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Das verlorene Gesicht

Das verlorene Gesicht

Titel: Das verlorene Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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widmen kann, die mir wichtig sind.« Dann fügte sie kühl hinzu: »Ach ja, ich möchte Sie wie einen Trottel dastehen sehen. Das wünsche ich mir so sehr, dass ich möglicherweise sogar für Chadbourne
Wahlkampf machen würde.«
»Das ist alles?«
Sie bemühte sich, einen neutralen Gesichtsausdruck zu
wahren. Er sollte keine Schlüsse ziehen können. Er sollte
nicht sehen, welche Panik sie in der vergangenen Nacht
hatte überwinden müssen. Er durfte nichts in der Hand
haben, was er gegen sie benutzen konnte. »Das ist alles.
Wann brechen wir auf?«
»Nach Mitternacht.« Er verzog den Mund zu einem
schiefen Grinsen. »Wie es sich für solch ein fragwürdiges
Unterfangen gehört. Wir werden die Limousine nehmen.
Es ist nur eine Stunde Fahrt von hier aus.«
Sie schaute zu Gil hinüber. »Kommen Sie auch mit?« »Das würde ich mir nicht entgehen lassen. Ich kann
mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal einen
Schädel ausgebuddelt habe. Noch dazu einen, der so
interessant zu sein verspricht.« Er zwinkerte ihr zu. »›Ach,
armer Yorick! Ich kannte ihn, Horatio.‹«
Eve ging zur Tür. »Dieses Zitat trifft die Sache jedenfalls
besser als alles, was Logan mir bisher gesagt hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Schädel Shakespeares Yorick
gehört, ist viel größer als die, dass er Kennedy gehört.«
    »Sie sind unterwegs, Timwick«, sagte Fiske ins Telefon. »Price, Logan und die Duncan. Sie sind gerade durch das
Tor gefahren.«
»Seien Sie vorsichtig. Sie werden alles ruinieren, wenn
die merken, dass sie verfolgt werden.«
»Kein Problem. Wir brauchen erst nahe an sie
ranzukommen, wenn es so weit ist. Kenner hat einen
Sender an der Limousine angebracht, als Price in der
Wohnung der Bentz war. Wir werden warten, bis sie auf
einer einsamen Straße sind, dann überholen wir sie und –« »Nein, Sie werden warten, bis sie ihr Ziel erreicht haben,
bevor Sie zuschlagen.«
»Das ist möglicherweise nicht der ideale Ort. Ich sollte –« »Scheiß auf den idealen Ort. Sie warten, bis sie ihr Ziel
erreicht haben. Kapiert, Fiske? Lassen Sie Kenner das
machen. Ich habe ihm genaue Anweisungen gegeben und
Sie werden tun, was er sagt.«
Fiske legte auf. Dieser Arsch. Es war schon schlimm
genug, dass er Timwick nachgeben musste, ohne dass er
sich auch noch von Kenner herumkommandieren lassen
musste. Dieser Armleuchter war ihm während der letzten
vierundzwanzig Stunden schon reichlich auf die Nerven
gegangen.
»Haben Sie jetzt begriffen, dass ich das Sagen habe?«,
raunzte Kenner auf dem Fahrersitz. »Sie begleiten mich
und tun, was ich sage.« Mit einer Kopfbewegung wies er
auf die beiden Männer auf dem Rücksitz. »Genau wie die
beiden da hinten.«
Fiske starrte auf die Rücklichter der Limousine in der
Ferne. Er holte tief Luft und versuchte, sich zu
entspannen. Das würden sie ja noch sehen. Er würde
seinen Job erledigen, ohne sich von Kenner beirren zu
lassen. Er würde die drei Figuren in der Limousine töten
und ihre Namen von der Liste streichen.
Und dann würde er seine eigene Liste anlegen, mit
Kenners Namen obenauf.
Das Maisfeld hätte eigentlich an etwas typisch Bäuerliches erinnern müssen, aber sie konnte an nichts anderes denken als an einen Horrorfilm über eine Bande von gruseligen
Kindern, die in einem Maisfeld lebten.
Hier waren keine Kinder.
Nur Tod.
Und ein Schädel, der in der fruchtbaren braunen Erde
vergraben lag.
Und wartete.
Langsam stieg sie aus dem Wagen. »Ist er hier?« Logan nickte.
»Das Feld wirkt gut gepflegt. Wo ist das Farmhaus?« »Etwa fünf Meilen weiter nördlich.«
»Ein riesiges Feld. Ich hoffe, Donnelli hat Ihnen genaue
Hinweise gegeben.«
»Hat er. Ich habe sie im Kopf.« Er stieg aus dem Wagen.
»Ich weiß genau, wo er sich befindet.«
»Ich kann nur hoffen, dass diese Angaben stimmen.« Gil
hatte den Kofferraum geöffnet und holte zwei Schaufeln
und eine große Taschenlampe heraus. »Graben ist nicht
gerade meine Lieblingsbeschäftigung. Während meiner
Studentenzeit hab ich mal einen Sommer lang als Straßenarbeiter gejobbt und damals hatte ich mir geschworen, nie
wieder eine Schaufel in die Hand zu nehmen.«
»Geschieht dir recht.« Logan nahm die Taschenlampe
und eine der Schaufeln. »Man soll niemals nie sagen.« Er
stapfte in das Maisfeld hinein.
»Kommen Sie mit?«, fragte Gil Eve, als er sich
daranmachte, Logan zu folgen.
Sie rührte sich nicht.
Sie roch die Erde, in der der Tod wartete.
Sie hörte den Mais im Wind rascheln.
Sie spürte, wie es ihr bei dem Gedanken, in

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