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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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unterbricht er sie mit einer Geste. Er wischt mit der Hand über den Tisch, als wolle er das Thema wie eine Fliege hinwegfegen. »Das besagt überhaupt nichts«, erklärt er. »Wie lange hielten sich denn die anderen Gesellschaftsformationen? Und wo sind sie heute?«
    Wieder ein Gemeinplatz. Wieder der Versuch, das Gespräch zu beenden. Und abermals geht sie nicht darauf ein.
    »Die dort drüben haben die Zukunft auf ihrer Seite«, sagt sie. »Vielleicht auch, weil sie nicht den Menschen an ihre Ordnung anzupassen suchen, sondern die Verhältnisse an die Menschen. Die Entwicklung ist niemals rückwärts gelaufen, Brian. Immer hat eine Ordnung die andere abgelöst. Und ich vermute, daß jetzt die unsere…«
    Er preßt die Lippen zusammen. »Unsinn!« murmelt er dann.
     
    Es gab Dinge, die sie um so mehr von ihm trennten, je näher sie ihn kennenlernte. So verdroß es sie, daß er jede militärische Auseinandersetzung in der Welt mit kaum verhohlener Genugtuung zur Kenntnis nahm, weil er sie als Beweis seiner Theorie von der Notwendigkeit der Veränderung des Menschen betrachtete. Jeder dieser Konflikte war Wasser auf seine Mühlen, einerlei, ob es sich um den Ölkrieg von Tacna, die Korallenschlacht von San Cristobal oder den Krieg um die Ausbeutungsrechte der Tiefseeknollen bei den Philippinen handelte. Und so bekümmert sein Gesicht auch wirkte, als die Meldung von dem erst im letzten Augenblick verhinderten Start einer Rakete mit fünfzehn scharfen Atomsprengköpfen vom Stützpunkt Kimberley durch alle Medien ging, sah sie ihm an, daß er innerlich frohlockte.
     
    In der Zwischenzeit hatte sich jedoch vieles geändert. Vieles, was er sich weigerte, zur Kenntnis zu nehmen. Er würde wohl, wie sie ihn kannte, solange an seiner Theorie festhalten, bis die Gegenbeweise ihn unter sich begraben würden. Denn schon jetzt konnte es kaum noch Zweifel darüber geben, daß der Wert seiner Forschungsergebnisse entscheidend gesunken war. Selbst wenn man sich vor den Tatsachen verschloß und die von ihm ehemals formulierten Gründe für seine Theorie trotz allem akzeptierte, die angebotene Lösung hatte sich als indiskutabel erwiesen.
    Sie hatte diese Erkenntnis befürchtet seit dem Tag, an dem man die Krankenschwester im Park von Haston Base aufgefunden hatte. Menschen änderte man nicht dadurch, daß man sie mit einem anderen Körper versah. Verhaltensweisen entstanden aus gesellschaftlichen Zusammenhängen. Sie waren nicht Ursprung, sondern Auswirkung. Zumindest das hatte sie bei ihren Streichelfreunden gelernt. Und sie hatte auch gelernt, das, was sich um sie her vollzog, mit anderen Augen zu betrachten, aufmerksamer und kritischer. Sie wußte, daß sich die Welt gewandelt hatte seit der Zeit, in der Hastons Theorie entstanden war. Und nicht nur die Welt hatte sich gewandelt, sondern auch die Menschen.
    Und Brian? Sie war nicht sicher, ob die ihm verbleibende Zeit für einen ähnlichen Lernprozeß ausreichen würde. Da hatte es Yahiro als Betroffener sicherlich leichter, zumindest was die Erkenntnisse anbetraf. Seinen Reaktionen, die unweigerlich eintreten mußten, wenn er die Unzulänglichkeiten seiner neuen Existenz ganz begreifen würde, sah sie mit Besorgnis entgegen.
    Wog man all diese Umstände genau ab, dann war Peters Entscheidung keineswegs falsch und kaum noch übereilt. Lediglich Lannerts Anwesenheit auf Procyon 4 stellte einen Grund dar, nicht augenblicklich die Devitalisation einzuleiten. Einen allerdings schwerwiegenden Grund. –
     
    Ein Summton schwebte durch die Zentrale. Das Anlegemanöver war vollzogen, die Fähre aufgenommen und vertäut. Sie traten durch die Tür, einer hinter dem anderen, Dellak, von Vanda Ricanek stürmisch begrüßt, zu stürmisch unter den derzeitigen Umständen, die kleine Toria mit ihrer jetzt ein wenig desolat wirkenden Zöpfchenfrisur und Brian, blasser noch als sonst und tiefer gebeugt. Yahiro blieb massig und breit in der Tür stehen, sein mächtiger Körper füllte den Rahmen fast vollständig aus. Die Wunde am Oberarm hatte sich bereits geschlossen, eine handbreite Kerbe mit schwärzlich verfärbtem Grund.
    Sie ging auf Brian zu und berührte ihn an der Schulter. Es war eine Geste, um deren Hilflosigkeit sie selbst am besten wußte. Brian lächelte mit ernsten Augen. Es sah aus wie eine Grimasse. »Schrecklich!« sagte er. »Glaub mir, es war ganz entsetzlich!«
    Mankov schwang im Sessel herum. »Wo ist Bosk?«
    »Noch in der Fähre«, antwortete Yahiro. Seine Stimme

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