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Das verlorene Gesicht

Das verlorene Gesicht

Titel: Das verlorene Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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einzige Grund, warum Sie mir dieses Angebot machen.«
    »Mein Gott, nein.« Jetzt war sowohl die Härte als auch die Angst aus ihrer Stimme gewichen. Nur noch Erschöpfung und Trauer klangen mit. »Sie lehnen ab?«
    »Das habe ich Ihnen doch gesagt.«
»Wäre es denn so schlimm, wenn ich im Weißen Haus bliebe? Sehen Sie sich doch an, was ich durch Kevin erreicht habe. Das neue Gesetz, um Medicare zu retten. Härtere Gesetze im Tier- und Kinderschutz. Es bestehen gute Aussichten, dass ich die Gesundheitsreform noch vor der Wahl durchbringe. Wissen Sie, dass das fast an ein Wunder grenzt, angesichts der Tatsache, dass wir nicht die Mehrheit im Kongress besitzen?« Ihre Stimme war von eindringlicher Verzweiflung. »Dabei habe ich gerade erst angefangen. Es gibt noch viel zu viele Dinge, die ich für die nächste Amtszeit geplant habe. Lassen Sie mich meine Pläne verwirklichen, Eve.«
»Um sich damit unsterblich zu machen? Ich betrachte Mord nicht als zulässiges Mittel, um Gesetze durch den Kongress zu bringen.«
»Bitte. Überlegen Sie es sich noch einmal.«
»Auf keinen Fall.«
Schweigen. »Es tut mir Leid. Ich wollte es Ihnen leicht machen. Nein, das stimmt nicht. Ich wollte es mir leichter machen. Ich wollte das alles beenden.« Lisa räusperte sich. »Sie schätzen Ihre Position falsch ein, Eve. Sie ist nicht so stark, wie Sie glauben, und jede Münze hat zwei Seiten. Ich hoffe, ich kann Ihnen später noch einmal eine Chance geben, aber ich bezweifle es. Ich muss handeln. Vergessen Sie nicht, dass es Ihre Entscheidung war.« Sie legte auf.
Eve hatte geglaubt, sie hätte den Charakter und die Beweggründe dieser Frau durchschaut, aber sie war nicht bis in die Tiefe vorgedrungen. Sie fragte sich, ob irgendjemand in der Lage war, Lisa Chadbourne wirklich zu durchschauen. Sie hatte sie sich als gewissenloses Monster vorgestellt, als einen Menschen wie Fraser, aber die Frau, mit der sie gerade gesprochen hatte, war sehr menschlich.
Aber nicht verletzlich. Sie mochte vielleicht kein Monster sein, aber ihre Zielstrebigkeit war durch nichts zu erschüttern.
Eves Hand zitterte, als sie das Telefon auf den Tisch legte. Gott, sie hatte solche Angst. Sie hatte angenommen, einen winzigen Vorteil zu haben, weil sie sich mit Lisa Chadbourne beschäftigt hatte und sie zu kennen glaubte.
Der Vorteil war verflogen. Nicht nur hatte sie sich geirrt, als sie glaubte, Lisa Chadbourne zu kennen, sondern diese Frau hatte sich auch mit ihr beschäftigt. Lisa Chadbourne kannte Eve.
Zwei Seiten einer Münze.
Bestechung auf der einen Seite. Mord auf der anderen. Sie hatte Lisas Angebot abgelehnt und jetzt musste sie mit den Konsequenzen leben.
Warum zum Teufel konnte sie nicht aufhören zu zittern? Es war, als wäre Lisa bei ihr im Zimmer gewesen und – Ein Klopfen an der Tür.
Erschrocken fuhr sie herum.
Machen Sie niemandem die Tür auf, hatte Logan gesagt. Zwei Seiten einer Münze.
Herrgott noch mal, Lisa Chadbourne war kein übernatürliches Wesen, das sich in dieses Motel beamen konnte. Eve stand auf und ging an die Tür. Und Mörder klopften nicht höflich an.
Das zweite Klopfen klang allerdings nicht mehr höflich. Es war hart, ungeduldig und fordernd.
»Wer ist da?«
»Logan.«
Sie warf einen kurzen Blick durch den Spion. Gott sei Dank. Sie löste die Kette und schloss die Tür auf.
Logan stürmte ins Zimmer. »Packen Sie Ihre Sachen. Sie müssen hier raus.«
»Wo waren Sie so lange?«
»Auf dem Weg hierher.« Er öffnete den Wandschrank, nahm ihre Tasche, ihr Jackett und ihre Windjacke und warf alles auf das Bett. »Ich bin mit dem Taxi zum Baltimore-Washington-Flughafen gefahren, habe mir ein Auto gemietet und bin hierher gefahren.«
»Warum haben Sie mich nicht angerufen?«
Er antwortete nicht.
»Verdammt, warum haben Sie nicht angerufen? Konnten Sie sich nicht denken, dass ich mir Sorgen machen würde?«
»Ich wollte nicht mit Ihnen –« Er öffnete ihre Reisetasche. »Würden Sie bitte packen? Ich möchte Sie hier raus haben.«
»Das DNA-Profil ist noch nicht fertig. Gary hat rausgefunden, dass das Labor den Prozess beschleunigen kann, aber Joe ist noch nicht mit den Vergleichsproben zurück, und Gary sagt, es –«
»Das ist mir völlig egal«, sagte er schroff. »Sie sind aus der Sache raus.«
»Das wird nicht so einfach sein. Haben Sie von Abdul Jamal gehört?«
»Im Radio auf dem Weg hierher.«
Sie sah ihm zu, wie er einen Arm voll Unterwäsche aus der Kommodenschublade nahm und in ihre Tasche stopfte. Seine Kleider

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