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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Nacht hinweg, und er wagte nicht, Borelie zu berühren, obwohl er nichts lieber getan hätte. Er mochte nicht wieder die Verwunderung in ihren Augen sehen müssen, von der er wußte, wie schnell sie in Spott umschlagen konnte.
     
    Sie verabschiedeten sich in der vierten Ebene des Turmes voneinander. Mit der Formel, die für Tage wie diesen galt. »Es wachse in dir«, sagte er.
    Und sie: »Es wachse durch dich.«
    Als er sich dem Lift zuwandte, ergriff sie ihn beim Arm. Er fuhr herum und sah, daß sie lächelte.
    »Stenelor«, sagte sie, nahe an ihn herantretend. »Stenelor. Noch zwei Tage.« Und in ihrem Lächeln war kein Spott, sondern etwas, das er noch nie gesehen hatte, bei keiner Frau. Erst im Lift begriff er, daß es das gleiche Unbekannte war, das ihn am Morgen zurück an ihre Seite getrieben hatte.
    Seltsam, dachte er. Wieso stört es mich auf einmal, daß es nicht mehr Tage sind als diese drei. Und weshalb ausgerechnet bei Borelie.
     
    Die Stadt hatte sich auf die Fremden eingerichtet. Nach einer kurzen Unterbrechung, die er dem durch deren Auftauchen verursachten Schock zuschrieb, war sie wieder in der vorgesehenen Weise gewachsen, langsam und kontinuierlich wie ein Kristall. Der Eliminatorring dehnte sich in den programmierten Intervallen um den vorgeschriebenen Betrag aus, drängte den Wald weiter zurück, die Taster spürten tierische Eindringlinge auf und veranlaßten ihre Liquidierung, einerlei, ob sie sich dem Ring am Boden näherten oder in der Luft, und die agrologischen Schwingungen lösten die Biomasse zu humösen Strukturen auf. Alles verlief normal und ohne Störungen, man konnte meinen, nichts wäre geschehen. Und doch lag seit einem Tag verhaltene Spannung über allem.
    Er bemerkte das spätestens, als er die Aufzeichnungen der gestrigen Vorgänge abrief. Die Fremden waren von Süden her, aus der Richtung, in der das Meer lag, angeflogen. Schon als sie sich noch in großer Entfernung weit drüben über den Wäldern befanden, hatte der Eliminator sie geortet und die Taster aktiviert. Stenelor hatte pflichtgemäß alle einschlägigen Programme abgerufen und sich der Vorgänge von vor drei Jahren erinnert. Von jenem Augenblick an hatte er gewußt, daß dem Fahrzeug der Fremden nur mit Hilfe der geodätischen Werfer beizukommen war. Alles andere war eine Sache der Berechnung und der Auslösung gewesen.
    Die Eruption hatte das fremde Fahrzeug weit über die Wälder im Süden zurückgeworfen. Sie mußten jetzt wissen, daß sich die Stadt zu schützen verstand, daß sie jetzt mit tausend Ohren lauschte und Hunderte von Tastern teils in den Boden, teils in die Atmosphäre reckte. Die Fremden mußten jetzt wissen, daß sie sich, wenn sie die Stadt angreifen sollten, in der gleichen Lage befinden würden wie ihre Vorgänger, in der gleichen gefährlichen Lage.
    Stenelor verfolgte den lückenlos aufgezeichneten Fluchtweg des fremden Zubringers. Dessen unkoordiniertes Flugverhalten gab ihm zu denken. Das Fahrzeug hatte einen Teil des Waldes in großen, senkrechten Schwüngen überquert und war schließlich in einen flachen Gleitflug übergegangen, der es in geringer Höhe über das vierte Dorf der Monogenen hinweggeführt hatte. Ausgerechnet über den Ort, aus dem die Meldung über das abweichende Verhalten einer der Bewohnerinnen gekommen war. Ein Zufall sicherlich nur, aber ein sehr unangenehmer. So bedenklich, daß Dasiet mit ihrer Gruppe sicherlich unverzüglich aufgebrochen war. Weil in Hilias Sippe Dinge geschehen waren, die man nicht durchgehen lassen durfte. Auch nicht, wenn die Gefahr der Konfrontation mit den Fremden bestand. Nun, er würde sich auf dem laufenden halten. Bisher waren jedenfalls weder Dasiets Leute noch die Fremden im Dorf 4 aufgetaucht.
    Gegen Mittag überkam ihn eine merkwürdige Unruhe. Er überprüfte die Aufzeichnungsgeräte und ging alle Warnanlagen durch. Doch nirgends zeigte sich die geringste Unregelmäßigkeit. So begann er seine Psyche zu analysieren und stellte befremdet fest, daß die Unruhe enge Zusammenhänge mit Borelie aufwies. Jedesmal, wenn er in Bereiche des Unterbewußtseins vorstieß, traf er auf ihr Gesicht, und war es ihm endlich gelungen, diese seltsame Erscheinung zu verdrängen, dann fühlte er sich leer und erschöpft. Wenig später stiegen dann stets gewisse Bilder dieses Morgens in ihm auf, als müßten sie eine entstandene Lücken füllen, die schlummernde Borelie, deren Anblick ihn berührt und deren Atemzüge ihn erregt hatten. Er spürte, daß

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