Das Verheissene Land
im Wasser neben der Stiege auf. Bran sah die anderen wie silberne Pfeile über den Wald aus Tang schießen. Sie schlängelten sich, die weißen Speere über dem Rücken, nach Osten. Dann kletterte er die Stiege hinunter ins warme Wasser und folgte Queya zum Floß.
Nur wenige Schwimmzüge hinter dem Schiffsrumpf tauchten zahlreiche Kinlender neben Bran und Turvi auf. Der Einbeinige winkte ihnen zu, rief und lachte, doch Bran hatte genug damit zu tun, sich mit dem Alten auf dem Rücken über Wasser zu halten. Er strampelte so gut er konnte, wurde aber dennoch immer wieder unter die Wasseroberfläche gedrückt, so dass er sich wieder nach oben stoßen musste. Als er spürte, dass Turvi den Halt verlor, drehte Bran sich im Wasser um und versuchte, den Einbeinigen festzuhalten, doch die Fischmenschen hatten ihn bereits zwischen sich genommen und brachten ihn zum Langschiff. Turvi heulte wie ein Kind vor Freude, als sich noch mehr Kinlender zu ihm gesellten und ihn auf ausgestreckten Armen über die Wasseroberfläche hoben. Bran versuchte ihnen zu folgen, doch die Fischmenschen waren schon bald mit Turvi weit voraus. Sie brachten ihn nicht zum Floß, von dem aus Bran und Turvi zuvor ins Wasser gegangen waren, sondern über die tiefste Stelle inmitten des Atolls. Bran rief ihnen nach, doch Turvi winkte lachend zurück.
Bran schwamm zum Floß hinüber und kletterte auf die glitschigen Treibholzplanken. Queya wartete auf ihn bei den getrockneten Aalen, während Bran seine Stiefel anzog. Der Kinlender sah ihn einen Augenblick lang an, ehe er so etwas wie ein Lachen ausstieß. Er nickte in Richtung Turvi, der jetzt an der Seite des Langschiffes emporgehievt wurde. Hagdar hatte ein Seil zu dem Alten hinuntergeworfen, und das Wasser war voller Fischmenschen. Viele von ihnen waren nur halb so groß wie die anderen. Bran nahm an, dass es Kinder waren.
Da erklang das Heulen. Die Sonne blinkte auf dem Perlmutt, als sich die Wachen über die Geländer der zahlreichen Türme beugten und in ihre mächtigen Konchylien bliesen. Queya war mit einem Satz auf dem nächsten Wrack, wo er an der Reling stehend die Sonne mit der Hand abschirmte. Bran ging etwas weiter in die Mitte des Floßes, denn plötzlich kletterten unzählige Fischmenschen auf das Floß. Sie rannten tropfend an ihm vorbei, und Bran bemerkte, dass das ganze Atoll in Aufruhr war. Überall kletterten die Kinlender an den Wracks empor und diejenigen, die noch im Wasser waren, schossen wie verängstigte Fische zum nächsten Floß. Sie kletterten in die Türme, rannten von Deck zu Deck, fauchten und klapperten mit Speeren und Messern.
Queya schrie ihm etwas zu. Der große Kinlender schüttelte seine Haizahnkette und winkte ihn zu sich. Jetzt spürte Bran die Strömungen unter dem Floß. Er nahm Anlauf, sprang auf den Landgang und von dort an die weiß gekalkte Reling des nächstgelegenen Schiffes. Als er sich an das verwitterte Holz klammerte, war Queya bereits zur Stelle. Der Kinlender zog ihn an den Armen hoch und setzte ihn hinter der Reling ab.
Wieder ertönten die Konchylien. Die Fischmenschen schrien wie Möwen. Speerschäfte schlugen rhythmisch auf die Decksplanken. Bran erhob sich und sah nach Turvi. Der Einbeinige wurde gerade über die Reling gezogen. Die Kinlenderkinder hatten sich an Deck zusammengekauert, und Hagdar, Kaer, Gorm und die anderen standen im Bug und am Steuerruder und spähten über das Meer. Er konnte Dielan nirgends entdecken.
Das Atoll verstummte. Die Fischmenschen standen wie reglose Säulen auf den Decks, die weißen Speere an ausgestreckten Armen emporgereckt. Sogar der König war von seinem Lager aufgestanden und beugte sich über die Reling, während er ins Wasser spähte. Sein riesenhafter Körper glänzte wie gehämmertes Kelssilber.
Queya fauchte leise. Bran ließ seinen Blick über das Meer vor dem Atoll schweifen. Die glatte Dünung verriet nichts. Und im Innern der Wrackmauer stach die Sonne Lichtspeere in den Tangwald.
»Ich verstehe nicht.« Er wandte sich an Queya, obgleich er wusste, dass der Kinlender nicht verstand, was er sagte. »Vor was habt ihr Angst?«
Queya deutete auf die Dünung und schüttelte noch einmal seine Haizahnkette.
Bran trat einen Schritt von der Reling zurück. Es waren Haie, die die Strömung unter dem Floß verursacht hatten. Queya sprang von der Reling auf das Deck und schlich sich an Brans Seite. Er blickte ins Wasser hinab und gab Bran ein Zeichen, näher zu kommen. Bran stellte sich neben ihn, und
Weitere Kostenlose Bücher