Das verlorene Gesicht
Konterfei erscheint ziemlich häufig in der Zeitung. Aber wer ist Albert Fiske?« »Ein Name, zu dem ich ein Gesicht brauche. Bis morgen, Joe.« Sie schaltete das Handy aus. Lakewook. O Gott, Lakewood. Sie steckte das Handy in ihre Handtasche und stand auf. Sie konnte den Fernseher im Nebenzimmer hören. Logan und Gil erfuhren gerade von Lakewood. Aber Logan musste bereits davon wissen. Der Anwalt war sein Schnüffler und mit Logans Geld waren alle Einzelheiten über ihre Vergangenheit ausgegraben worden. Schon wieder Logan. Zur Hölle mit ihm. Gil und Logan schauten auf, als sie das Zimmer betrat. »Das Netz zieht sich zu«, sagte Logan, als er den Fernseher ausschaltete. »Ja. Ich bin psychisch krank und Sie sind tot«, erwiderte Eve durch die Zähne. »Sie wollen es uns schwer machen, noch irgendeinen Schritt zu unternehmen.« »Nicht schwer. Unmöglich«, korrigierte Gil. »Waren Sie wirklich in Lakewood?« »Fragen Sie Logan.« Logan schüttelte den Kopf. »Davon habe ich nichts gewusst. Ich schätze, Novak hat sich das aufbewahrt, um es Timwick zu verkaufen.« »Sie wussten, dass er mit ihm zu tun hat?« »Ich hatte den Verdacht. Novak ist ehrgeizig.« Er überlegte. »Aber die Frage ist, wie wertvoll diese Information für sie ist. Wie lange waren Sie in Lakewood?« »Drei Wochen.« »Wer hat Sie eingeliefert?« »Joe.« »Lieber Himmel. Die Behörden. Kein gutes Image.« »Es waren nicht die Behörden«, sagte sie gereizt. »Es war Joe.« »Quinn war damals beim FBI.« »Aber die wussten nichts davon. Niemand wusste davon. Nicht einmal meine Mutter.« »Sie ist Ihre nächste Angehörige. Sie muss davon gewusst haben.« Eve schüttelte den Kopf. »Lakewood ist keine staatliche Einrichtung. Es ist ein kleines privates Krankenhaus in South Georgia. Joe hat mich unter einem anderen Namen eingeliefert. Anna Quinn. Er hat mich als seine Frau ausgegeben.« »Und Sie sind freiwillig dorthin gegangen?« Sie lächelte schief. »Nein, Joe kann sehr durchsetzungsfähig sein, wenn er will. Er hat mich dazu gedrängt.« »Warum?« Sie antwortete nicht. »Warum, Eve?« Egal. Er würde es sowieso herausfinden. »An dem Abend nach Frasers Hinrichtung habe ich eine Überdosis Beruhigungsmittel geschluckt. Ich wohnte in einem Motel in der Nähe des Gefängnisses. Joe kam, um nach mir zu sehen, und fand mich.« Sie zuckte die Achseln. »Er brachte mich dazu, dass ich mich mehrmals übergab, und dann marschierte er mit mir durch das verdammte Motelzimmer hin und her, bis ich außer Gefahr war. Anschließend brachte er mich nach Lakewood. Er blieb drei Wochen lang mit mir dort. Anfangs wollten sie mich ruhig stellen, aber er erklärte ihnen, dass er mich nicht deshalb zu ihnen gebracht hatte. Er bestand darauf, dass ich mit jedem einzelnen Seelenklempner in der Klinik redete. Über Bonnie. Über Fraser. Über meine Mutter. Ich sollte sogar über meinen Vater reden, den ich seit meiner frühesten Kindheit nicht mehr gesehen hatte.« Sie verzog das Gesicht. »Aber er hatte das Gefühl, dass ich mich den lieben Ärzten gegenüber nicht genug öffnete, deswegen meldete er mich nach drei Wochen wieder ab und fuhr für eine Woche mit mir auf die Cumberland-Insel.« »Cumberland-Insel?« »Eine ziemlich unberührte Insel vor der Küste. Es gibt dort nur ein einziges Hotel, aber da haben wir nicht gewohnt. Wir haben gezeltet und Joe hat mich seiner eigenen Therapie unterzogen.« »Und haben Sie sich ihm gegenüber geöffnet?« »Joe ließ mir keine Wahl.« Ihre Mundwinkel zuckten. »Wie gesagt, er kann sehr durchsetzungsfähig sein. Er wollte nicht zulassen, dass ich durchdrehe oder mich umbringe. Das wollte er auf keinen Fall. Also musste ich mitspielen.« »Quinn muss ein eindrucksvoller Typ sein«, meinte Gil. »O ja. Daran besteht kein Zweifel. Einen wie ihn gibt’s nicht noch mal.« Sie trat ans Fenster und schaute auf das Meer hinaus. »Ich habe ihn bekämpft wie eine Tigerin. Aber er hat nicht lockergelassen.« »Ich wünschte, er hätte die Lakewood-Akten tiefer vergraben.« »Ich auch. In der Gegend, wo ich aufgewachsen bin, gab es eine Menge Verrückte, aber ehe man in eine Anstalt eingeliefert wurde, musste man wirklich vollkommen daneben sein. Joe denkt anders als wir. Er ist sehr direkt. Wenn etwas kaputtgeht, sucht man einen Spezialisten auf, der es wieder repariert. In seinen Augen ist man nicht stigmatisiert, wenn man in einer psychiatrischen Klinik behandelt wird. Das hat ihn nicht abgeschreckt.« »Und Sie?«, fragte
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