Das verhängnisvolle Experiment
Schmerzgrenze überschreiten konnte. Borelie schloß den Helm, und das Geräusch verklang zu einem feinen Summen. Und abermals rief die Stadt.
Da löste der Werfer die ersten gezielten Eruptionen aus. Das Fremde schien einen Moment lang mitten im Flug anzuhalten, hing röhrend über dem aufsteigenden Staub und wich dann geschickt zur Seite aus, mit einem plötzlichen Sprung, von dem man nicht wußte, ob er beabsichtigt oder dem Druck des aufspritzenden Bodens zu verdanken war. Jedenfalls bewahrte der Sprung die fremde Maschine vor der Vernichtung.
Gleich darauf begannen auch die Werfer der anderen, in der Nähe postierten Gruppen zu arbeiten. Es war, als wüchsen aus der Ebene Hände, um mit ihren überlangen Fingern nach der schwebenden Maschine zu tasten. Bäume wurden entwurzelt und Büsche hoch hinauf in den Himmel getragen, jahrelange Arbeit ging in Staub und Dreck auf, Vernichtung warf ihre schmutzige Decke über die Ebene. Und noch immer widerstand das Fremde.
Da rief die Stadt zum sechstenmal. Es war ein Schrei, der stoßweise heranwehte, ein Schrei, der Schreckliches ankündigte.
Das Fremde war nicht mehr allein. Aus der Höhe stürzte sich wie ein fallender Meteor eine zweite Maschine herab, größer als die erste, schneller auch und mit einem Geheul, das an den Nerven riß. Es war nicht zu ermitteln, ob sie die erste verfolgte oder zu unterstützen suchte.
Und dann traf ein furchtbarer Gravitationsstoß auf die Ebene. Die Wirkung war tatsächlich nur mit dem Einschlag eines Riesenmeteors zu vergleichen. Himmel und Boden schienen zu kollabieren. Wellen tobten über die Ebene vor der Stadt und schlugen wie mit mächtigen Fäusten auf alles ein, was sich über sie erhob. Borelie warf sich zu Boden und barg den Kopf in den Händen.
Und noch immer schlugen die Fremden mit planetaren Kräften aufeinander ein.
Als Borelie endlich den Kopf wieder zu erheben wagte, lastete um sie her eine Stille, die wie ein schwarzes Tuch über die Ebene gebreitet war. Erst lange Zeit später hörte sie das Knistern und sah das Feuer. Die Ebene brannte an mehreren Stellen, träge kräuselte Rauch auf. Sie stützte sich auf die Hände und richtete sich halb auf. Die Werfer rechts und links neben ihr standen wie dunkle Schatten vor den flackernden Flammen, und nichts außer dem spielenden Lichtern bewegte sich in ihrer Nähe. Da begann sie zu lauschen.
Aber die Stadt schwieg jetzt. Und die Gruppen rechts und links von ihr schwiegen ebenfalls. Sie sah Bana und Molar durch den niedrigen Bewuchs gleiten, ihn nach rechts und sie nach links, und als sie zurückkehrten, mußte sie nicht fragen, was geschehen war. Sie sah es an ihren Gesichtern und hörte es an ihrem Stöhnen.
Schließlich erhoben sie sich. Die Stille lag noch immer über der Ebene. Sie sahen, daß auch die anderen Gruppen zur Stadt zurückkehrten, langsam und mit gesenkten Köpfen. Sie alle wußten bereits, daß es auch diesmal Verluste gegeben hatte.
Und die Stadt schwieg noch immer.
Als sie sich den äußersten Gebäuden näherten, sahen sie Stenelors Gruppe auf sich zukommen. Stenelor ging langsam und hoch aufgerichtet. Erst als sie auf gleicher Höhe waren, begriff Borelie, daß Stenelor sich anschickte, mit seiner Gruppe hinaus in die Ebene zu gehen.
»Stenelor!« rief sie hinüber.
Er blieb stehen und winkte ihr zu. »Sie sind weg«, rief er. »Beide sind weg. Aber ich glaube, daß sie wiederkommen werden. Und ich werde mit ihnen reden, Borelie.«
»Aber Stenelor!«
»Du wirst auf den letzten Tag verzichten müssen, Borelie. Dies ist wichtiger, glaub mir.«
Er hatte sie gründlich mißverstanden. Es ging ihr nicht um den Tag, nicht um diesen einen Tag von Tausenden. Ihr ging es um Stenelor.
»Untersteh dich, Stenelor!«
»Du kannst mich nicht halten, Borelie. Ich werde zu ihnen gehen und mit ihnen reden. Man muß aufeinander zugehen, Borelie.«
»Sie sind böse, Stenelor. Sie haben Dasiets und Murias Gruppe umgebracht.«
»Dasiet!« sagte er betroffen. »Oh, Dasiet!«
»Bleib, Stenelor! Sie werden auch dich töten.«
Er wandte sich zum Gehen. Sein Blick war auf den fernen Hang des Eliminators gerichtet. »Nein, Borelie. Ich muß gehen.« Und doch blieb er noch einmal stehen und schaute sich um. Zögernd hob er die Arme in ihre Richtung. »Willst du…, willst du nicht mit mir kommen, Borelie?«
Sie blickte auf Bana und Molar und sah die Zustimmung in ihren Gesichtern. Da ging sie schnell hinüber zu Stenelor und berührte seinen Arm. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher