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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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ebenfalls hier. Velar stand mit einer Hand an seinem Schwertknauf vorn am Bug. Sein blondes Haar flatterte im Wind.
    »Folgt uns.« Bran sprang zurück auf den Kai. »Die Wellen werden sich nach Sonnenuntergang beruhigen. Dann werde ich mein Schiff neben eures fahren. Wenn der Wind abgeflaut hat, können wir die Schiffe über Nacht aneinander vertäuen.«
    Taran nickte und schob seine Kappe aus der schweißnassen Stirn. Bran lächelte insgeheim; er erinnerte sich noch sehr gut daran, wie es war, als er zum ersten Mal am Steuerruder der Tigam gestanden hatte. Das Schiff hatte ihn damals viel Schweiß gekostet, weil es sich verhalten hatte wie ein alter und sturer Riese, der rücklings im Wasser lag und völlig eigene Vorstellungen hatte, wohin die Fahrt gehen sollte.
    Die Tirganer traten an die Reling und winkten ihren grauhaarigen Vätern unten auf dem Kai zu. Liebe oder Streben nach Ehre, Bran war nicht sicher, was diese Männer dazu bewog, ihr Volk zu verlassen. Vielleicht hatten die Skerge es ihnen befohlen, weil die Frauen ihre Kinder erwarteten. Vielleicht würden sie auch mit Zwei Messer und Storm zurücksegeln, um von dem Land auf der anderen Seite des Sturmrands zu berichten, sofern es dieses Land wirklich gab. Immer diese Zweifel, dachte Bran. Sie ließen ihm keine Ruhe. Wollten sie denn nicht begreifen, dass es zu spät war umzukehren?
    »Bei Manannans tangdurchzogenem Bart!«
    Bran spürte eine Hand auf dem Rücken. Er fuhr herum und starrte auf den gelbroten Bart Nangors.
    »Irrst du herum wie eine gestrandete Krabbe? Oder kannst du dich nicht zwischen deinen Schiffen entscheiden?« Der Seeräuber blinzelte zu dem anderen Langschiff empor. »Hier oder auf der Tigam? Der da oben am Steuerruder scheint mir aber noch ziemlich grün hinter den Ohren zu sein!«
    »Ich hab gar nicht gewusst…« Bran rang nach Worten. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Seeräuber sie begleiten wollte. »Du hast nichts von deinen Plänen gesagt. Ich dachte…«
    »Dass ich genauso ängstlich wäre wie die anderen?« Nangor machte einen Schritt nach hinten, ging in die Knie und schwang seinen schweren Seesack über die Reling. »Da hast du falsch gedacht, Bran. Ich bin Seemann. Ich kann euch doch nicht allein auf eine solche Seereise fahren lassen. Außerdem habe ich genug von diesem Ort. Es ist höchste Zeit, die Zelte abzubrechen.«
    Nangor sprang auf den Landgang, und ehe Bran sagen konnte, dass er ihn gern als Skipper auf seinem Langschiff gehabt hätte, hatte Nangor schon Tarans Platz im Achtersteven eingenommen. Der Seeräuber schnupperte in den Wind und musterte das Langschiff.
    »Du hast jetzt dein eigenes Schiff«, sagte Bran. Nangor antwortete nicht, spuckte stattdessen steuerbord und backbord über die Reling. Dann schloss er die Augen und bewegte stumm die Lippen. Bran ließ ihn gewähren; er wusste, dass Nangor jetzt zu seinem Gott betete. Im Laufe der ersten Nacht auf See würde der Seeräuber die Haut seiner Hand anritzen und zwölf Tropfen seines Blutes ins Meer fallen lassen. Sein Gott war Manannan. Nangor hatte Bran von den Opfern erzählt, die Der Älteste von seinen Seeleuten verlangte.
    Bran schlug den Umhang über die Schultern zurück und ging geduckt unter dem Landgang hindurch. Die Tirganer wichen wie erschrockene Kinder vor ihm zurück. Er blieb stehen und suchte ihre Blicke. Die Alten tuschelten kopfschüttelnd miteinander. Narbige Seeleute spähten zu ihm herüber. Sie gafften ihn wie einen Pestkranken an, voller Furcht und Verachtung. Turvi hatte ihm vorausgesagt, dass es so sein würde. Denn für die Tirganer gab es weder Meer noch Land auf der anderen Seite der Weststürme. Und indem er dort hinaussegelte, verspottete er sie und alles, woran sie glaubten. Bran hätte ihnen am liebsten ins Gesicht gebrüllt, weil sie ihn schwach machten und den Zweifel in ihm nährten, als ein kleinwüchsiger Krieger aus der Menge heraustrat. Er fuhr sich durch die widerspenstigen grauen Haaren und schaute auf seine Stiefelspitzen.
    »Na, Tileder?« Tarba sah ihn von der Seite an. »Geht es jetzt bald los?«
    Bran ging zu ihm. Der alte Krieger packte mit zitternden Händen seine Oberarme.
    »Zwei Messer und Storm sind bei Sonnenaufgang zu mir gekommen«, sagte er, »um mir zu sagen, dass sie dir zum Sturmrand folgen werden. Und der junge Virga hatte auch nicht Verstand genug, auf mich zu hören.«
    »Nangor ist gerade an Bord gegangen.« Bran zeigte auf das Langschiff, wo der Seeräuber gerade den Mast

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