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Das verlorene Gesicht

Das verlorene Gesicht

Titel: Das verlorene Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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los. Ich habe einen Termin. Ich melde mich wieder.« Sie legte auf und wollte gerade die Datei über Eve Duncan schließen, doch dann zögerte sie. Sie betrachtete Eves Gesicht. Eve reagierte schnell, um weiteren Schaden zu vermeiden. Lisa hatte bereits geahnt, dass Eve versuchen würde, ihre Mutter in Sicherheit zu bringen, obwohl Sandra verdammt wenig für sie getan hatte. Sie hatte ihre Tochter als Straßenkind aufwachsen lassen und nichts dagegen unternommen, dass Eve schwanger wurde und ein uneheliches Kind zur Welt brachte. Dennoch hatte Eve ihrer Mutter offenbar verziehen und verhielt sich ihr gegenüber loyal. Loyalität war eine seltene und wertvolle Tugend. Je mehr Lisa die Akte dieser Frau studierte, umso mehr begann sie, Eve zu bewundern … und zu verstehen. Sie entdeckte immer mehr Ähnlichkeiten zwischen sich und ihr. Lisas Eltern waren liebevoll und fürsorglich gewesen, aber auch sie, Lisa, hatte sich aus kleinen Verhältnissen hochgearbeitet und sich gegen alle gesellschaftlichen Schwierigkeiten durchgesetzt. Was ging ihr eigentlich durch den Kopf?, fragte sie sich gereizt. Sie durfte sich nicht beirren lassen, bloß weil sie eine gewisse Sympathie für Eve Duncan empfand. Sie hatte einen Weg gewählt und sie musste ihn bis ans Ende gehen. Egal, wer ihr in die Quere kam.

Kapitel 14
    »Sie haben es ja tatsächlich geschafft«, sagte Joe griesgrämig, als er auf den Wagen zukam. »Das wundert mich. Diese Kiste sieht aus, als hätte sie schon ein paar Meilen hinter sich.«
    »Sie ist unauffällig.« Logan stieg aus und trat auf Joe zu. »Wäre es Ihnen lieber, wenn ich Eve in einem roten Lamborghini rumkutschierte?«
    »Es wäre mir lieber, wenn Sie sie überhaupt nicht rumkutschierten.« Er sah Logan direkt ins Gesicht. »Es wäre mir lieber, wenn Sie ihr nie begegnet wären, Sie Mistkerl.«
    Gott, war er sauer, dachte Eve. So aggressiv hatte sie Joe noch nie erlebt und Logan knurrte wie ein Wachhund. Hastig stieg sie aus dem Wagen. »Steig hinten mit mir ein, Joe. Logan, Sie fahren uns nach Emory.«
    Keiner der beiden Männer rührte sich.
     
    »Verdammt, ihr zieht zu viel Aufmerksamkeit auf euch.
    Los, mach schon, Joe.« Schließlich stieg er ein. Sie holte erleichtert Luft und nahm ebenfalls im Wagen
    Platz. »Fahren Sie los, Logan.« Logan setzte sich hinter das Steuer und ließ den Motor an. »Hast du meiner Mutter ein Foto von Margaret
    zukommen lassen?«, fragte sie Joe. »Gestern Abend.« Er starrte auf Logans Hinterkopf.
    »Als ich die Gegend ausgekundschaftet habe, bin ich auf seine Sicherheitsleute gestoßen. Ich hätte sie beinahe verhaftet, ehe ich sie dazu brachte, sich auszuweisen.«
    »Hat sich sonst noch irgendjemand beim Haus rumgetrieben?«, fragte Logan.
    »Anscheinend nicht. Keine offenkundige Überwachung.« »Sie würden sie auch nicht bemerken; wenn sie schon jemand schicken, dann sind es gute Leute. Sehr gute. Mit den besten Überwachungsgeräten ausgerüstet, die der Markt hergibt.« »Warum?« Joe wandte sich an Eve. »Was zum Teufel geht hier vor? Sprich mit mir.« »Hast du mir die Fotos von Timwick und Fiske besorgt?« Er langte in seine Brusttasche und brachte einen Umschlag zum Vorschein. »Das kommt noch dazu. Ich habe diesen Mr Fiske überprüft. Der Typ ist gemeingefährlich. Du dürftest dich noch nicht mal in Hörweite von diesem Schwein begeben.« »Ich werd mir Mühe geben.« Er sah gar nicht gefährlich aus, dachte sie abwesend, eher wie ein typischer Butler. Freundliche, haselnussbraune Augen. Seine Nase war lang und aristokratisch, und sein grau melierter, sauber gestutzter Schnurrbart war der Inbegriff von Korrektheit. Obwohl er nicht älter als Ende dreißig wirkte, war sein kurz geschnittenes, braunes Haar an den Schläfen schon ergraut und deutlich schütter. An James Timwick war überhaupt nichts aristokratisch. Er hatte ein breites Gesicht, beinahe slawisch, und blassblaue Augen. Er war jünger, als sie erwartet hatte, vielleicht Anfang vierzig, und er hatte pechschwarze Haare. »Und jetzt erzähl mir, wozu du diese beiden Fotos brauchst«, sagte Joe. Weil ich das Gesicht des Feindes sehen wollte, das Gesicht der Männer, die versuchen, mich zu töten. Aber das war keine Erklärung, die sie Joe geben konnte, der kurz vor dem Explodieren stand. »Ich dachte, es könnte nützlich sein.« Sie steckte die Fotos in ihre Handtasche. »Vielen Dank, Joe.« »Bedank dich nicht bei mir. Sag mir, was ich wissen muss.« Sie musste einen letzten Versuch machen.

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