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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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voller Dunkelheit und Nichts.« Yanko sah sie kopfschüttelnd an. »Eigentlich. Aber hier geht es nicht um ein Loch, sondern um eine Wette, das ist sehr viel wichtiger. Also, um was wetten wir jetzt, Ben?«
    Ben zuckte mit den Schultern. Was sollte er schon setzen?
Er besaß kaum etwas außer seiner Kleidung, und den Dolch und den durchstoßenen Glücksgroschen hatte er von Yanko erhalten, die konnte er schlecht einsetzen. »Schlag was vor.«
    »Gut. Dann wetten wir um das Recht der ersten Wahl beim nächsten Schatz oder der Belohnung, wenn wir den Schiffbrüchigen retten.«
    »Einverstanden. Wer gewinnt, darf als Erster aussuchen, wenn wir einen Schatz finden.«
    Sie schlugen ein, und Yanko grinste und flüsterte, sodass ihn nur Ben verstehen konnte: »Ich hab da nämlich so ein Gefühl, dass wir bald fündig werden. Und dann gehört das Diadem mir. Und damit Nica und nicht Anula.«
    »Ach ja? Werden wir ja sehen«, presste Ben zwischen den Lippen hervor und drückte mit der Hand, so fest er konnte. Yanko hielt dagegen, bis sie beide krampfhaft lächelnd rot anliefen und sich voneinander lösten.
    »Die Wette gilt.«
    So tauchten sie erneut in einen Wald ein. Das Unterholz schien hier weniger dicht zu sein, die Drachen fanden leichter einen Weg zwischen den Bäumen hindurch, auch wenn sie immer wieder Äste zur Seite schieben mussten. Rufend kämpften sie sich voran. Über ihnen trällerten die weißen Vögel, weiter entfernt hörten sie das Geschnatter der grün gefiederten Riesenente. Und irgendwo schrie eines dieser Baumhörnchen und ein anderes antwortete. Insekten summten in den Baumkronen.
    Die Luft unter dem Blätterdach war drückend, das verschwitzte Hemd klebte Ben auf der Haut, und er wurde der Suche langsam überdrüssig. Dafür schämte er sich, da er noch immer Mitleid mit dem Schiffbrüchigen aus seinem Kopf hatte. Doch immer mehr drängte sich der Gedanke in
den Vordergrund, dass er ihn doch gar nicht kannte, nicht wusste, wo er gestrandet war, ja nicht einmal, ob er überhaupt existierte. Vielleicht hatte ein siebenjähriger Spaßvogel die Nachricht vor drei Jahren in einen Fluss geworfen und erinnerte sich nicht einmal mehr daran?
    Mit Sicherheit wusste Ben nur, dass er nicht die nächsten Wochen von Insel zu Insel fliegen wollte, um diese abzusuchen. Eigentlich wusste er im Moment überhaupt nicht, was er machen wollte. Grübelnd stapfte er weiter und weiter.
    »Ha!«, schrie Yanko irgendwann und deutete durch die Bäume nach rechts. »Wusste ich’s doch.«
    Tatsächlich erkannte Ben durch das Gebüsch eine lichte Stelle mit nacktem Fels, in dem ein ebenfalls fast vier Schritt durchmessendes Loch prangte. Viel zu breit für einen Brunnen.
    »Ha!«, schrie Yanko noch einmal und sprang mit ausgestrecktem Zeigefinger hinüber.
    »Was willst du da?«, rief ihm Ben nach. Der Kerl musste doch nicht so ein Theater wegen einer kleinen Wette veranstalten. Das vermieste Ben die ohnehin schon miese Laune noch mehr. Jetzt fehlte nur noch, dass sie hinter dem nächsten Baum wirklich einen Schatz fanden, der aus einer Handvoll kleiner Münzen, löchrigen Stiefeln und einer einzigen, edelsteinbesetzten und frisch polierten Krone bestand, die Yanko dann Nica schenkte, während Anula leer ausging.
    »Ich … Hier sind irgendwelche Flecken.« Yanko deutete auf den Rand des Lochs. »Sieht fast aus wie Blut.«
    »Was?« Nun stürzten alle hinüber. Ben stolperte und wäre fast in die Tiefe gefallen, wenn Anula und Nica ihn nicht gleichzeitig gehalten hätten.

    »Danke«, keuchte er. Es war einfach nicht sein Tag.
    Neugierig begutachteten sie die Handvoll dunkler Flecken auf dem hellgrauen Stein. Sie waren von rötlich brauner Farbe und längst getrocknet, trotzdem könnte es alles Mögliche sein. Vielleicht herabgetropftes Harz der hiesigen Bäume oder der Kot dieser nervig kreischenden Hörnchen. Wie sollten sie das ausschließen können?
    Unvermittelt leckte Marmaran mit flinker Zunge darüber und schmatzte. »Ja, das ist Blut. Ich kann aber nicht sicher sagen, ob menschliches oder von einem Tier. Drache ist es nicht.«
    »Woher weißt du, wie menschliches Blut schmeckt?« Anula hob die Augenbrauen.
    »Ich weiß es ja nicht sicher«, protestierte Marmaran und grinste.
    »Ja, ja.« Anula starrte ihn weiter an. »Also woher?«
    »Ich war der Drache eines Ritters. Oder Ketzers, was auch immer. Wenn er verwundet wurde, ist sein Blut auf mich gespritzt. Auch das anderer Kämpfer konnte ich riechen, und manchmal habe

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