Das verlassene Boot am Strand
gebaut.
Wir erreichten die Landspitze und verschwanden dahinter. Wir hatten die Anglos überlistet. Wir waren in Sicherheit.
»Mukat hat mich erhört«, sagte Mando.
Er hatte die Worte noch nicht ganz ausgesprochen, da tauchte ein Ruderboot hinter der Landspitze auf. Es war ein Boot wie unseres. Vier Männer ruderten und einer saß im Bug. Sie steuerten auf uns zu und umkreisten uns wortlos. Sie waren rußgeschwärzt. Dann holten drei der Männer die Ruder ein, und nur der vierte ließ sein Ruder im Wasser und steuerte damit.
Einer der Männer hatte blaue Augen. Er stand auf und sprach mich an.
»Woher hast du das Boot?« fragte er.
»Von der Mission Santa Barbara«, antwortete ich.
»Seit wann? Seit dem letzten Sturm?«
»Ja, seit dem letzten Sturm.«
»Ist es an den Strand geschwemmt worden?«
»Ja.«
»Ich habe es in Ordnung gebracht und angestrichen und ihm einen neuen Namen gegeben«, meldete sich Mando.
»Das sehe ich«, antwortete der Mann mit den blauen Augen. »Aber das Boot gehört uns. Wir haben es im Sturm verloren.«
»Das Boot gehört uns«, sagte ich. »Pater Vinzenz hat gesagt, daß es ein Gesetz gibt, nach dem man alles behalten darf, was an den Strand geschwemmt wird.«
»Das ist ein Gesetz. Pater Vinzenz hat es gesagt«, bekräftigte Mando.
Der Mann im Bug, der bis dahin geschwiegen hatte, mischte sich ein. Er hatte viele Falten im Gesicht, obwohl er noch ein junger Mann war, und das eine Ohrläppchen fehlte ihm. An dem anderen trug er einen dicken Goldring mit einer Perle darin.
»Genug geredet«, sagte er. Er hatte eine tiefe Stimme, und er verschluckte die Endsilben der Worte. »Wir müssen an die Arbeit. Bringt die beiden an Land, und damit Schluß.«
»Wir könnten noch ein paar Arbeitskräfte brauchen«, sagte der Mann mit den blauen Augen. »John Tucker liegt seit heute morgen krank in der Koje, und Woods hat sich gestern abend den Arm übel verbrannt. Der Junge kann die Feuer unter den Kesseln schüren. Und das Mädchen kann in der Kombüse helfen und uns mexikanische Tortillas machen.«
»Gute Idee«, sagte einer der anderen. »Außerdem könnten wir Ärger mit der Mission kriegen, wenn wir sie einfach hier auf der Insel aussetzen.«
Der junge Mann im Bug sagte vorerst nichts. Er musterte uns kritisch. Dann sagte er: »Frauen an Bord bringen Unglück. Meistens jedenfalls. Aber auf der Caleb Stone hat der Kapitän mal seine Frau mitgenommen, und wir haben an einem einzigen Tag sieben Wale erlegt. Und am nächsten Tag noch mal fünf. Wir sind beinahe abgesoffen, so viel Walöl hatten wir schließlich geladen. Nach der Reise haben wir über dreißigtausend Dollar unter uns aufgeteilt. Es war die beste Fahrt in der ganzen Fangzeit. «
Auf sein Zeichen sprang einer der Walfänger mit einem Tau in der Hand in unser Boot herüber. Er befestigte das Tau am Bug, kehrte wieder in sein Boot zurück und griff zu seinem Ruder. Die vier Männer legten sich in die Riemen und zogen uns hinter sich her.
Wir saßen stumm und eingeschüchtert da.
Der junge Mann mit den blauen Augen rief: »Ihr könnt auch rudern. Das ist keine Spazierfahrt.«
Mando und ich griffen nach unseren Rudern, aber wir strengten uns nicht besonders an. Mando hielt den Blick auf das Schleppseil gerichtet; ich hatte das Gefühl, daß er es gern durchschneiden würde. Ich sprach ihn in unserem Indianerdialekt an, damit uns die Männer nicht verstanden.
»Laß dein Messer, wo es ist. Laß das Schleppseil und auch die weißen Männer in Ruhe. Sie sind in der Überzahl. Sie bringen uns sonst um, wie man eine Fliege zerdrückt. Sei höflich zu ihnen und tu, was sie dir sagen.«
»Heute nacht, wenn sie schlafen, werde ich mein Messer hervorholen.«
»Du wirst dein Messer in der Scheide lassen und deine. Zunge hüten.«
»Ich werde mit Mukat sprechen«, sagte Mando.
»Sprich mit Mukat so viel du nur magst, aber schweige vor den weißen Männern.«
Wir fuhren wieder um die Landspitze und steuerten auf das Walfangschiff zu. Es war noch immer in Rauch gehüllt. Durch den Rauch sah ich Feuer brennen, Männer auf Deck hin und her laufen und auf den Kadavern der beiden toten Wale umherklettern. So hatte uns Pater Vinzenz die Hölle beschrieben... alles voll Feuer und Rauch.
Als wir das Schiff erreichten, befahl uns der blauäugige Mann, an der Strickleiter hinaufzuklettern, die von der Reling herunterhing. »Rascher«, sagte er, und wir beeilten uns, obwohl das Schiff etwas schaukelte und die Strickleiter schwankte. Er
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