Das verlorene Gesicht
warmherzig, und unter normalen Umständen würden Sie sich um
mich kümmern. Aber dies sind keine normalen Umstände.
Also haben Sie einfach ein bisschen Geduld, okay?« Sandra schüttelte den Kopf.
»Na gut, dann versuchen Sie, an etwas anderes zu
denken. Wie wär’s mit einer Runde Blackjack?« »Schon wieder? Sie gewinnen doch immer. Sie müssen
Ihr halbes Leben in Las Vegas verbracht haben.« »Na ja …« Margaret grinste. »Einer meiner Brüder ist
dort Kartengeber.«
»Hab ich’s doch gewusst.«
»Also schön, dann eben nicht Blackjack. Ich opfere mich
und lasse Sie noch mal so ein wunderbares Essen für mich
kochen. Aber Sie sind sich hoffentlich darüber im Klaren,
dass ich aus allen Nähten platzen werde, bis wir hier
rauskommen.«
»Ich bin eine miserable Köchin und das wissen Sie ganz
genau. Hören Sie auf, mich vom Thema abzulenken.« »Also, der Eintopf gestern Abend war besser als das
Chili zu Mittag. Vielleicht werden Sie immer besser.« »Und vielleicht können Kühe fliegen.« Am besten, sie
ließ sich einfach darauf ein, dachte Sandra resigniert.
Margaret konnte ganz schön hartnäckig sein, und wenn sie
kochte, hatte sie wenigstens etwas zu tun. Sie stand auf.
»Ich werde einen Braten machen. Aber Sie machen den
Salat und spülen nachher ab.«
»Immer muss ich die Sklavenarbeit übernehmen«,
stöhnte Margaret. »Okay, fangen wir an.«
Der dritte Versuch war von Erfolg gekrönt.
Fiske beobachtete die beiden Frauen, die geschäftig in der Küche hantierten. Der Duft nach Fleisch und Paprika erinnerte ihn daran, dass er noch nicht gefrühstückt hatte. Offenbar hatte der Duft auch Pilton angelockt, denn er war von der Veranda in die Küche gegangen und unterhielt sich mit Margaret Wilson.
Fiske zog sich vom Fenster in die Büsche zurück und ging durch den Wald zu seinem Wagen, den er in der Einfahrt zu einem leer stehenden Ferienhaus geparkt hatte. Nachdem er Sandra Duncan aufgespürt hatte, konnte er Timwick anrufen und ihn beruhigen. Dann würde er sich bei Lisa Chadbourne melden und ihr von seinen Fortschritten berichten. Nach dem, was er am Morgen im Fernsehen gesehen hatte, nahm er allerdings an, dass sie zu beschäftigt war, um sich über Sandra Duncan Gedanken zu machen.
Eine Schande, was mit Scott Maren passiert war. Der Arzt hatte auf der Liste gestanden, die Timwick ihm gegeben hatte, und Fiske fühlte sich ein bisschen betrogen, weil die Aufgabe einem anderen übertragen worden war.
Er öffnete das Handschuhfach, nahm die Liste heraus und strich Marens Namen durch. Das ging zwar nicht auf sein Konto, aber er wollte die Liste auf dem neuesten Stand halten.
Er trug einen neuen Namen in die Liste ein. Sorgfältig schrieb er Joe Quinn an die unterste Stelle. Kesslers Assistent war am Abend zuvor sehr hilfreich gewesen.
Er nahm die Fotos von Quinn und Kessler heraus, die Timwick ihm zugefaxt hatte, und studierte sie eingehend. Kessler war alt und wahrscheinlich keine große Herausforderung, aber Quinn war jung und durchtrainiert, und er war ein Bulle. Das konnte interessant werden.
Er warf einen Blick auf den Straßenatlas, der aufgeschlagen auf dem Beifahrersitz lag. Kesslers Assistent hatte nichts darüber gewusst, womit dieser sich in letzter Zeit befasst hatte, aber er kannte seine Arbeitsweise, seine Methoden, seine Freunde, seinen Modus Operandi.
Er wusste, dass er mit Chris Tellers Labor in Bainbridge zusammenarbeitete.
Jetzt konnte Lisa Chadbourne sich also aussuchen, wen er als Nächsten aufs Korn nehmen sollte.
»Na, wie war ich?«, fragte Kevin. »War die Presseerklärung gut? Meinst du, ich hätte Douglas sagen sollen, ein bisschen härter zu sein?«
»Du warst großartig«, sagte Lisa geduldig. »Die Presseerklärung war genau richtig. Du hast dein Bedauern deutlich zum Ausdruck gebracht und Logan als gefährlich genug dargestellt, dass wir einen Grund haben, nach ihm fahnden zu lassen.«
»Selbstverteidigung.« Er nickte. »Es müsste funktionieren.« »Es wird funktionieren.« Sie reichte ihm einen Text, den sie gerade ausgedruckt hatte. »Das musst du auswendig lernen. Aber ich will, dass es so klingt, als würde es dir spontan einfallen.«
»Was ist das?«
»Eine Lobrede auf Scott Maren.«
Er überflog den Text. »Rührend.«
»Ein bisschen auf die Tränendrüse zu drücken kann
nicht schaden. Er war einer von Bens besten Freunden.« »Und von deinen.« Kevin starrte immer noch auf den Text für seine Rede, dann sagte er zögernd: »Stimmt doch?«
Sie zuckte
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