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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Glas an die Lippen, und sie trank, ohne dass ein Tropfen daneben ging. Und auch Becker trank. Lura wartete einige Minuten, bis beiden die Augen zufielen und ihre Köpfe nach vorne sanken. Ein Blick auf die Uhr, fünf vor halb zwei. Er ging in die Garage, holte die Handtasche seiner Frau, nahm das Handy heraus, entfernte den Chip und versengte ihn mit dem Feuerzeug, bis er völlig unbrauchbar war. Anschließend durchsuchte er Becker, fand auch dessen Handy in der Jackentasche und machte damit das Gleiche. Jetzt kann euch keine Sau mehr orten, dachte Lura und grinste. Er nahm die Perücke ab und legte sie auf den Tisch. Wieder im Keller, genehmigte er sich noch ein Glas Whiskey, rauchte eine Zigarette, löschte das Licht, legte sich aufs Bett, drehte sich auf die rechte Seite, dieBeine angezogen, die Arme vor dem Bauch. Anders konnte er nicht einschlafen.

Donnerstag, 3.10 Uhr
    Corinna Becker drehte sich um, ihre Hand tastete nach ihrem Mann, doch alles, was sie fühlte, war die Bettdecke. Sie betätigte den Schalter der Nachttischlampe und schaute verwundert auf die leere Seite, wo er eigentlich liegen sollte. Sie hatte mitbekommen, wie er vorhin auf dem Handy angerufen wurde und leise telefonierte, und auch gehört, wie er kurz darauf mit dem Wagen losgefahren war, wohin, das wusste nur er. Sie hatte schon im Bett gelegen und sich einmal mehr gefragt, was ihn mitten in der Nacht aus dem Haus trieb. Irgendwann war sie eingeschlafen, aber es war ein unruhiger Schlaf, mit einem üblen Albtraum, den sie nur noch schemenhaft in Erinnerung hatte, von dem sie jedoch aufgewacht war.
    Sie stand auf, öffnete leise die Tür und begab sich hinunter in den Wohnbereich, denn manchmal hielt er sich nachts unten auf, weil er nicht schlafen konnte. Meist hörte er dann Musik über Kopfhörer, aber im Wohnzimmer war alles dunkel. Sie ging durchs ganze Haus, schaute in jedes Zimmer, nichts. Als Letztes sah sie in der Garage nach, der Jaguar fehlte. Angst überfiel sie. Sie griff zum Telefon, um ihn auf seinem Handy zu erreichen, doch nicht einmal die Mailbox meldete sich. Sie spürte, wie das Atmen immer schwerer wurde, sich ein Kloß in ihrem Hals bildete und sie meinte, nicht mehr schlucken zu können. Sag, dass du mich nicht verlassen hast, dachte sie, schloss die Augen und hörte den kräftigen Schlag ihres Herzens wie dumpfes Trommeln in ihrem Kopf. Warum war er nicht da? Und wo war er? Du hast das doch noch nie gemacht, warum heute? Bitte, Werner, komm nach Hause. Du hast mir doch vorhin noch gesagt, wie sehr du mich liebst. Ich kann ohne dich nicht leben. Wenn dueine Geliebte hast, das macht nichts, aber bitte, komm heim. Ich weiß ja, dass da jemand anders ist, aber ich habe doch nie etwas gesagt, ich kann dich ja verstehen. Warum stiehlst du dich einfach mitten in der Nacht weg wie ein Dieb?
    Sie ließ sich in den Sessel fallen, zwang sich zur Ruhe, die sich aber nicht zwingen ließ. Stattdessen wurde Corinna Becker immer aufgeregter. Sie begann zu hyperventilieren, Sterne tanzten vor ihren Augen, sie fiel zu Boden, krümmte sich auf dem Teppich, ihre Finger krallten sich in die Fasern. Sie blieb einige Minuten liegen. Allmählich beruhigte sich ihr Puls, der Atem wurde regelmäßiger, der Druck in ihrem Hals ließ nach, das Schwindelgefühl verging. Langsam erhob sie sich, tippte ein weiteres Mal die Nummer ihres Mannes ein, drückte auf die Gabel und versuchte es in seiner Kanzlei, obgleich sie genau wusste, dass sie ihn dort nicht antreffen würde. Vielleicht in der anderen Wohnung, dachte sie und tippte auch diese Nummer ein. Nichts.
    Schließlich gab sie es auf, ging an die Bar, nahm mit fahrigen Bewegungen eine Flasche Cognac und ein Glas heraus und füllte es zur Hälfte. Sie schüttete den Inhalt in einem Zug hinunter. Es brannte in ihrem Hals und ihrem Magen, aber nach kurzer Zeit stellte sich ein angenehm warmes Gefühl ein. Sie schenkte nach und trank. Drei Gläser. Anfangs hatte sie es mit Tabletten versucht, die jedoch nicht halfen. Er hatte nicht mitbekommen, wie sie angefangen hatte zu trinken, er war ja auch kaum noch zu Hause. Abends kam er selten früher als zwanzig Uhr, aber oft hatte er auch Termine, die bis Mitternacht oder sogar länger dauerten. Sagte er zumindest. Nachprüfen konnte sie es nicht, und sie wollte es auch nicht. Sie hätte Dinge erfahren können, die sie nicht wissen wollte, weil sie sie nicht verkraftet hätte. Sie war froh um jeden Moment, den er bei ihr war.
    Es war eine abgöttische

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