Das Verlies der Stuerme
sehr viel zu verdanken. Es schien, als habe er hier drin einen Freund gefunden; etwas, das er niemals erwartet hatte. Akse hatte ihm einen Teil seiner Angst genommen und die Kraft zum Widerstand zurückgegeben.
Als Ben überlegt hatte, wie er hier hereinkommen könnte, hatte er es sich zwar vollkommen anders vorgestellt, aber
nun würde er das Beste daraus machen, wenn er schon mitten in einem Kloster war und einen Verbündeten besaß, der sich frei bewegen konnte. Sie würden den Orden zur Verzweiflung treiben, o ja. Zum ersten Mal seit Tagen verspürte er so etwas wie echte Hoffnung.
EIN ZUFÄLLIGER FUND
D ie Wahrheit in den Dörfern zu verkünden, war nun manchmal sogar zäher und schwieriger als vor der ausgefallenen Hinrichtung. Misstrauische Blicke achteten darauf, ob sie nicht hier eine jungfräuliche Tochter entführen wollten und da eine Kutsche oder einen Karren. Und doch versuchten sie es weiter und weiter, und überall vermeinte Yanko wenigstens ein Augenpaar zu erkennen, das freundlich blickte oder ein Gesicht, in dem Neugier oder Zweifel am Orden standen. Und jeder Einzelne zählte.
Wegen Bens Tod und Aiphyrons Versklavung hatten sie beschlossen, dass erst einmal keiner allein bleiben sollte. Also waren sie stets als Gruppe mit drei Drachen unterwegs.
Als sie irgendwann im Landesinneren zwischen zwei Dörfern über ein kleines Wäldchen flogen, ging Marmaran mit Byasso über einer Lichtung plötzlich nach unten.
»He!«, rief Yanko, doch Juri schoss schon hinterher, und auch Feuerschuppe schloss sich an. Kaum waren sie am Boden, erkannte Yanko den Grund für die Landung. Am Rand der Lichtung lagen zwei abgeschlagene, sandbraune Drachenflügel. Sie waren in etwa so groß wie die Feuerschuppes, blutverkrustet und an mehreren Enden von kleinen Tieren angeknabbert. Eine Handvoll Fliegen und Käfer erhob sich, als Yanko näher trat.
»Flügel, schon wieder«, brummte er, dann rief er lauter zu Nica: »Glaubst du, die sollten wir auch finden? Da würde jemand wohl zu sehr auf einen Zufall hoffen, oder nicht?«
»Wieso?«, rief Byasso. »So oft wie wir zwischen den Dörfern hin und her fliegen, mussten wir sie einfach irgendwann finden. Marmarans Augen sind so herausragend.«
»Aber darauf kann sich niemand verlassen«, sagte Nica. »Und das könnte bedeuten, dass auch Aiphyrons Flügel nicht für uns zurückgelassen wurden, sondern dass es einen Ritter gibt, der auf das Verbrennen verzichtet.«
»Ein ungehorsamer Ritter?« Yanko schnaubte verächtlich. »Das kann nicht sein.«
Während Marmaran mit seinen scharfen Augen den Wald im Blick behielt, untersuchte Juri die Spuren auf der Lichtung. Die Erde war von Krallen und schweren Stiefeln tief aufgewühlt, doch die Gräser hatten sich bereits wieder aufgerichtet; die ausgerissenen waren trocken.
Der Kampf musste länger als ein paar Stunden her sein, und dieser Drache hatte sich anscheinend heftiger gewehrt als Aiphyron. Als hätte er sich nicht so leicht überrumpeln lassen.
»Aiphyron war klug und stark und doppelt so groß, wenn man die Flügel zum Maß nimmt«, sagte Yanko. »Das passt doch nicht.«
»Hier passt gar nichts«, knurrte Juri. »Ich sehe auch kein Loch von einem Pfahl, an den eine Jungfrau gebunden war oder so.«
»Vielleicht haben sie sie einfach an einen Karren gebunden oder ihr nur ein paar schwere Ketten umgelegt«, sagte Byasso.
»Ja, vielleicht«, knurrte Juri und schlich langsam in Richtung Waldrand, Blick und Schnauze stur auf den Boden gerichtet. »Aber ebenso seltsam erscheint es mir, dass sie in diese Richtung verschwunden sind; teils zu Pferd, teils zu
Fuß. Nicht zur Straße Richtung Kloster, sondern mitten in die Wildnis.«
»Kannst du der Spur folgen?« Aufgeregt sprang Yanko zum Drachen hinüber.
»Ich weiß nicht, wie weit, und nur sehr langsam. Zudem haben sie mindestens einen halben, eher einen ganzen Tag Vorsprung.«
»Heiliger Trollbollen noch mal! Wenn es derselbe Ritter war, der Aiphyron geholt hat, sollten wir es versuchen.«
»Und was machen wir ohne Ben, wenn wir ihn gefunden haben?«, fragte Nica.
»Zumindest können wir ihn rächen«, sagte Yanko.
Byasso nickte zustimmend.
»Aber auf dem Boden holen wir sie nicht ein«, gab Marmaran zu bedenken. »Wir sollten einfach grob in diese Richtung fliegen und schauen, ob wir von oben etwas erkennen. «
»Und wenn sie irgendwo abgebogen sind?«
»Warum sollte man abbiegen, wenn man querfeldein läuft? So etwas macht man nur auf Straßen, sonst kann
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