Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verlorene Gesicht

Das verlorene Gesicht

Titel: Das verlorene Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
Vom Netzwerk:
Detwil?«
    »Zum Beispiel. Vor allem ihre Körpersprache. Gesichtsausdruck. Das alles sagt eine Menge aus.«
    »Wirklich?« Logans Augen verengten sich. »Ich glaube kaum, dass man daraus etwas ablesen kann. Ich bin sicher, dass sie ihre Gefühle gut verbergen kann.«
    Eve zuckte die Achseln. »Ich bin Künstlerin und ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, aus dem Gesichtsausdruck von Menschen Schlüsse zu ziehen. Als ich mit der Arbeit als forensische Präparatorin anfing, habe ich sogar einen Kurs besucht über Gesichtsausdruck und Körpersprache und die psychologischen Zusammenhänge. Bei der Identifizierung von Personen kommt es vor allem auf den Gesichtsausdruck an. Ein Gesicht ohne Ausdruck ist wie eine leere Seite.«
    »Und was haben Sie über Lisa Chadbourne gelernt?«
    »Sie ist arrogant, mutig, aber auch vorsichtig. Vielleicht ein bisschen eitel.« Sie runzelte die Stirn. »Nein, nicht eitel. Dazu ist sie zu selbstbewusst. Sie weiß, wer sie ist, und sie gefällt sich.«
    »Selbstgefällig?«
     
    Eve schüttelte den Kopf. »Nein.« Sie zögerte. »Sie ist … äußerst zielstrebig … und vielleicht ein bisschen einsam.«
    »Sie scheinen ja eine richtige Kristallkugel zu besitzen«, sagte Gil. »Manches ist natürlich Spekulation. Vielleicht sogar eine ganze Menge. Die meisten Menschen haben ihre Gesichtsmuskeln ganz gut unter Kontrolle. Bis auf die um die Augen. Die sind schwer zu beherrschen. Aber selbst das Fehlen eines Gesichtsausdrucks kann manchmal eine Geschichte erzählen.« Sie kam wieder auf Lisa Chadbourne zurück. »Ich wette, sie hat nur sehr wenige gute Freunde und sie hält alle anderen auf Distanz.« Logan hob die Brauen. »Das war aber nicht mein Eindruck, als ich sie kennen gelernt habe. Ich versichere Ihnen, niemand könnte herzlicher und geselliger sein, und sie kann besser mit Menschen umgehen als jeder andere, den ich kenne.« »Und sie ist gut genug, Sie zu täuschen. Sie hat ihren ganzen Charme spielen lassen. Die Welt wird immer noch von Männern regiert und sie ist entschlossen, mit ihnen zurechtzukommen. Das ist wahrscheinlich mittlerweile zu ihrer zweiten Natur geworden.« »Aber sie ist nicht gut genug, dass Sie auf sie hereinfallen?« »Es ist vielleicht nur deshalb, weil Sie mir die Bänder zur Verfügung gestellt haben, auf denen ich ihre Gestik und ihre Mimik studieren konnte. Sie ist sehr beeindruckend und benimmt sich fast nie untypisch. Wenn es doch einmal passiert, dann nur für den Bruchteil einer Sekunde, dann hat sie sich wieder in der Gewalt.« Sie hob die Schultern. »Gut, dass man bei einem Video das Bild anhalten kann. Das kann sehr aufschlussreich sein.« »Sie sind also zu dem Schluss gekommen, dass sie eine einsame, missverstandene Frau ist, die unschuldig in ein Verbrechen verwickelt wurde?«, sagte er spöttisch. »Nein, ich glaube, sie könnte töten. Sie strahlt die Entschlossenheit und Intensität einer Atombombe aus. Ich glaube, sie könnte alles tun, was sie für nötig hält, und sie würde sich niemals mit einer Rolle als Randfigur abspeisen lassen. Sie würde immer ihren Willen durchsetzen.« Eve schaltete den Fernseher wieder ein. »Ich fürchte, ich war zu beschäftigt, um mir die Nachrichten anzusehen. Das können Sie jetzt auch selbst nachholen.« »Sie ziehen aber eine ganze Menge Schlüsse aus diesen Videobändern.« »Glauben Sie mir oder lassen Sie es bleiben. Das interessiert mich nicht im Geringsten.« »Oh, ich glaube durchaus, dass Körpersprache und Gesichtsausdruck sehr verräterisch sein können. Das Studium dieser Dinge gehört zu den wichtigsten Kursen auf den Seminaren, zu denen ich alle meine wichtigen Mitarbeiter schicke. Wir müssen einfach sehr vorsichtig in unserer Einschätzung von Lisa Chadbourne sein.« »Wir müssen bei allem, was mit ihr zu tun hat, vorsichtig sein.« Sie ging auf die Haustür zu. »Ich gehe raus auf den Pier.« »Darf ich Sie begleiten?«, fragte Logan. »Nein, ich kann mich nicht erinnern, dass ich eingeladen wurde mitzukommen, als Sie mit Gil spazieren gegangen sind.« »Ups«, sagte Gil. Sie lief die Verandastufen hinunter. Der Strand war menschenleer bis auf ein paar Jugendliche, die in einigen hundert Metern Entfernung Volleyball spielten. Wahrscheinlich sollte sie sich vorsehen, dass niemand sie erkannte. CNN hatte garantiert ein Foto von der verrückten Psychopathin veröffentlicht, die Logan ermordet hatte. Verrückt. Bei dem Wort zuckte sie zusammen. Zur Hölle mit Lisa Chadbourne. Sie hatte den

Weitere Kostenlose Bücher