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Das verletzte Gesicht

Das verletzte Gesicht

Titel: Das verletzte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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Bibliothek und holte einen Stapel Gartenbücher. Damit setzte sie sich zu Hause bei Kaffee und Tunfischsandwiches an den Küchentisch und büffelte Blumennamen. Michael Mondragon sollte nicht den Eindruck gewinnen, sie könne eine Petunie nicht von einer Begonie unterscheiden.
    In dieser Nacht schlief sie kaum. Noch nie in zweiundzwanzig Jahren hatte ein Mann sie zu Hause besucht. Eine Schande. Und wenn sie ehrlich war, dann war ja auch dies nur ein geschäftlicher, kein privater Besuch.
    Bei Sonnenaufgang am nächsten Morgen hielt sie es vor Spannung kaum noch aus.
    „Was bist du so aufgekratzt?“ fragte Melanie gereizt, als sie im Garten auf Charlotte traf. Sie trug einen knappen Tangabikini in fluoreszierendem Pink. Eine Flasche Sonnenlotion in der einen Hand, ein Glas Eistee in der anderen und ein Taschenbuch unter dem Arm, hatte sie ihren Morgen offensichtlich verplant.
    „Ich will nur einiges in Ordnung bringen“, erwiderte Charlotte und strich sich das Haar zurück.
    „Deshalb warst du vermutlich Buchhalterin.“ Melanie verzog das Gesicht und ging auf die Terrasse zu ihrem Liegestuhl. Sobald sie sich niedergelassen hatte, begann sie sich einzucremen. „Das ist dein Tick, nicht meiner. Ich werde keinen Schweißtropfen vergießen, um einen Gärtner zu beeindrucken.“
    Melanies gehässiger Ton wurmte Charlotte. Michael Mondragon konnte man kaum als irgendeinen Gärtner bezeichnen. Melanie war in letzter Zeit ohnehin ziemlich schnippisch.
    Charlotte beobachtete sie beim Eincremen ihrer ohnehin tiefbraunen Haut. Im Morgenlicht wirkte ihr Haar noch messingfarbener. Sie hatte die Haarfarbe von Rot nach Blond gewechselt, ihrem eigenen Ton sehr ähnlich. Außerdem borgte sie sich in letzter Zeit ihre Kleidung aus. Und wenn sie sich etwas Neues kaufte, dann in dem dezent eleganten Stil, den sie bevorzugte, und nicht mehr so schrill und hauteng, wie es eigentlich ihr Markenzeichen war.
    Charlotte rieb sich den Nacken und spürte die Hitze der Morgensonne. Vielleicht stimmten ihre Befürchtungen, und Melanie neidete ihr den jüngsten Erfolg. Dass sie die Karriereleiter hoch- und Melanie abstieg, belastete ihr Zusammenleben eindeutig.
    „Du bist doch nicht sauer, weil ich das durchziehe, oder? Ich möchte dich nicht in deinem Haus bevormunden.“
    „Nein, nein, sei nicht albern. Es ist auch dein Haus. Sogar mehr, wenn ich überlege, wie viel du geputzt und organisiert hast. Kleines, wenn du schöne Blumen pflanzen möchtest, dann mach nur. Ich werde nur sauer, wenn ich Unkraut jäten soll. Blumen und Käfer sind einfach nicht mein Ding. Kochen andererseits …“ Sie drehte den Kopf, lauschte und zog sich den Hut ins Gesicht. „Die Türglocke. Das muss dein Gärtner sein.“
    Charlotte blieb weder Zeit sich umzuziehen, noch sich zu kämmen oder die Hände zu waschen. Es klingelte wieder. Na schön, dachte sie und trottete durch den Wohnraum zur Haustür, schließlich ist das kein Rendezvous.
    Nach tiefem Durchatmen öffnete sie und hoffte, trotz alter Jeans und altem Oxford-Hemd einen einigermaßen guten Eindruck zu machen.
    Das Wiedersehen verschlug ihr schier den Atem. Sie fühlte sich wie ein Kind, das unter dem Weihnachtsbaum das sehnlich gewünschte Geschenk öffnet. Michael Mondragon sah gut aus in Jeans und weißem Hemd, was für ihn eine Art Uniform zu sein schien.
    Er begrüßte sie amüsiert lächelnd.
    „Was ist?“ Sie griff sich an die Stirn.
    „Darf ich?“ Er wischte ihr etwas Erde ab.
    „Ich war im Garten.“ Sie rieb sich die Stirn.
    „Ein Schmutzstreifen ist in unserem Gewerbe ein Ehrenzeichen“, erwiderte er freundlich. „Und Sie tragen es mit Würde.“
    Ihr wurden die Wangen warm. „Sie kommen früh.“
    „Ich hoffe, wir kommen nicht ungelegen. Wir wussten nicht genau, wie lange die Fahrt dauern würde.“ Außerdem konnten wir es nicht abwarten, dachte er.
    „Nein, natürlich nicht. Ich habe schon gewartet.“ Ach herrje, war das zu unverblümt?
    „Mein Bruder ist mitgekommen, um alles auszumessen. Er ist bereits im seitlichen Garten.“ Michael drehte sich zum Hof um.
    Charlotte war enttäuscht, dass sie nicht zuerst bei einer Tasse Kaffee und den Doughnuts, die sie für ihn gekauft hatte, ihre Pläne besprachen. Sie wollte ihm ihre Pflanzenbücher zeigen, und wer weiß, vielleicht wären sie sich näher gekommen. Warum habe ich immer so hohe Erwartungen, schalt sie sich, als sie hinter ihm her in den Garten ging. Warum bin ich eine solche Romantikerin? Dies ist nichts weiter als

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