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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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das mit dem eigenen Fleisch und Blut üblich ist, warum sollte man dann keine frisch entflügelten Drachen verkaufen, anstatt sie ins Kloster zu bringen?«
    »Fliegt ihr zur Insel zurück«, sagte Marmaran. »Ich behalte mit Byasso erst mal alles im Auge. Falls sie Aiphyron fortschaffen, folgen wir ihm. Morgen kann uns ja jemand ablösen.«

ERPRESSUNG
    B en stand in seiner Zelle und lauschte in die Nacht. Bislang war alles so abgelaufen, wie Akse es geplant hatte. Am Vortag hatte er einen grünschuppigen Drachen mit langer Schnauze und kurzen breiten Füßen zwischen den Schulterknubbeln verletzt, und Ben hatte ihn geheilt. Stundenlang hatte er dabei seine Heilkräfte in die Flügelstumpen gesandt, bis seine Bewacher allzu ungeduldig geworden waren und ihn herausgerufen hatten. Sie waren müde und gereizt und hatten keine Lust mehr, auf der Stelle zu stehen.
    »Verhalte dich still«, hatte er dem Drachen noch zugeraunt und in seinen Augen erkannt, dass er verstanden hatte. »Ein Freund wird kommen und dich rauslassen. Bis dahin sei ruhig.«
    Seitdem hatte Ben nichts tun können als warten. Irgendwann heute Nacht würde Akse ihn befreien. Seit Ben von der Heilung eines kurzschnauzigen Wachdrachen zurück war, lief er unruhig in seiner Zelle auf und ab, blieb stehen und lauschte, lief wieder auf und ab, blieb wieder stehen. Nichts war zu hören.
    Er trat unter das hoch gelegene Fenster, sprang, klammerte sich an der Unterkante der Laibung fest und zog sich hoch. Schwer atmend starrte er durch das Gitter in die Nacht, konnte jedoch nichts entdecken. Natürlich, er hatte weder den Stall noch das Tor im Blickfeld. Dennoch sah er in immer kürzeren Abständen hinaus. Sein Arm war nur noch blau, Schmerzen verspürte er keine mehr.

    Es musste bereits Stunden nach Mitternacht sein, da raunte eine Stimme vor seinem Fenster: »Er ist raus.«
    Sofort sprang Ben hinüber und zog sich hoch, doch niemand war zu sehen. Er wagte nicht, Akses Namen zu rufen oder überhaupt etwas. Dennoch war er sicher, dass alles geklappt hatte. Dankbar ließ er sich auf die Pritsche sinken, um noch ein wenig Schlaf zu finden.
    Doch kaum hatte er die Augen geschlossen, begannen auch schon die ersten Vögel zu singen. Dämmerung breitete sich aus, aber statt der üblichen Morgenandacht drangen lautes Rufen und eilige Schritte herein. Das Kloster schien in Aufruhr, Ben lächelte.
    Kurz darauf kam Herr Rotheisen den Zellengang herabgestürzt und starrte in Bens Zelle.
    »Du bist hier?«, stieß er atemlos hervor.
    »Wo soll ich denn sonst sein?« Ben blickte ihn mit gespielter Verwirrung an, obwohl sein Mienenspiel unter der Maske nicht zu erkennen war.
    »Nirgendwo.«
    »Was ist denn da draußen los?«
    »Ein Drache ist verschwunden. Und … Das geht dich überhaupt nichts an, Maskenjunge!« Der Ritter stürmte davon.
    Grinsend setzte sich Ben auf die Pritsche. Es hatte tatsächlich alles geklappt.
    Nach einer Weile hörte er draußen fernes Fluchen, dann Schreie. Kurz darauf wurde die Tür zum Zellentrakt aufgeschlossen und jemand hereingeschleift.
    »Ich war es nicht. Ich hab es nicht getan. Was es auch ist, ich war’s nicht!« Bens Herz blieb stehen, als er Akses Stimme erkannte. »Ihr könnt nicht jedes Mal mich beschuldigen! «

    »Diesmal bist du zu weit gegangen«, sagte eine kalte Stimme. »Viel zu weit.«
    »Aber ich war’s nicht!«
    »Du hattest Stalldienst, als Laubjäger verschwunden ist, und die Torwächter haben sich an dich erinnert. Zwar erst eben, aber sie sind sicher, dass du es warst, trotz der albernen Maskerade.«
    »Nein! Ich war’s nicht!« Akse klang verzweifelt.
    »Kein Mensch wird dir glauben. Nicht einmal der Abt. Du hast einen Drachen in die Welt hinausgeschickt, eines von Hellwahs kostbarsten Geschöpfen. Wenn der Abt heute gnädig gestimmt ist und wir das Tier gleich wiederfinden, lässt er dir vielleicht nur die rechte Hand abhacken.«
    »Nein! Bitte!«, wimmerte Akse.
    Dann schlug eine Tür zu, Schritte entfernten sich.
    Ben saß zusammengesunken in seiner Zelle und zitterte. Am liebsten hätte er tröstende Worte durch den Gang gerufen, aber das würde alles nur schlimmer machen. Wenn irgendwer erfuhr, dass er Akse kannte, würde diesem weit mehr geschehen, dann half alles Leugnen nicht mehr. Auch war Ben nicht sicher, ob er ungeschoren davonkäme, egal, wie sicher Akse gewesen war, dass der Abt ihm nichts tun konnte.
    Er war auch sicher gewesen, dass die Befreiung des Drachen klappen würde.
    Alle Hoffnung war

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