Das Verlies
schwierige Frau. Schön langsam gehen, Liebste. Hier, hinter dieser Tür ist das Klo. Ist zwar nur eine chemische Toilette, aber besser als nichts, oder? Zum Scheißen und Pissen reicht’s jedenfalls.«
Er schaute ihr zu, wie sie ihre Hose aufknöpfte und sie zusammen mit dem Slip bis zu den Knien runterließ.
»Musst du mir dabei zusehen?«
»Zier dich nicht so, wir sind schließlich seit dreizehn Jahren verheiratet. Ich hab dir schon öfter beim Pissen zugeschaut. So was geilt mich richtig auf. Ehrlich.«
»Willst du uns umbringen?«, fragte sie, nachdem sie fertig war und sich wieder anzog.
»Wie oft wollt ihr diese Frage eigentlich noch stellen? Gabi, Schatz, warum denkst du bloß immer an den Tod?«, sagte er zynisch. »In deinem Tagebuch hast du so oft darüber geschrieben. Ich bitte um Vergebung, wenn ich drin gelesen habe, aber ich konnte einfach nicht an mich halten. Ich will sterben, ich will sterben, aber ich kann doch Markus nicht allein lassen … Immer wieder der gleiche Scheiß, mindestens einmal pro Woche hast du so was reingeschrieben. Dabei geht’s dir doch gut bei mir, oder?«
Gabriele Lura sah ihn kalt an und erwiderte ruhig: »Du hast mein Leben ruiniert, und das weißt du ganz genau. Und es freut dich, dass du das geschafft hast.«
»So würde ich das nicht unbedingt sehen«, sagte er und wollteihr übers Gesicht streicheln, doch sie drehte ihren Kopf zur Seite. Er packte sie bei den Haaren und flüsterte ihr ins Ohr: »Sei ganz brav, ganz, ganz brav, dann geschieht dir nichts. Und in Zukunft wirst du dich nicht mehr von mir abwenden, klar?!«
»Du hast doch unseren Tod schon beschlossen. Was soll das also?«
»Ich habe noch gar nichts beschlossen, denn ich bin ein spontaner Mensch, das solltest du eigentlich wissen. Sei still und setz dich wieder«, antwortete er und schubste sie zurück in den großen Raum, kettete sie wieder an, stand einen Augenblick scheinbar unschlüssig vor Becker und Gabriele, holte zwei Gläser, gab aus einem Fläschchen ein paar Tropfen hinein und füllte etwas Wasser dazu.
»Hier, trink das«, sagte er zu seiner Frau.
»Was ist das?«
»Ich habe seit gestern früh nicht geschlafen, weil ich ständig in deiner Nähe war. Ich hab übrigens die Bullen kommen und gehen sehen, kommen und gehen, kommen und gehen, und ich muss dir ganz ehrlich sagen, ich habe mich diebisch gefreut, dass mich keiner bemerkt hat. Aber ihr müsst zugeben, meine Verkleidung ist geradezu perfekt. Ihr hättet mich niemals auf der Straße erkannt, stimmt’s?«
Keine Antwort.
»Hallo, hallo, ich habe euch etwas gefragt! Hättet ihr mich erkannt? Na los, sagt schon, bin ich nicht perfekt?«
»Du bist verrückt, du gehörst in eine Anstalt«, entgegnete Werner Becker nur. Er sah den heftigen Schlag nicht kommen, der ihn unvermittelt im Gesicht traf.
»Sei nie wieder so unverschämt mir gegenüber! Du bist nämlich in der schlechteren Position. Und wenn hier jemand verrückt ist, dann seid ihr beide das. Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, meine Frau zu ficken? Sie gehört mir, ganz alleine mir! Und ich mache mit ihr, was ich will. Ich meine, du hast ein reizendes Frauchen, auch wenn sie ziemlich durchgeknallt ist,reizende, verzogene Gören, und trotzdem musst du meine kleine liebe Gabi ficken. Tz, tz, tz, das finde ich nicht nett von dir, gar nicht nett, vor allem, wo wir doch so gute Freunde sind und bisher immer durch dick und dünn gegangen sind.« Er hielt abrupt inne, zog die Stirn in Falten und fuhr fort: »So, und jetzt Schluss mit diesem Plausch, ich bin müde und will nicht, dass ich durch euer Gequake vom Schlafen abgehalten werde. Ihr solltet übrigens auch ein wenig schlafen, damit ihr nachher fit seid. Keine Angst, das bringt euch nicht um. Und sollte einer von euch es ausspucken, werde ich jedem von euch eine Spritze geben müssen. Und noch was – dieser Raum ist absolut schalldicht. Ihr könnt so laut schreien, wie ihr wollt, kein Mensch würde euch hören, selbst wenn er direkt vor dem Haus stehen würde. Spart euch also die Mühe.«
»Was ist mit Markus? Was hast du mit ihm vor?«
»Er wird nach der Schule nach Hause kommen. Vermutlich werden die Bullen da sein. Na ja, er wird fürs Erste schon unterkommen. Mach dir um ihn keine Sorgen, ihm wird schon nichts passieren. Schließlich soll er eines Tages das Geschäft übernehmen. Von Generation zu Generation, wie gehabt. Und jetzt keine Fragen mehr, sondern trinken. Schön brav trinken.«
Er hielt ihr das
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