Das Verheissene Land
Ebene getötet worden war, als die zwei noch Kinder waren. Die Schiffe würden sie nun fortbringen von Ar und der Rache, die ihnen vielleicht irgendwann ihren Seelenfrieden zurückgegeben hätte. Visikals Befehl musste schwer für sie zu tragen sein. Denn niemand war bisher von den Stürmen im Westen zurückgekehrt. Das Ende der Welt… Er hörte das Raunen der Seeleute unten im Hafen und spürte ihre Blicke auf sich.
»Skerg.« Storm legte ihm eine Hand auf die Schulter. Bran rieb sich den Nacken und blickte auf.
»Die Schriftgelehrten haben in der vergangenen Nacht ihr Blut befragt.« Der Tirganer fuhr sich mit dem Finger über die Brust, um zu verdeutlichen, was er meinte. »Sie haben versucht in die Zukunft zu sehen. Um deinetwillen haben sie das getan, Bran. Für Tir und das Kind, das euer Geschlecht weiterführen soll.«
Bran stützte sich auf die Bronzeschilde, die an der Reling aufgereiht waren und spähte zu den graubärtigen Männern und den Frauen hinunter, die auf ihn zeigten.
»Und die Schriftgelehrten haben etwas gesehen.« Zwei Messer stellte sich an Brans Seite. »Sie kamen im Morgengrauen zu uns und sagten, dass Cernunnos ihnen das Gesicht gegeben hätte.«
»Ein Ring aus Schiffswracks«, raunte Storm ihm ins Ohr. »Sie erzählten von einem Ring aus Wracks, die auf einem Meer ohne Wind dahintreiben. Aber sie konnten nicht sagen, ob unsere Schiffe darunter waren.«
Bran kniff das rechte Auge zu und fuhr sich mit der Hand über die glatte Narbe in seinem Nacken. Das verstümmelte Ohr fühlte sich kalt und empfindlich an.
»Sucht euch Plätze unter Deck.« Er wandte sich von ihnen ab. »Wir legen noch vor Sonnenuntergang ab.«
Die beiden Krieger schwangen ihre Seesäcke über die Schultern. Storm kletterte als Erster durch die Luke am Fuß des Masts, und Zwei Messer reichte ihm die Säcke nach unten.
Bran blieb an der Reling stehen. Er massierte sich den schmerzenden Nacken, weil die Krallen sich wieder über seinen Augen in den Schädel bohrten. Mit den Schmerzen kamen auch die unangenehmen Gedanken. Die Tirganer waren nach Westen gesegelt und hatten ins Auge der Stürme geblickt. Stürme, aus dem Zorn der Götter gebraut, sagten die Seeleute. Sie seien dazu da, die Menschen vom Rand der Welt fern zu halten. Manchmal glaubte Bran fast schon selbst daran, und dann fürchtete er, dass der Tod sie dort draußen erwartete. Er hatte mit Turvi über seine Furcht gesprochen, aber Turvi hatte den Kopf geschüttelt und ins Feuer geschaut. »Du darfst nicht zweifeln«, hatte er gesagt. »Du bist der, der träumt, und das Land, das du in deinen Träumen gesehen hast, wartet auf uns, irgendwo dort draußen.« Aber was wusste der Einbeinige schon von den Sorgen, die Bran drückten, wenn er aus seinen Träumen erwachte? Dann war nur Tir bei ihm, und nur sie konnte den Schweiß von seiner Stirn wischen und ihn trösten.
Er lehnte sich über die Bronzeschilde. Es war zu spät, um umzukehren, Cernunnos hatte im Schneesturm zu ihm gesprochen. Er hatte sich ihm gezeigt und ihn »Vater« genannt.
Ein paar laute Schläge holten ihn in die Wirklichkeit zurück. Turvi klopfte vor Brans Füßen mit seiner Krücke gegen die Bordwand, ehe er sich grinsend darauf stützte. »Du siehst aus, als wärst du jetzt schon seekrank, Häuptling! Da frag ich mich doch, ob du wohl genügend Kraft hast, einem alten Krüppel an Bord zu helfen?«
Bran stieg über die Reling und war mit wenigen Sprüngen auf der Kaimauer. Der Einbeinige lachte und streckte einen Arm aus, um ihn Bran um die Schulter zu legen. Mit festem Griff um den Rücken des Alten arbeiteten sie sich Schritt für Schritt den schmalen Landgang hinauf. Die Tirganer verstummten wie neugierige Kinder. Turvi fuchtelte mit seiner Krücke herum und rief den Männern an Deck zu, dass sie im Anmarsch seien, und als Bran ihn am Ende des Landgangs absetzte, war Dielan schon zur Stelle, um den alten Mann zu stützen.
»Bringt die Kinder und Frauen unter Deck, setzt die Segel und haltet Kurs nach Westen!« Der Einbeinige bahnte sich humpelnd seinen Weg zwischen Wassertonnen, Kindern und Männern hindurch, wobei er einen Arm über dem Kopf schwang. »Lasst uns hinaussegeln in Beravs Reich und betet um guten Fahrtwind! Denn wir sind Kraggs Volk, und der Himmelsvogel erwartet uns in dem neuen Land!«
Die Männer waren damit beschäftigt, die Felle, Decken und Waffen unter Deck zu verstauen, so dass kaum einer mitbekam, was der Alte ihnen zurief. Sie waren es gewohnt, seine
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