Das Verlies
und Gabriele Lura eine Affäre hatten. Dahinter könnte, so glaubte sie zu diesem Zeitpunkt, das einzige Motiv stecken, den unliebsamen und gewalttätigen Ehemann zu beseitigen. Andererseits traute sie dieser zerbrechlichen Frau ein Gewaltverbrechen nicht zu, dafür hatte sie zu offen über ihre Ehehölle berichtet.
Und nach dem, was Karin Kreutzer erzählt hatte, mochte Durant sich nicht vorstellen, von Gabriele Lura belogen worden zu sein. Aber sie hatte schon die unmöglichsten Dinge in ihrer Polizeilaufbahn erlebt, um nicht auch das scheinbar Unmögliche in Erwägung zu ziehen. Sie stellte das Radio ab, als sie an der Ampel der Kreuzung Neue Mainzer Straße und Kaiserstraße stand. Ihr ging das Testament nicht aus dem Kopf und die erstaunlich hohe Lebensversicherung, die Lura erst vor einem halben Jahr abgeschlossen hatte. Was hatte ihn dazu getrieben, sich auf einmal so generös zu zeigen, hatte er sich doch all die Zeit zuvor als wahrer Kotzbrocken dargestellt? Ihn würde man nicht mehr fragen können, aber wusste Gabriele Lura wirklich nichts von diesen Papieren? Sosehr Durant sich auch anstrengte, sie fand keinen roten Faden, an dem sie sich orientieren konnte. Vielleicht kam ihr ja wie schon so manches Mal Kommissar Zufall zu Hilfe. Vielleicht, nein, hoffentlich.
Donnerstag, 8.20 Uhr
Hellmer, Kullmer, Seidel und Berger saßen hinter ihren Schreibtischen, als Julia Durant kam. Sie grüßte Berger und wollte bereits in ihr Büro gehen, als der sie zurückhielt.
»Nicht so schnell, Frau Durant. Nur eine Frage – was versprechen Sie sich davon, wenn wir ein CrimeScope einsetzen? Meinen Sie nicht, dass das des Aufwands ein wenig zu viel wäre? Bedenken Sie die Kosten, die damit verbunden sind und die ich vor dem Staatsanwalt rechtfertigen muss.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Es war ja nur eine Idee von mir. Wir müssen zumindest in Betracht ziehen, dass Lura schon tot war, als der Mercedes das Grundstück verließ. Ob Lura hinter dem Steuer gesessen hat, wird uns wohl keiner beantworten können, denn die Scheiben sind so dunkel getönt, dass man den Fahrer unmöglich erkennen kann. Nehmen wir an, Lura wurde in seinem Haus getötet, seine Leiche eingewickelt in was immer in den Kofferraum gelegt und weggefahren. Dann wurde er entweder irgendwo deponiert oder in ein anderes Fahrzeug umgeladen und anschließend oder zeitgleich sein Mercedes in Höchst abgestellt. Genauso wenig wissen wir, ob wir es mit einem oder mehreren Tätern zu tun haben. Wir kennen das Tatmotiv nicht, da wir noch viel zu wenig über seine geschäftlichen und auch privaten Aktivitäten wissen. Fakt ist aber, dass in seinem Arbeitszimmer ein Testament und eine sehr hohe Lebensversicherung gefunden wurden. Ergo spricht erst mal alles gegen seine Frau. Ich will aber trotzdem nicht glauben, dass sie etwas damit zu tun hat. Er kann genauso umgebracht worden sein, ohne dass sie auch nur das Geringste davon mitbekommen hat. Das Haus und das Grundstück sind schließlich groß genug. Es kann aber auch sein, dass sie den Mord von langer Hand geplant und ihren Mann mithilfe eines Komplizen ermordet hat. Das sind aber alles nur Spekulationen, denn wer sagt uns, dass Lura nicht docham Dienstag wie immer um acht das Haus verlassen hat und nur ein paar Straßen weiter Opfer eines Überfalls wurde? Es kann der rachsüchtige Freund oder Ehemann eines seiner früheren Opfer sein, seinen Bruder dürfen wir auch nicht außer Acht lassen, und dieser Dr. Becker könnte ebenfalls seine Finger im Spiel haben. Er ist der Erste auf unserer Liste heute Morgen. Und Kullmer und Seidel sollen sich diesen Arzt, einen gewissen Dr. Meißner, vornehmen und ihn ausquetschen. Der hat auch eine Menge Drecksarbeit für Lura erledigt …«
»Wer ist dieser Meißner?«, fragte Berger.
»Er ist immer dann angetanzt, wenn Frau Lura zusammengeschlagen wurde. Er hat sie versorgt und sie mit hohen Dosen an Beruhigungsmitteln voll gepumpt. Und ich pfeif auf die ärztliche Schweigepflicht, Kullmer soll ihn von mir aus richtig hart rannehmen, denn solche Ärzte gehören meiner Meinung nach aus der Ärztekammer ausgeschlossen. Wer weiß, was für Schweinereien der noch deckt. Erst dieser Becker, dann Meißner, das kommt mir alles vor, als ob der Lura ein verkappter Mafiaboss ist.«
»Jetzt bleiben Sie mal auf dem Teppich«, sagte Berger lachend. »Nach alldem, was Sie bis jetzt über Ihren Mafiaboss in Erfahrung bringen konnten, was für ein Bild haben Sie dabei von ihm
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