieden mit sich und ein wenig zornig auf das Fremde, das da in ihm war.
    Zögernd ging er zum Lift, doch noch ehe er die Schleuse erreichte, glitt die Blende nach oben weg und Borelie trat heraus. Und wieder sagte sie nur: »Stenelor!«
    Sie standen sich gegenüber, lange und schweigend. Und endlich traten sie beide einen Schritt nach vorn, so daß sie sich berührten.
     
    An diesem Tag kam Borelie noch zweimal zu ihm in den Beobachtungsraum. Beide Male gab es durchaus wichtige Gründe, das war offensichtlich, sie hatten Aufzeichnungen auszuwerten, Festlegungen zu treffen und Psychogramme zu kommentieren, aber ebenso augenscheinlich war, daß sie es als Genuß empfanden, sich zu sehen, zu berühren und zu fühlen.
    Am Abend verließen sie den Turm gemeinsam. Stenelor forschte hin und wieder in den Gesichtern derer, die ihnen begegneten, und er war verwundert, daß sein und Borelies Verhalten keinerlei Aufmerksamkeit erregte. Viel später erst bemerkte er, daß sie nicht die einzigen waren, die sich zu einem Paar gefunden hatten.
    Am anderen Morgen erhielt Borelies Gruppe ihre Einsatzorder. Die Fremden näherten sich dem Dorf 4 der Monogenen.
     
     
11
     
    TORIA HALSUM, geboren in Rakvere/Estnische SSR, Geologiestudium in Berlin, Institut für Grenzbereiche der Materie/Berlin, Kontemplant, Ausbildung zur Kosmonautin in Baikonur und Orechowka, Planetologin, erste Frau auf Mars, Berufung zur Expedition Procyon 4/2, Leiterin der planetengebundenen Forschungen der ersten Landegruppe.
     
    Als sie erwachte, schliefen die drei anderen noch. Sie stand leise auf, schloß die Sichtscheibe ihres Helms und trat in die Schleuse.
    Der Morgen war wolkenverhangen und glanzlos. Zwischen den Bäumen hing mattes, weißliches Licht, und die Umgebung sah aus, als hätte sich ein feiner Schleier darüberhingebreitet. Feucht und schwer hingen die Bandblätter in der trüben Dämmerung. Von ihrer bunten Färbung war kaum noch etwas geblieben, ihre nadelfein ausgezogenen Spitzen troffen vor Nässe. Hin und wieder fiel ein großer Tropfen auf Torias Helm, bildete für einen winzigen Moment einen Fleck interferierender Farben und verdampfte spurlos im Schutzfeld.
    Sie drehte sich einmal um sich selbst und versuchte sich zu orientieren. Der Wald schwieg. Eine lastende Stille lag über allem, noch war das Leben des Tages nicht erwacht. Die Spinne schmiegte sich eng an den Boden, wie ein schlafendes Tier mit unter dem Leib geborgenen Beinen.
    Drüben am Rand der Lichtung standen die beiden Modifizierten. Unbeweglich, als wären sie selbst ein Teil dieser in absoluter Ruhe verharrenden Welt geworden. Da sie Toria den Rücken zuwandten, war es ihr unmöglich, sie zu unterscheiden. Im trüben Licht des Procyonmorgens sahen sie aus wie zwei Felsbrocken, die der alles überwuchernde Wuchs des Waldes aus unerklärlichen Gründen verschont hatte.
    Sie ging langsam hinüber. Der Boden unter ihren Füßen gab federnd nach und verschluckte die Geräusche ihrer Schritte. Trotzdem wurde sie von den beiden unverzüglich bemerkt. Obwohl sie sich nicht im geringsten bewegten, drückte ihre Haltung plötzlich Spannung aus. Sie hatte damit gerechnet. Sie bewunderte die Sensibilität dieser für ihre Begriffe ungefügen Geschöpfe, deren unverwüstliche körperliche Konstitution in keinem Verhältnis zu ihrer äußerst feinsinnigen Empfindsamkeit zu stehen schien.
    Dann hob einer der beiden leicht den Arm. Die Bewegung war kaum zu erkennen, aber sie war trotzdem unmißverständlich. Sie forderte gleichzeitig Aufmerksamkeit und absolute Ruhe. Von nun an ging Toria geduckt und noch langsamer.
    Die Modifizierten rückten ein kleines Stück auseinander, eben so

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