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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Hämmer schweigen lassen.«
    Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als die ersten Töne aus den Häusern erklangen, die Schornsteine zu qualmen begannen und die Türen aufgerissen wurden.
    »Wir sind das Volk der Schmiede.« Karr schnupperte in den schwachen Wind, als wollte er den Rauchgeruch einatmen. »Wir beherrschen das Geheimnis des Stahls.«
    Bran verstand nicht, wovon er sprach. Das lag nicht nur daran, dass er die Worte wie eine Krähe aussprach, er benutzte auch noch Worte, die Bran nicht kannte. Er hatte noch nie etwas von »Stahls« gehört. Aber er vermutete, dass es etwas mit den vielen Schmieden zu tun hatte. Vielleicht war »Stahls« ja der Gott dieses Volkes.
    Die Krieger bogen auf den Steig ab, der sich an der steilen Nordseite des Hügels hinunterschlängelte. Bran blieb noch einen Moment stehen und fasste sich an den schmerzenden Kiefer. Er konnte es noch immer nicht richtig glauben. Er hatte sein Volk durch das blutrote Fahrwasser des Sturmrandes geführt und gemeinsam mit den Kinlendern gegen Die Mächtigen gekämpft. Er hatte rote Waldteufel getötet. Und er hatte gegen Velar gekämpft, einem seiner Männer das Genick gebrochen. All das hatte er für sein Volk und für seine Frau getan. Er hatte sie ans Ende der Welt gebracht, um ein Land für sie zu finden, in dem sie in Frieden leben konnten. Aber selbst hier gab es noch Menschen.
    »Wir rudern mit den Booten raus!« Karr zeigte auf die schwarz geteerten Boote auf dem Strand. Bran blieb stehen, schaute mit zusammengekniffenen Augen zum Strand und zählte an den Fingern ab. Er kam auf zweimal zehn und vier Boote. Sie hatten Ähnlichkeit mit den Booten, die sein Volk in Tirga zurückgelassen hatte, aber diese waren breiter und besaßen keine Bugsteven. Und die Masten waren kürzer. Statt eines Querbaums waren ein paar Fuß über dem Dollbord zwei lange Rundhölzer am Mast befestigt. Die Hölzer, zwischen denen das braune Segeltuch gespannt war, zeigten nach hinten. Ihm war nicht klar, wie die Boote den Wind einfangen konnten, wenn das Segel längs zum Bootskörper ausgerichtet war.
    Bran beeilte sich, die Männer wieder einzuholen. Die Sonne stand jetzt über dem Meer. Karr und die anderen riefen etwas und winkten den Leuten zwischen den Häusern zu, worauf mehrere Männer aus den dunklen Türöffnungen traten, auch sie kräftig gebaut, mit nackten, behaarten Oberkörpern und rußgeschwärzten Armen. Mehrere von ihnen hielten Schmiedehämmer in der Hand.
    Als Bran endlich den Fuß des Hügels erreichte, kamen ihnen Frauen auf den ausgetretenen Pfaden entgegen und setzten Kinder, Körbe und Wasserschläuche auf dem Boden ab.
    »Da ist ein ganzes Volk von denen«, rief Karr und zeigte auf Bran. »Frauen und Kinder. Aber keine Mansarer, wie wir geglaubt haben!«
    Der Steig verlief etwa einen Steinwurf vom Flussufer entfernt. Das Flussbett lag mehrere Mannslängen tiefer, und unten in dem steinigen Bett strömte das Wasser aufs Meer zu. Am Ende des Steigs war eine wackelige Holzbrücke gebaut worden. Die Rinde hatte sich von den Stämmen gelöst und die Befestigungen waren verrottet und hingen wie ein grauer Bart über dem Fluss. Die Männer gingen einer nach dem anderen über die Brücke, und während Bran wartete, beschattete er die Augen mit der Hand und ließ seinen Blick über den Bergrücken nördlich des Dorfes gleiten. Der bewaldete Berghang reichte bis zum Fuß des Gebirges, das seine Ausläufer bis an die Küste hinabsandte. Ein Bach floss vom Berg herunter, verschwand aber im Wald und kam erst als Wasserfall oberhalb der Klippen wieder zum Vorschein. Bran sah zwei kleine Lichtungen an dem Hang. Auf einer befand sich ein großes Blockhaus. Davor stand eine Frau. Sie winkte den Männern zu, worauf Karr auf die Brücke sprang und den Arm über dem Kopf schwenkte. Die andere Lichtung sah aus wie ein Steinhaufen, aber Bran hatte schon genügend Burgen gesehen, um in den kantigen Steinen eine eingefallene Mauer zu erkennen.
    Bran trat auf die Brücke und schob sich über die glatt geschliffenen Baumstämme. Auf der anderen Seite wurde er bereits von einem Haufen Kinder erwartet, die Karr jedoch schnaufend verscheuchte. Jetzt verstand Bran, warum er das Dorf vom Meer aus nicht gesehen hatte. Sie waren nah an der Küste gesegelt, so dass das Dorf im Schutz der Bucht gelegen hatte, die sich bloß nach Westen öffnete.
    »Dort.« Karr zeigte auf ein Feld rechts von der Brücke. Die gelben Stoppeln verrieten, dass das Korn bereits geerntet war.

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