Das Verlies der Stuerme
Richtung Nesto.
»Ist egal. Er kennt die Steckbriefe.« Ben winkte ab. »Und will sie abreißen.«
»Er hat uns erkannt?«, brauste Anula auf. »Und dann wollt ihr einfach so in die Stadt spazieren? Weshalb sollte er der Einzige bleiben, der euch erkennt?«
»Er hat uns nur erkannt, weil wir zusammen waren und in Begleitung von geflügelten Drachen. Stimmt’s?« Ben sah den Jungen an.
Nesto nickte und wich Anulas bohrendem Blick aus.
»Mich allein hättest du also nicht erkannt?«, fragte Yanko schnell. Wieder nickte Nesto, und Yanko lächelte und deutete auf sich selbst. »Na?«
»Aber mich noch weniger. Ich kann mir nämlich die Haare färben.«
»Beim ersten Regen wäscht sich das wieder raus. Und dann bist du viel verdächtiger, denn ein Unschuldiger würde sich nie die Haare färben!«
»Ach nein?«
»Nein!«
»Und was ist mit Bürgermeister Odhulan?«
»Der gilt nicht. Graue Haare sind etwas ganz anderes.«
»Wie auch immer.« Ben lachte. »Ich wollte eh nicht bleiben, bis es zu regnen beginnt.«
In diesem Moment näherte sich Finta pfeifend dem Feuer.
»Und weiß er auch Bescheid?«, zischte Anula.
»Ich weiß nicht«, sagte Ben und blickte Nesto fragend an.
Der zuckte mit den Schultern. »Ich hab nichts gesagt.«
Finta trat heran und sah sie reihum an. »Nochmals danke euch allen. Das sage ich bewusst, denn ihr habt ziemlich laut gesprochen, und der Wind trägt die Worte weit.« Er lächelte. »Von daher kann ich eure Fragen gern beantworten. Nein, sicher erkannt hatte ich euch nicht, aber doch vermutet, wer ihr seid. Keine Angst, natürlich verrate ich euch nicht. Ihr habt mein Leben gerettet, das werde ich euch nie vergessen. Zudem werden der Orden und ich sicher keine Freunde mehr.«
»Gut«, sagte Ben.
Die anderen schwiegen.
»Natürlich kann von euch gern einer mitkommen und bei mir wohnen«, fuhr Finta fort. »Ich gebe ihn als den Sohn eines fernen Handelspartners aus, der mitgekommen ist, um unsere berühmte Stadt zu besuchen. Nur die Haare würde ich mir an deiner Stelle nicht färben, Ben. Du weißt nie, ob du zu einem späteren Zeitpunkt nicht wiederkommen willst, wenn es regnet.«
»Sag ich doch«, brummte Yanko. »Also kein Vorteil für dich.«
»Dann werfen wir eben eine Münze.«
»Abgemacht.«
Sie beschlossen, dass Nesto werfen sollte, er war unparteiisch. Da sein und Fintas Geld jedoch vollständig im Sturm verloren gegangen war und sich Nica und Anula weigerten, bei dieser Kinderei mitzumachen, mussten Ben und Yanko erst mit Grashalmen auslosen, von wem sie eine Münze nehmen wollten. Ben gewann, Yanko fluchte und wies Nesto an, die Münze fest an seiner Hose zu reiben, um allen Schweiß und Geruch von Ben zu entfernen, damit dies nicht das Glück beeinflusste. Schließlich war bekannt, dass Münzen ihren Besitzer bevorzugten.
»Kopf«, sagte Yanko schnell, um wenigstens den Vorteil der ersten Wahl zu haben.
»Zahl.« Ben nickte feierlich.
Mit dem rechten Daumen schnippte Nesto die Münze hoch in die Luft, kurz darauf schlug sie dicht neben dem Feuer auf und rollte in Schlangenlinien über die Felsplatten, direkt vor Anulas Füße. Blitzschnell trat sie darauf.
»He!«, rief Yanko.
»Warum müsst ihr immer die Helden spielen?«, fragte sie.
»Wir spielen nicht«, sagte Ben. »Aus dem Alter sind wir raus.«
»Ach?« Anula zog die Brauen hoch und deutete auf ihren Fuß, unter dem die Münze lag.
»Das ist etwas ganz anderes«, murmelte Ben. »Das ist vernünftig. Ohne richtige Schwerter können wir uns ja nicht duellieren, um herauszufinden, wer gehen darf.«
»Na, das leuchtet ein.« Seufzend nahm Anula den Fuß von der Münze.
»Es gilt trotzdem?« Ben sah Yanko fragend an.
»Meinetwegen.«
Die Münze lag mit der Zahl nach oben.
»Ja!« Ben jubelte.
»Samoths stinkender Hintern noch mal!« Yanko trat gegen einen Stein. »Deine Münze, der Fuß deiner Freundin, ich hätte es wissen müssen!«
»Aber du hast zugestimmt.«
»Ja, verdammt!« Wütend spuckte er ins Feuer. »Aber das nächste Mal darf ich.«
»Welches nächste Mal?«, fragte Nica misstrauisch.
»Das ist doch egal! Aber immer hat er Glück.« Yanko schob den Unterkiefer vor. »Und irgendein nächstes Mal wird es schon geben.«
Als sie sich in der Dämmerung zum Aufbruch bereit machten, übergab Ben Anula den Großen Schlüssel, damit sie ihn vergraben und so seine Magie wecken konnte – am besten unter einer kleinen unauffälligen Pforte, nicht unter dem Haupttor. Anula nahm den
Weitere Kostenlose Bücher