Das Verheissene Land
Tagen Wanderung«, sagte Hagdar. Er trat neben Turvi und schob seine Fäuste hinter seinen Gürtel. »Unser Häuptling hat Tag und Nacht an dem Langschiff gearbeitet. Ehre sei ihm, und Ehre sei Tir, die den Tod aus meinem Körper vertrieb!«
Das Felsenvolk wiederholte seine Worte. Als Bran zu ihnen kam, legten sie ihre Hände auf seinen Rücken und seine Schultern, um ihre Dankbarkeit und ihren Respekt zu bekunden. Bran trat zu Hagdar und Turvi, denn mehr als alles andere freute es ihn, dass Hagdar zeigte, dass er wieder gesund war. Der große Mann schlug ihm mit der Faust auf die Schulter und brummte zufrieden, wie es nur Hagdar konnte. Das Hemd hing lose um seinen Körper, doch das war nicht wichtig, solange er nur hier mit ihnen zusammen stehen konnte.
Bran stellte sich zwischen Hagdar und Turvi und wandte sich an die anderen.
»Ich stehe zu dir.« Hagdar beugte sich zu Bran vor und flüsterte. »Wie auch immer.«
Turvi humpelte einen Schritt vor. »Viele sind mit Sorgen und Fragen zu mir gekommen.« Sein Blick glitt über die Männer und Frauen, die um die Feuerstelle herumstanden. »Sie fragten mich, ob wir bald aufbrechen und weiterziehen würden. Sie fragten, wann uns Bran, unser großer Häuptling, wieder aufs Meer hinausführen werde. Denn so begann unsere Reise und – bei all unseren Göttern – sie ist nicht eher zu Ende, bis wir nicht das verheißene Land erreicht haben!«
»Wir haben es gut hier!« Gorm streckte seine Fäuste in die Höhe und zeigte die goldenen Armbänder an seinen Handgelenken. »Warum sollen wir zum Ende der Welt segeln? Es heißt, dass es dort Seeungeheuer gibt!«
»Wir können nicht von der Gnade eines anderen Volkes leben!« Vermer trat auf der anderen Seite der Feuerstelle vor. »Wir sind ein uraltes Geschlecht. Wir haben das Blut der Berge in unseren Adern und dies hier ist nicht unser Land!«
Viele murmelten und nickten zustimmend. Bran sah, dass Turvi ihn anstarrte.
»Wenn du sprechen willst, solltest du das jetzt tun!« Hagdar verschränkte die Arme vor der Brust.
Bran erinnerte sich an eine Zeit, in der ihm davor gegraut hätte und in der er stammelnd zurückgewichen wäre. Doch viel war seit dem letzten Sommer geschehen, da er in die Wellen hinausgeschwommen war und mit Beravs Willen zum Häuptling ernannt wurde. Er fürchtete sich nicht mehr vor seiner eigenen Stimme.
»Ich bin euer Häuptling!« Er trat zum Feuer vor und hob die Arme über den Kopf. »Und ich habe von dem neuen Land geträumt. Ich habe Ebenen und Berge gesehen. Ich habe das Tal gesehen!«
Turvi hinkte zu ihm und legte ihm seine Hand auf die Schulter. Bran sah, dass der Alte wie ein stolzer Vater lächelte.
Bran schloss die Augenlider, während der Meereswind sich über die Hügelkette auf die Zelte warf. Die Flammen flackerten im Treibholz. Als er die Augen wieder öffnete, waren die Wolken weitergezogen und der Vollmond leuchtete weiß über den Wellen.
»Seht.« Turvi streckte seinen Arm zum Silberschild unter Kraggs Schwingen aus. »Es ist Vollmond. Der erste Frühlingsmond hat begonnen.«
Das Felsenvolk schwieg lange. Sie starrten zum Mond, diesem göttlichen Schild, der ihnen ein Maß für die Zeit gab und ihre Frauen fruchtbar werden ließ. Auch das Meer, das Land Beravs, stand unter der Macht des Mondes.
»Wir müssen es wissen«, sagte Nosser, als sich die Wolken wieder vor den Mond schoben. »Es ist jetzt Frühling. Wenn wir fort sollen, musst du uns sagen, wann. Und sollen wir hier bleiben, musst du es zulassen, das diejenigen von uns, die das wollen, die Boote zu Wasser lassen und zurück zur Felsenburg segeln.«
»Die Felsenburg ist zerstört!« Turvi hob seine Krücke wie eine Keule in Nossers Richtung. »Die Lawine hat sie vernichtet! Das haben wir alle gesehen! Habt ihr das vergessen, Freunde? War der Winter so kalt, dass ihr eure Erinnerungen verheizt habt?«
»Ich meine, dass wir hier bleiben sollten.« Orm legte seine Hand auf den dicken Bauch von Niana. »Ich weiß wenig über Götter, aber viel über Hunger. Lasst uns hier bleiben, hier, wo wir in Sicherheit sind und genug zu essen haben!«
»In Sicherheit?« Dielan fasste sich an den Kopf. »Wie kannst du so sicher sein, dass uns diese Stadt Sicherheit gibt? Im Winter segelten die Tirganer in den Krieg gegen die Vandarer im Westen. Sie waren nicht siegreich. Was wird geschehen, wenn die Vandarer hierher kommen und Rache nehmen?«
»Als wir zu dieser Stadt segelten, brauchten wir Hilfe, um Brans Wunden zu heilen.«
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