Das verhängnisvolle Experiment
Ablauf der natürlichen Entwicklung eingegriffen hatte. Immerhin gab es dort hochgezüchtete Kampfviren, Torpedodelphine und Rattenmutanten, die sich durch Autoklonierung vermehren und so einen Landstrich von der Größe Europas in einem Vierteljahr völlig überschwemmen konnten. Wo war da der Unterschied?
Die Gruppe in der Känguruh 2 griff nicht in die Diskussion ein. Es hatte den Anschein, als betrachteten sie die Ereignisse wie Außenstehende, was sie ja wohl auch waren. Ihre Eindrücke mußten lückenhaft bleiben, da ihr Schiff von Zeit zu Zeit in den Funkschatten tauchte und die Kontakte nicht ausreichten, um alle Vorgänge und Überlegungen in ausreichendem Maß zu schildern. So war der Expeditionstrupp eigentlich auf sich allein gestellt.
Yahiro empfand das als Nachteil. Vor allem Mankovs wohlbedachte Schlußfolgerungen fehlten ihm in der jetzigen Situation sehr.
Am frühen Nachmittag lichtete sich der Wald. Sie erkannten es an den hin und wieder flach durch die Baumreihen fallenden Sonnenstrahlen, die manchmal in mattem Weiß und dann wieder in warmem Gelb schimmerten.
Sie bewegten sich jetzt langsamer, und Toria Halsum dirigierte die Libelle knapp über die Baumkronen hinweg. Sie mochte damit rechnen, daß in Kürze die seltsame Ringkonstruktion vor ihnen auftauchen würde, und deshalb nach Deckung suchen.
Schließlich blieb Yahiro stehen. Es behagte ihm nicht, daß sie nichts von ihrer Umgebung wußten. Sie konnten sich durchaus bereits in unmittelbarer Nähe des Ringes befinden, ohne es bemerkt zu haben.
Auch Lannert stoppte. »Was ist?«
Noch ehe Yahiro antworten konnte, erkundigte sich Toria, ob er etwas entdeckt habe.
»Wie sollte ich wohl?« fragte er zurück. »Wir stecken hier mitten im Wald, die Sichtweite beträgt maximal dreißig Meter. Und auch das nur, wenn die Bäume nicht allzu dicht stehen. Es wäre weit besser, wenn ihr mit der Libelle auf Höhe gehen und die Umgebung einer genauen Musterung unterziehen würdet. Ich nehme an, daß wir uns dem Ring bereits dicht genähert haben.«
»Sendet unverzüglich Peilung, Libelle!« Mankovs Stimme machte ihnen abermals deutlich, daß die im Schiff ständig gegenwärtig waren, vorausgesetzt, sie befanden sich auf dieser Seite.
Er hörte das abgehackte Fiepen des Peilsenders.
»Wir haben den Ring auf dem Schirm«, fuhr Mankov fort. »Und nun auch eure Bodenkoordinaten. Entfernung… höchstens vierhundert Meter bis zur Peripherie. Dreihundertneunundachtzig laut Servator. Richtungskennung… sieben. Ab jetzt ist also höchste Vorsicht geboten. Vorgehen nach Schema vier. Lannert und Yahiro erkunden eine bestimmte Wegstrecke und ziehen, falls sich nichts Beunruhigendes zeigt, die Libelle nach. Beim Erkunden sichert einer den anderen. Verstanden?«
»Verstanden!« bestätigte Lannert schnaufend, auf diese Weise einmal mehr dokumentierend, wie sehr ihm Mankovs präzise Weisungen mißfielen. Doch dann marschierte er plötzlich los, stampfend den spärlichen Bodenbewuchs niedertretend. Nach jeweils zwölf Schritten wechselte er in die rechts neben ihm verlaufende Baumreihe über, entsprechend der Richtungskennung war eine Korrektur unumgänglich. Sie waren erheblich nach Süden abgekommen.
Hin und wieder murmelte Lannert vor sich hin, einzelne Worte, die Yahiro nicht immer zu verstehen mochte, mehr als »Bummelei« und »Zeitverlust« hörte er nicht heraus.
Als Lannert rief, folgte er ihm sofort, hielt sich jedoch zwei Baumreihen weiter rechts. Nicht aus Gründen der Vorsicht oder weil die Fortbewegung in der anderen Reihe leichter gewesen wäre, sondern lediglich des besseren Überblickes wegen. Erst nachdem er bei Lannert angekommen war, forderte er Toria Halsum auf, ihnen mit der Libelle zu folgen.
Die Maschine bewegte sich jetzt im Taubenflug, in einer Variante, die der Besatzung zwar kein reines Vergnügen bescheren mochte, die ihr jedoch gestattete, sich in gewissen Zeitabständen aus größerer Höhe zu orientieren, während man in der eigentlichen Fortbewegungsphase trotzdem in der Nähe der schützenden Baumwipfel bleiben konnte. Die Libelle stieg zu diesem Zweck schnell und steil auf, verharrte einen Moment lang auf dem Gipfelpunkt und glitt dann in einer flachen Fallkurve bis fast auf das Niveau der höchsten Baumkronen hinunter. Zwar vergrößerte diese Flugvariante die Gefahr, entdeckt zu werden, gegenüber dem Schleichen in Wipfelhöhe beträchtlich, aber der Nachteil wurde durch die weite Rundumsicht während der letzten
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