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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Schlüssel und nannte Ben einen wurmstichigen morschen Holzkopf, küsste ihn aber trotzdem zum Abschied und hielt ihn dabei lange umschlungen. Auch Yanko wünschte ihm viel Glück, blickte dabei jedoch sehnsuchtsvoll auf die beiden Drachen, die zur Küste fliegen wollten. Juri würde den Händler tragen, während Ben und Nesto auf Aiphyrons Rücken Platz nahmen.
    »Übertreib’s nicht«, mahnte Anula noch Ben und tätschelte dabei Aiphyron die Seite.
    »Ja, Frau Aufseherin«, sagte Ben. Er hasste es, wenn Anula klang, als wäre sie weit mehr als diese zwei Jahre älter. In den Sagen hieß es immer, die Gattin des Helden blieb daheim und harrte besorgt seiner Rückkehr. Deren Abschiedsworte hatte er sich immer anders vorgestellt. Besorgt eben, und bewundernd, nicht bevormundend. Dagwarts Frau hatte ihn
sicher nicht gemahnt, es nicht zu übertreiben, als er in die Schlacht gegen Trollhorden gezogen war.
    »Wenn du süßes Gebäck findest, bringst du es bitte mit?«, erinnerte ihn Nica, als wäre er ein Diener, der einkaufen ging.
    »Ja«, brummte Ben und fühlte sich überhaupt nicht mehr wie ein Held, als die Drachen die Flügel ausbreiteten. In diesem Moment hätte er Yanko gern seinen Platz abgetreten.
    Doch nur in diesem Moment. Als sie über das Meer flogen, packte ihn die Vorfreude auf kommende Entdeckungen, auf die unbekannte Stadt. Angst, erkannt und erwischt zu werden, hatte er hier oben auf Aiphyrons Rücken nicht. Sie würden es dem Orden zeigen.
    Unterwegs ließ sich Ben erzählen, was aus der einst so stolzen Hafenstadt geworden war, die mit Venzara zusammen das Tor zur Welt gewesen war. Venzara war noch immer berühmt als mächtige Handelsstadt, für das außergewöhnliche Glas, das dort gefertigt wurde, und für die gigantische Drachenstatue in der Hafeneinfahrt, deren reiner Kristallzahn angeblich jedem Mann Fruchtbarkeit verlieh, der ihn berührte. Doch von Rhaconia hatte in Trollfurt niemand gesprochen.
    »Ja, das sagenhafte Glas hat uns das Genick gebrochen«, murrte Finta und gab Ben einen raschen Überblick.
    Als Venzara vor Jahrhunderten die Glasherstellung perfektioniert hatte, legten die Händler aus fernen Landen fast ausnahmslos dort an, um die Schiffe mit Glas zu füllen, nachdem sie ihre Ladung gelöscht hatten. Zeitgleich verlor Dherrnbruck an Bedeutung, weshalb nur noch wenige Waren den Dherrn hochgeschifft wurden; Waren, die in Rhaconia umgeladen wurden. Im nördlichen Trollfurt
hatte man die Blausilbermine noch nicht entdeckt, und das wachsende Falcenzca war über Venzara viel leichter zu erreichen. Nur das Kloster am Ewigen Feuer nutzte Rhaconia noch immer als Hafen, so wie auch das Kloster mit den zwölf Zinnoberzinnen den Fernhandel weiterhin über Rhaconia abwickelte.
    Dies führte zwangsläufig dazu, dass der sowieso schon mächtige Orden der Drachenritter dort immer einflussreicher wurde. Vor den Toren der Stadt gründeten sie das Kloster Sonnenflut, das sich bald zur bedeutendsten Ausbildungsstätte für Drachenritter im gesamten Großtirdischen Reich entwickelte. Jeder Adlige von Rang und jeder Händler mit Einfluss versuchte, seine Söhne dort unterzubringen, denn hier wurde die künftige Elite des Ordens unterrichtet.
    Gut, dachte Ben. Es schien ihm genau der richtige Ort zu sein, um ihren Kampf gegen den Orden zu beginnen. Elite hin oder her, Jungen in seinem Alter von der Wahrheit zu überzeugen, stellte er sich einfacher vor als hochnäsige Ritter von dreißig Jahren, die in ihnen nur Kinder sahen.
    Sie landeten in einer kleinen, bewaldeten Bucht südlich von Rhaconia, etwa eine halbe Fußstunde von der Stadt entfernt. Scharfkantige Felsen, um die sich unberechenbare Strudel bilden konnten, ragten vor ihnen aus dem Wasser, kein Fischer würde versuchen, hier zu landen. Die hohen Bäume hatten tief hängende Äste, sodass alles hinter einem schmalen Sandstreifen auch kaum einzusehen war, obwohl es zwischen den knorrigen Stämmen ausreichend Platz gab, damit sich ein großer Drache dort bequem hinlümmeln konnte. Einen richtigen Weg ins Landesinnere gab es nicht. Man musste sich einen steilen Abhang hinaufkämpfen,
und das nächste Dorf war zu weit entfernt, als dass sich heimliche Liebespaare hierhin zurückziehen würden.
    Kaum waren sie gelandet, flog Juri auch wieder zurück, während Aiphyron hier bis zum nächsten Abend auf Ben warten würde.
    »Das ist ein guter Treffpunkt«, versicherte Finta. »Hier kommt kaum jemand her, und zu fressen lässt sich auch leicht etwas

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