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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Land, auf das er zuschwamm. Er suchte nach etwas, das die Wellen verbargen. Verzweifelt schwamm er in der aufgewühlten See herum.
    Da sah er sie. Die Frau trieb aufs Meer hinaus. Ihre Haare waren wie ein gelbes Licht in den dunklen Wellen. Er stieß sich durch die Wellen, kämpfte sich wütend durch das Wasser und streckte sich nach ihr aus. Doch das Meer schob sie von ihm weg. Und Bran schwamm ihr nach und sehnte sich nicht mehr nach dem Land.
     
    Der Wind führte die Schiffe rasch nach Norden. Das Felsenvolk hielt sich auf den Decks auf, denn noch immer konnten sie das Land im Osten erkennen. Nangor gab den Kurs an und achtete darauf, den Untiefen nicht zu nahe zu kommen. In der ersten Nacht rief der Seeräuber zu Hagdar hinüber und bat ihn, nach dem Nordstern zu steuern, und das taten sie, bis die Sonne über den zerklüfteten Felsen im Osten aufging.
    Bran wachte an diesem Morgen früh auf. Die Schmerzen hatten von ihm abgelassen, und als er an Deck kletterte, um zu sehen, wohin die nächtliche Fahrt sie gebracht hatte, kam Tir ihm mit einer Schale Fischsuppe entgegen. Er aß, während sie zusah. Tir lächelte ihn an, doch ihre Augen waren voller Trauer. Er wollte mit ihr über Kianna sprechen, doch er fand keine Worte.
    Linvi hielt Ulv, und als Bran aufgegessen hatte, streckte sie ihm den Kleinen entgegen. Bran nahm das Kind auf den Arm und ging zum Steuerruder hinüber. Hagdar klopfte ihm auf den Rücken und trat zur Seite und Bran nahm seinen Platz am Ruder ein. Ulv streckte sich nach der Ruderpinne. Die Männer zeigten lachend auf ihn, und Turvi hinkte herbei.
    Der Einbeinige tätschelte den Kopf des Kindes und sagte, er würde ein guter Häuptling werden. Bran blickte über das Meer und war voller Stolz.
    Den Rest des Tages stand Bran am Steuer, und nur wenn der Junge nach Milch schrie, rief er nach Tir. Es tat gut, so mit seinem Kind auf dem Arm dazustehen. Bis jetzt war das Kind für ihn wie ein Fremder gewesen, doch jetzt, da die Wellen das Schiff unter seinen Füßen umspülten und der Wind ihnen beiden durch die Haare wehte, spürte er mehr. Ulv weinte nicht, er sah nach vorn und starrte zum Horizont über dem Bugsteven. Bei den heftigen Böen schloss er die Augen, als wagte er es noch nicht ganz, in den Wind zu schauen. Dann drückte Bran ihn fester an seine Brust und schützte ihn vor der Kälte. Er blickte auf das kleine Gesicht hinab. Die Augen des Kleinen lagen tief wie bei ihm selbst. Und das Blau seiner Augen war so blau wie das Meer, das das Schiff umgab.
     
    Als die Dämmerung hereinbrach, stand Bran noch immer dort. Tir hatte Ulv mit unter Deck genommen, denn mit dem Abend kam die Kälte. Sie hatte Bran einen Umhang gebracht, den er jetzt enger um sich schlug. Er setzte eine Mütze auf, presste sich das Steuerruder fest unter den Oberarm und wärmte sich seine Hände in den Achselhöhlen. Das Land im Osten war jetzt weit entfernt, doch der Nordstern blinkte vor dem Bug. Er erkannte, dass sich die Küste nach Osten wandte. Wenn er am nächsten Morgen kein Land sah, würde er einen nordöstlichen Kurs einschlagen und so weit segeln, bis er wieder in Sichtweite des Landes war. Er spürte mit seinem ganzen Körper, dass das Land seiner Träume an dieser Küste lag.
    Er blinzelte ins Dunkel. Das Segel hing wie ein grauer Schatten über dem Deck, doch er konnte noch immer die Umrisse der Haihäute erkennen, die die Frauen der Kinlender eingenäht hatten. Er lauschte dem Knirschen des Querbaums und den Wellen, die an den Bug klatschten, und rieb sich die Augen. Zwei der Männer standen noch immer an Deck. Turvi lehnte sich vorn am Mast auf seine Krücken, und Bran glaubte, dass es sich bei dem Mann neben ihm um Kaer handelte, der während der Nacht das Steuer übernehmen sollte. Die Waldgeister hatten sich im Bug versammelt, wo sie unter ihren Lodendecken saßen. Seit dem Kampf am Strand hatten sie nur wenig gesagt.
    Turvi bewegte seine Krücken, stöhnte und kam auf ihn zu. Kaer nahm seinen Arm, doch Turvi schüttelte ihn ab.
    »Bran.« Er blieb stehen, schwankte auf seinen Krücken und fischte ein Leder aus seinem Hemd. »Erinnerst du dich daran?« Der Einbeinige wedelte mit dem Lederlappen herum. »Das ist Blutskalles Karte. Ich habe die Zeichen…« Er drehte sich zu Kaer und deutete zur Luke. Kaer zuckte mit den Schultern und schlenderte zum Mast zurück. Dort legte er sich seinen Umhang über die Brust und setzte sich. Turvi humpelte ganz nah zu Bran heran, lehnte die Hüfte gegen die

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