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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Runde!«
    »Der Hafen ist nachts sicherlich nicht der beste Ort der
Welt«, erklärte Finta und führte sie in ein ruhigeres Viertel, in dem das Verhalten bald zurückhaltender wurde und die Kleidung auffälliger und teurer, die Farben bunter. Ein Großteil der Männer schien viel Zeit auf die Rasur zu verwenden, viele Bärte bildeten Muster, waren geflochten oder mit glitzernden, geschliffenen Steinen verziert. Als Ben die dritte Frau sah, die einen Schirm trug, der mit teurer Seide oder Samt bespannt war, fragte er Finta danach. Ein Griff schien aus Elfenbein zu sein, ein anderer mit kleinen Edelsteinen besetzt.
    »Das sind Sonnenschirme«, antwortete der Händler.
    »Es ist Nacht«, warf Ben ein.
    »Ja.« Finta lachte. »Anfangs haben sich ein paar Priester vehement gegen die Schatten spendenden Schirme ausgesprochen, denn sich vor Hellwahs Glanz zu verstecken sei suspekt, zu behaupten, man brauche Schutz vor ihm, gar Gotteslästerung. Andere hielten dagegen, Hellwah habe auch die Bäume erschaffen, und sich in ihrem Schatten aufzuhalten sei auch keine Sünde. Schließlich einigten sie sich darauf, dass die Schirme kein Sonnenschutz seien, sondern Mode, und weil sie mit teuren Stoffen bespannt waren, ein Zeichen von Wohlstand und Ansehen. Seitdem trägt jede Dame, die etwas darstellen will, einen Schirm. Tagsüber und nachts. Und all jene, die sich besonders hellwahtreu geben wollen, halten ihn so, dass kein Schatten auf ihr Gesicht fällt.«
    »Ja, aber wo ist da der Sinn?«
    »Ich sagte doch, das Zurschaustellen von Wohlstand und Ansehen. Manch Adliger hat schon einen Schirm als Zeichen der Wertschätzung verliehen.«
    An einem kleinen Platz, auf dem drei mächtige, knorrige
Bluteichen wuchsen, zeigte er Ben das prächtige Wirtshaus Zum Drachen, in dem überwiegend Ritter verkehrten. Kein sonderlich einfallsreicher Name für eine solche Herberge, dachte Ben, doch Augen hatte er nur für die zwei Drachen, die vor der Tür dösten. Als sein Blick auf die vernarbten Schulterknubbel fiel, stieg Wut in ihm auf. Unwillkürlich tat er einen Schritt auf sie zu, wollte den Arm ausstrecken, dann hatte er sich wieder im Griff. Auf keinen Fall durfte er auffallen; er würde noch Zeit finden, sie alle zu befreien. Neben den Drachen waren Pferde angebunden.
    »Sind wohl nicht nur Drachenritter da?«, fragte Ben und deutete auf die Tiere.
    »Ach, die Drachen sind von auswärtigen Rittern«, erklärte Finta. »Die aus dem Kloster kommen meist zu Fuß oder mit Pferden. Wenn hier zwanzig Drachen warten müssten, wäre der ganze Platz überfüllt. Sie sind ja doch ziemliche Brocken.«
    Ben nickte und fasste nun den Gasthof ins Auge. Die großen Fenster aus klarem Venzaraglas waren hell erleuchtet, im Schankraum tranken und lachten und feierten zahlreiche Männer in den Farben des Ordens mit beinahe ebenso zahlreichen schönen, jungen Frauen.
    »Seht mal, die Jungfrauen sind auch da«, sagte Ben.
    »Oh, nein.« Finta lachte. »Das da drin sind keine Jungfrauen. «
    Nesto kicherte, und Ben hatte verstanden. Ja, er war der Trottel aus dem abgelegenen Trollfurt und hatte keine Ahnung von der weiten Welt. Kein Grund für Nesto, gleich so zu kichern!
    Als ein Ritter heraustrat, fiel sein Blick zufällig kurz auf Ben, doch weiter beachtete er ihn nicht. Gut, dachte Ben,
der zwar keine Angst spürte, aber noch immer angespannt war – auch wenn die Anspannung mit jedem Ritter und Nachtwächter nachließ, der ihn nicht beachtete.
    Zwischen den drei Bäumen auf dem Platz erhob sich das bronzene Denkmal eines Ritters mit mächtigem Backenbart, der in großer Pose einem langen Drachen den zweiten Flügel abschlug. Sein breites Siegerlächeln offenbarte perfekte Zähne, während der Drache ihn dankbar und unterwürfig anhimmelte.
    »Herr Gekkin, der umjubelte Befreier von dreizehn Drachen«, sagte Finta, als er Bens Blick bemerkte. »Eine stolze Anzahl, doch man munkelt, alle seien deutlich kleiner gewesen als der des Standbildes.«
    »Ich hoffe, der vierzehnte hat ihn verschlungen«, brummte Ben.
    »Das kann man in gewisser Weise so sagen.« Finta lächelte. »Der vierzehnte war eine alles verschlingende Sie in menschlicher Gestalt, und er hat sie geheiratet.«
    Lachend wandten sie sich ab, und Ben warf noch einen letzten Blick zurück auf die Drachen vor dem Gasthof. Noch immer rührten sie sich nicht.
    Auf ihrem weiteren Weg kamen sie noch an den Statuen von drei weiteren, längst verstorbenen Rittern vorbei, deren Namen Ben sofort wieder

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