Das verhaengnisvolle Rendezvous
ist unser Flaggschiff. Es wird in drei Wochen eröffnet, und ich will, dass es ein Bombenerfolg wird.«
In Gedanken versunken, nippte sie an ihrem Wein. »Donald glühen schon die Ohren vom vielen Telefonieren. Er ist unersetzlich. Er hat’s wirklich drauf, die Leute rumzukriegen, und verlegt sich aufs Bitten, sodass niemand Nein sagen kann. Melvin hat sich schon auf die Socken gemacht und absolviert eine Rundreise durch unsere anderen Niederlassungen, um den Leuten persönlich etwas von ihrem Bestand abzuluchsen. Deirdre sitzt an den Berechnungen. Und ich hab heute Nachmittag bereits mit dem Vorstand gesprochen. In achtundvierzig Stunden sind wir so weit und gehen wieder in die Vollen.«
Gage prostete ihr zu. »Wenn es irgendjemand schafft, dann du …«
Auch er war Geschäftsmann. Unter anderem. Deshalb war ihm sehr genau bewusst, wie viel Stress, wie viel Risiko und wie viel Energie Natalie jedes Mal in die Projekte, die sie anpackte, steckte. »Gibt’s über die Brandursache irgendwelche Neuigkeiten?«
»Nichts Genaues.« Natalie schaute versonnen in die züngelnden Flammen des Kaminfeuers. »Ich hab ein paarmal mit dem Ermittler gesprochen. Er stellt recht merkwürdige Vermutungen an und fragt mir ein Loch in den Bauch. Zu allem Überfluss ist er auch noch immer ziemlich gereizt und will sich nicht festlegen.«
»Ryan Piasecki«, stellte Deborah fest und lächelte Natalie zu. »Ich hab mal versucht, ein bisschen was über ihn rauszukriegen. Es kam mir so vor, als würde es dich interessieren.«
»Dank dir.« Natalie lehnte sich vor. »Und?«
»Er ist seit gut fünfzehn Jahren bei der Feuerwehr. Während dieser Zeit hat er sich hochgearbeitet bis zum Lieutenant. Aber einen Fleck hat er schon auf seiner ansonsten weißen Weste.«
Natalies Lippen umspielte ein leichtes Lächeln. »Ach ja?«
»Anscheinend hat er einmal einem Stadtrat eine schallende Ohrfeige verpasst. Er hat ihm den Kiefer gebrochen.«
»Aha. Anlage zur Gewalttätigkeit«, bemängelte Natalie triumphierend. »Das hab ich mir doch gleich gedacht.«
»Es war während eines großen Brandes«, fuhr Deborah fort. »In einer Chemiefabrik. Piasecki war mit dem achtzehnten Zug am Unfallort. Sie waren die Ersten und hatten keinerlei Unterstützung.« Natalie zog interessiert die Brauen hoch, während Deborah weitererzählte. »Drei Männer verloren ihr Leben im Feuer, und zwei weitere wurden schwer verletzt. Da tauchte der Stadtrat mit der Presse im Schlepptau auf und fing an, die Feuerwehrleute darüber zu belehren, wie sie seiner Meinung nach vorzugehen hätten.«
Das war ja nicht zu fassen! Natalie schüttelte empört den Kopf. »Ich glaube, da hätte ich ihm auch eine geknallt.«
»Dann gab’s noch mal so ein Ding. Er kam in das Büro des Bürgermeisters gestürmt und knallte ihm eine Tasche mit aus dem Feuer geretteten Sachen auf den Schreibtisch. Sie hatten sie aus einem heruntergekommenen Apartmenthaus an der Eastside geborgen, und es war alles, was von dem Haus übrig geblieben war. Obwohl die elektrischen Leitungen vollkommen verrottet waren, die Feuertreppe nicht zugänglich und die Lüftung defekt gewesen war, hatte das Gebäude kurz zuvor ohne jegliche Beanstandung eine Kontrolle der Feuerschutzbehörde passiert. Mit Sicherheit nur dank einer saftigen Bestechung. Zwanzig Menschen fanden bei dem Brand den Tod.«
»Ich wollte, dass du mir was erzählst, was mich in meiner Einschätzung bestätigt, Deborah«, beschwerte sich Natalie. »Damit ich einen guten Grund habe, ihn zu verabscheuen.«
»Tja, tut mir leid, damit kann ich nicht dienen.« Deborah hatte ein kleines Stück von dem Charakter eines Mannes enthüllt, der entschlossen war, Kriminalität und Korruption auf seine eigene, unkonventionelle Weise zu bekämpfen. Sie warf Gage einen warmen Blick zu.
»Also gut.« Natalie seufzte. »Was weißt du sonst noch alles über ihn?«
»Vor fünf Jahren wechselte er zur Ermittlungsabteilung über. Ihm ging der Ruf voraus, ein zwar aggressiver, aber auch unerschrockener Mann zu sein.«
»Schon besser.«
»Er ist bekannt dafür, dass er die Spürnase eines Bluthundes hat, die Augen eines Adlers und die Zähigkeit eines Pitbulls. Er gräbt und gräbt, so lange, bis er auf alle seine Fragen eine Antwort gefunden hat, die ihn zufriedenstellt. Ich hatte ihn bisher noch nicht im Zeugenstand, doch ich hab mich ein bisschen umgehört. Alle sagen dasselbe. Wenn er einmal Blut geleckt hat, ruht er nicht eher, bis er den Schuldigen dingfest
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