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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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von Arborgs Ehre ernannt und ihm sein Langschiff überlassen.
    »In deinem Kopf sind viele Gedanken.« Turvi drehte sich schwerfällig um. »Und Zeit zum Nachdenken wirst du haben. Loke sagt, dass Tir einen Mond warten muss, ehe sie sich auf die Wanderung begeben kann. Aber wir dürfen nicht zu lange hier bleiben, Bran. Bald kommt der Winter, und…«
    Turvi brach den Satz abrupt ab. Das Stimmengewirr aus dem Lager verstummte. Jemand rannte über die Wiese, und Narien rief nach seiner Mutter. Bran drehte sich um.
    Sie standen in einer langen Reihe auf dem Grashügel. Männer in Umhängen, Pelzen und Lederkleidern. Die Sonne spiegelte sich auf den Eisenschilden und den unzähligen Speerspitzen. Jeder zweite Mann hielt einen gespannten Bogen. Sie waren allesamt bärtig und dunkelhaarig. An ihren breiten Gürteln waren Schwertschäfte zu erkennen. Die Bogenschützen trugen ihre Schilde über den Schultern, und als die Speerträger ihre langen Waffen nach vorn richteten, klirrten die rußgeschwärzten Panzerhemden.
    Bran lief zu den Zelten. Turvi rief hinter ihm her, aber Bran schenkte ihm keine Beachtung. Die Fremden durften ihr nichts antun. Er rannte über den Strand und ins Lager.
    Der Pfeil bohrte sich zitternd in den Boden vor seinen Füßen. Bran stolperte, landete auf der Schulter und rollte herum. Er krümmte sich zusammen, verbarg das Gesicht in den Händen und wartete auf den nächsten Pfeil, aber es kam keiner. Er rappelte sich wieder auf. Dielan stand direkt vor ihm, machte aber keine Anstalten, ihm zu helfen. Bran fluchte und stolperte weiter zum Zelt.
    Da trat ein Krieger in der Mitte vor und hob die Hand. Er war groß, mit einem schwarzen, buschigen Bart und einer riesigen Pranke, die auf dem Schwertknauf ruhte. Die Männer senkten ihre Bögen.
    Bran blieb vor dem Zelteingang stehen. Seine Waffen waren alle dort drinnen bei ihr, aber der Krieger zeigte ihm die offene Waffenhand, das Zeichen für Frieden.
    »Woher kommt ihr?«, rief der Mann über das Lager. Er sprach mit scharfen Lauten. In Brans Ohren hörte er sich wie ein Reiter eines Stammes aus den Ebenen nördlich von Krugant an, die hatten auf die gleiche, seltsame Art gesprochen.
    »Seit drei Menschenaltern haben wir keine Reisenden über das Meer kommen sehen.« Der Mann stemmte die Fäuste in die Seiten. »Ihr seid Mansarer, nicht wahr?«
    Bran sah die anderen an. Weder Hagdar noch einer der anderen sagte etwas. Wie verhext starrten sie auf die Krieger. Cergan, Sortsverd und die anderen Tirganer hatten sich vor ihre Frauen gestellt. Nur Zwei Messer und Storm hatten ihrer Schwerter gezogen. Dielan nahm Konvai auf den Arm, weil der Junge weinte.
    »Friede!«, rief Turvi, während er sich mühsam über die Steine zum Lager kämpfte. »Schießt eure Pfeile nicht auf uns ab, Fremde. Wir bitten um Frieden!«
    Der Mann mit dem schwarzen Bart schüttelte den Kopf, als ob er sich über Turvis Anblick wunderte. Da lief Bran zurück zu ihm. Er nahm Turvi eine Krücke aus der Hand, legte Turvis Arm um seine Schulter und half ihm auf die ebene Erde zwischen den Zelten.
    »Wir wollen nicht hier bleiben. Wir wollen…« Turvi schnappte nach Luft. »Wir wollen über das Gebirge wandern, in das Tal der Träume.«
    Der Schwarzbärtige lachte, und die Krieger fielen in sein Lachen ein. Dann drehte er sich halb zu den Bergen um. »Ihr wollt da hoch, ins Gebirge? Ha! Dort findet ihr nur Eis und Steine.«
    Bran gab Turvi die Krücke zurück und stellte sich vor einen Haufen mit Fellen. Die Augen aller Männer und Frauen waren auf ihn gerichtet. Sie erwarteten von ihm, dass er dem Fremden antwortete.
    »Ich bin Bran!« Er hob die Hand und zeigte den Kriegern die offene Handfläche. »Der Häuptling des Felsenvolkes. Ich habe gegen die Kretter, Aarder, gegen die Vandarer und Mansarer gekämpft. Mein Volk ist weiter gesegelt als irgendein anderes Volk. Wir sind durch den Sturmrand gefahren. Wir haben gehungert und gedurstet. Wir werden uns von euch nicht aufhalten lassen!«
    Der Schwarzbärtige riss die Augen auf. Er hob den Arm, worauf die Bogenschützen ihre Bögen wieder spannten.
    Da humpelte Turvi vor. »Nein!« Er klammerte sich an Bran. »Es sind Frauen mit neugeborenen Kindern unter uns! Brans Frau ist von einem Pfeil verwundet worden! Wir wollen nicht euren Zorn heraufbeschwören, Fremde. Wir brauchen eure Großmut! Habt Gnade mit uns, wir sind nur ein kleines Volk, und wir verlangen nicht mehr, als hier bleiben zu dürfen, bis Tir wieder bei Kräften

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