Das verlassene Boot am Strand
Leute sagten, in der Höhle hause eine große Schlange. Es gab viele unheimliche Geschichten darüber. Alle hatten Angst vor der Lagune und der Höhle. Auch Mando, aber er ließ es sich nicht anmerken.
Trotzdem deckten wir das Boot mit Gestrüpp und Seetang zu, um ganz sicherzugehen, daß es niemand entdeckte. Dann holten wir unsere anderen Funde und taten, als ob sich nichts Besonderes ereignet hätte. Wir kehrten zur Mission zurück, die hoch über der Küste auf einem Hügel lag.
2
Nach dem Gottesdienst ging ich zu Pater Vinzenz, um zu beichten, daß ich am Strand ein Boot gefunden hatte.
Pater Vinzenz war jung und hatte ein hageres Gesicht und dunkle Augen. Er war freundlich. Ich glaube, er mochte mich, und ich mochte ihn.
Ich setzte mich auf das kleine Bänkchen und näherte meine Lippen dem Gitter, das uns trennte. Ich konnte Pater Vinzenz nicht sehen, aber ich wußte, daß er da war und mir zuhörte. Manche Patres taten nur so, als ob sie zuhörten, man merkte, daß sie an etwas anderes dachten.
»Ich habe heute morgen ein Boot am Strand gefunden. Der Sturm hat es angeschwemmt«, begann ich.
»Was für ein Boot?« fragte Pater Vinzenz von weit her, als ob seine Stimme aus einer anderen Welt käme.
»Es sieht aus wie die Ruderboote, die die Walfänger benutzen. Es ist für vier Ruder eingerichtet, aber es war nur noch ein Ruder da. Und eine Harpune mit einem langen Strick daran.«
»Wo ist es jetzt?«
»Mein Bruder und ich haben es in der San-Felipe-Lagune versteckt.«
»Steht ein Name auf dem Boot?« fragte Pater Vinzenz.
»Es steht ein Wort darauf.« Ich buchstabierte es ihm. »Und dann kommt noch ein Wort, das auch mit B anfängt, und dann fehlt ein Buchstabe, und dann kommt ein Y.
»Das zweite Wort ist Boy. Boston Boy, das ist ein Walfangschiff aus Boston. Sie jagen oft vor der Santa-Rosa-Insel«, erklärte Pater Vinzenz. »Die Mannschaft besucht uns manchmal. Ich habe sie allerdings schon seit zwei Jahren nicht mehr gesehen. Sonst sind sie meist jedes Jahr gekommen.«
Ich wartete und hielt den Atem an. Dann sagte ich: »Ich habe das Boot am Strand gefunden. Gehört es dem Schiff oder gehört es jetzt mir? Das ist es, was ich wissen möchte. «
»Sie werden es kaum hier suchen«, antwortete Pater Vinzenz.
»Aber wenn sie kommen und fragen, ob jemand ihr Boot gesehen hat, was dann?«
»Ich werde sagen, daß ich es nicht gesehen habe, und das entspricht der Wahrheit, verdad«, sagte Pater Vinzenz.
»Es ist die Wahrheit«, antwortete ich. »Aber wenn sie fragen, ob Sie von dem Boot gehört haben?«
»Dann sage ich: Ja, Señores, ich habe gehört, daß der Sturm ein Ruderboot an die Küste geschwemmt hat, aber ich habe es selbst nicht gesehen. «
»Das ist auch die Wahrheit, aber gehört das Boot wirklich noch dem Schiff? Auch wenn der Sturm es losgerissen und an die Küste getrieben hat? Das möchte ich gerne wissen.«
»Nach den Gesetzen der Seefahrt gehört alles, was ein Sturm an einer Küste anschwemmt, demjenigen, der es findet. Das Boot gehört dir. «
»Und vielleicht kommen sie gar nicht. Sie haben noch viele andere Boote.«
»Ja, und dieses Boot gehört dir, Zia. So besagt es das Gesetz.«
»Und ich habe das Boot ja nicht gestohlen.« Ich war noch immer nicht ganz beruhigt, trotz Pater Vinzenz' Erklärungen. »Es ist ein Geschenk des Meeres.«
Pater Vinzenz schwieg. Dann fragte er: »Was hast du mit diesem Boot vor?«
»Mando ist der Kapitän, und wir wollen hinausfahren und fischen und nach Abalonen tauchen«, sagte ich.
»Aber nur gemeinsam, Zia. Mando darf nicht all eine hinaus. Ist das klar? Gut. Er ist noch jung und manchmal leichtsinnig. Wenn ich ein Boot hätte, so würde ich es ihm alleine niemals überlassen. Auf keinen Fall außerhalb der Lagune. «
»Ich auch nicht.«
Ich sagte Pater Vinzenz auf Wiedersehen und ging hinaus in den Garten. Mando wartete auf mich.
»Warst du beichten?« fragte ich ihn.
»Ja, bei Pater Merced.«
»Hast du mit ihm über das Boot gesprochen?«
»Nein. Er interessiert sich nicht für Boote. Gott auch nicht«, sagte Mando. »Wir haben ja auch noch kein richtiges Boot. Es hat nur ein Ruder. Mit einem Ruder kommst du nirgends hin, du kannst bloß im Kreis herumfahren. Wenn wir ein richtiges Boot haben werden, dann werde ich vielleicht jemandem davon erzählen. Aber bestimmt nicht Pater Merced.«
Er machte sich auf den Weg Richtung Strand. Ich rief ihn zurück. »Mando, hör zu, du darfst mit dem Boot nicht aus der Lagune,
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