Das Verlies
hoffe nur, Sie machen keine Dummheiten.«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen«, erwiderte Lura. »Auf Wiedersehen und viel Erfolg.«
»Auf Wiedersehen. Und passen Sie gut auf sich auf.«
»Sie brauchen sich um mich keine Sorgen zu machen.«
Wolfram Lura blieb sitzen, Durant und Hellmer gingen über die knarrenden Stufen nach unten.
»Was ist denn in den gefahren?«, fragte Hellmer verwundert.»Gestern noch ist er über seinen Bruder hergezogen, und heute macht er auf einmal eine Kehrtwendung um hundertachtzig Grad.«
»Ich könnte mir vorstellen, er plant einen Alleingang, weil er uns nicht vertraut. Oder er will sich selbst beweisen, wie toll er ist, schließlich hat er immer im Schatten seines großen Bruders gestanden. Diese Familie ist mir ein großes Rätsel. Und ich hatte solche Hoffnungen in ihn gesetzt.«
»Jetzt lass den Kopf nicht hängen. Warten wir doch ab, was Bock und die KTU rausgefunden haben«, versuchte Hellmer sie zu trösten.
»Wenn dieser Typ sich nur ein wenig kooperativer zeigen würde! Wir fahren ins Präsidium, wir können jetzt eh nichts machen. Es kotzt mich alles nur noch an.«
»Beruhig dich wieder …«
»Nein, ich kann mich nicht beruhigen!«, giftete Durant. »Ich habe einen festen Eindruck von der Lura, und dieser Eindruck ist absolut positiv, und ich habe keinen Zweifel an dem, was sie über ihre Ehe und ihren Mann erzählt hat. Ich habe aber ebenso einen positiven Eindruck von Frau Becker und ihrer Mutter, und verdammt noch mal, ich kann mich doch nicht so irren! Und die Kreutzer hat sich das doch auch nicht aus den Fingern gesogen! Und die Erregung von Luras Bruder gestern und vorgestern hatte nichts mit Alkohol zu tun oder war gespielt, die war echt. Warum der jetzt auf einmal so mauert, kapier ich nicht. Haben uns alle angelogen? Sag’s mir, wenn du davon überzeugt bist.«
»Ich weiß inzwischen überhaupt nicht mehr, was ich noch glauben soll. Ich gebe dir ja Recht …«
»Aber?«, fragte sie und sah Hellmer herausfordernd an.
»Nichts aber. Okay, das eben kam mir auch sehr spanisch vor …«
»Aha. Und dazu kommt dieses dubiose Verhältnis zwischen Lura und diesem Dr. Meißner, einem einschlägig vorbestraften Arzt. Ich frag mich nur, wenn Lura seine Frau und Becker getötethat, wie hat er es getan und vor allem, wo. Und was ist sein Motiv? Hass, Rache, Eifersucht? Ich hab schon viel erlebt, aber wieso sollte Lura seinen besten Freund und Anwalt hassen? Sollte er rausgekriegt haben, dass zwischen seinem Freund und seiner Frau was läuft, er hätte ihm bloß eins in die Fresse zu hauen brauchen, und damit wäre alles erledigt gewesen. Lura war doch auf Becker irgendwie angewiesen, zumindest was die Drecksarbeit anging …«
»Und wenn Becker ihn erpresst hat? Becker hat was mit der Lura, Lura kommt dahinter, stellt seinen Freund zur Rede und droht ihm vielleicht sogar, aber Becker sagt ihm eiskalt, er würde ihn ans Messer liefern für die Sauereien der Vergangenheit. Becker hatte nichts zu verlieren, nur Lura. Damit ist Becker für Lura zu einem Sicherheitsrisiko geworden. Könnte das hinhauen?«
»Möglich wär’s. Und dazu kommt, dass Lura Psychologe ist, was ich von ihm nie vermutet hätte. Aber alle Spekulationen helfen uns nicht weiter, solange wir nicht die Ergebnisse unserer Spezis kennen. Ab ins Präsidium, ich hoffe, unsere Leute haben schon mehr Infos für uns.«
»Willst du vorher nicht noch mal bei Rolfi vorbeischauen und ihn fragen, wie’s ihm geht?«, sagte Hellmer grinsend.
»Nee, der hat Zeit. Erst wenn ich Fakten habe, spreche ich wieder mit ihm.«
Freitag, 15.00 Uhr
Horst Lura kam, so wie es seine Art war, pünktlich zur verabredeten Zeit. Er machte ein ernstes Gesicht, trug wie meist um diese Jahreszeit einen Hut und einen dunklen Mantel, den er an die Garderobe hängte, während er den Hut mit ins Wohnzimmer nahm. Markus war kurz zuvor aufgewacht, doch die Erschöpfung der letzten vierundzwanzig Stundenwar zu stark, so dass Andrea ihn ins Schlafzimmer begleitete, wo er sich gleich wieder hinlegte, nicht ohne vorher noch ein paar Mal wimmernd nach seiner Mutter gerufen zu haben.
»Hallo, Papa«, wurde Horst Lura von seinem Sohn begrüßt. »Weiß Mutter, dass du hier bist?«
»Nein, und sie sollte es auch besser nie erfahren«, sagte Horst Lura, der Andrea die Hand reichte und sie kurz anlächelte. »Wie geht es Markus?«
»Er leidet schlimmer als ein geprügelter Hund, aber zum Glück schläft er endlich. Möchtest du was
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