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Das verlorene Gesicht

Das verlorene Gesicht

Titel: Das verlorene Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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alte Knacker macht sich selbst was vor, so wie ich?« »Sie machen sich nichts vor. Jeder sieht, was er sehen will. Jeder hat ein Bild von sich selbst.« Sie versuchte zu lächeln. »Und, verdammt, Sie sind nicht alt und Sie werden sich nicht zur Ruhe setzen. Ich brauche Sie.« »Stimmt. Man muss schon ein außergewöhnlich gutmütiger Mensch sein, um mit Ihrer Dickköpfigkeit und Ihren vielen Fehlern klarzukommen. Ich werde wohl noch ein Weilchen durchhalten müssen, um Sie auf Trab zu halten – Mist.« Er schob den Zahn beiseite. »Schon wieder eine Niete. Gehen Sie. Sie bringen mir Unglück.« »Na, das ist ja eine hochwissenschaftliche Feststellung.« Sie wandte sich ab. »Rufen Sie mich, wenn Sie mich brauchen.« »Das ist unwahrscheinlich.« Er beugte sich wieder über den Schädel, als sie wegging. »Irgendwelche Fortschritte?« Logan richtete sich auf seinem Stuhl am anderen Ende des Raums auf. »Noch nicht.« »Im Hinterzimmer steht eine Liege. Machen Sie doch ein Nickerchen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich muss hier bleiben für den Fall, dass er es sich anders überlegt und doch Hilfe braucht.« Sie setzte sich neben ihn und lehnte den Kopf gegen die Wand. »Ich trage die Verantwortung. Ich habe ihn in diese Sache hineingezogen.« »Es scheint ihm aber Spaß zu machen.« Logans Blick war auf Kessler fixiert. »Auf intellektuelle Weise.« »Intellektuell? Gott, er hält sich für Schwarzkopf oder Eliot Ness oder Lancelot oder –« Sie holte tief Luft, dann sagte sie eindringlich: »Und Sie sorgen gefälligst dafür, dass ihm nichts geschieht. Ich hätte mich an Ihren Mann an der Duke University wenden sollen. Aber ich habe an nichts anderes gedacht als daran, wer der Beste für den Job ist. Ich habe mir gar nicht überlegt, in welche Gefahr wir Gary bringen.« »Sobald wir die DNA-Probe und eine eidesstattliche Erklärung haben, werden wir ihn von der Bildfläche verschwinden lassen.« »Wie meine Mutter?« »Ich habe Ihnen gesagt, sie ist in Sicherheit. Sie haben doch mit ihr gesprochen, Eve.« »Sie ist nicht in Sicherheit. Sie wird erst in Sicherheit sein, wenn das hier vorbei ist.« Keiner von ihnen war in Sicherheit. Joe und Gary und ihre Mutter waren in diese Sache hineingezogen worden und Eve war daran schuld. »Okay, sie ist nicht so vollkommen in Sicherheit, wie es mir lieb wäre«, sagte Logan. »Aber es ist das Beste, was ich im Moment tun kann.« Er überlegte. »Kessler scheint Sie aufgebracht zu haben. Was hat er gesagt?« Nazis und Schwanengesänge und ein junger Mann im Spiegel. »Nichts Besonderes. Nichts Wichtiges.« Es war eine Lüge. Garys Leben war wichtig. Die Tatsache, dass sie nie etwas von Garys Vergangenheit geahnt hatte, war wichtig. Es war eine Nacht der Offenbarungen, dachte sie erschöpft. Logan, Joe und jetzt Gary. Sie schloss die Augen. »Passen Sie auf ihn auf, okay?«
    Das Weiße Haus 7.20 Uhr
    »Kessler«, sagte Lisa, als Timwick den Hörer abnahm. »Überprüfen Sie Kessler an der Emory University.« »Ich weiß, was ich zu tun habe, Lisa. Ich überprüfe Kessler. Er steht auf meiner Liste.«
    »Dann setzen Sie ihn weiter oben auf Ihre Liste. Duncan hat mehrmals mit Kessler zusammengearbeitet. Das geht aus dem Material auf der CD hervor, die Sie mir geschickt haben.«
    »Sie arbeitete mit allen möglichen Leuten zusammen.« Sie hörte ihn mit Papieren rascheln. »Und sie hatte seit zwei Jahren nichts mehr mit ihm zu tun.«
    »Aber er war der erste Anthropologe, mit dem sie je zusammengearbeitet hat. Sie haben gemeinsame Erfahrungen. Das muss ihr etwas bedeuten.«
    »Und warum hat sie dann in letzter Zeit nicht mehr mit ihm gearbeitet? Logan hat sich nach Crawford erkundigt in –« »Sind sie an der Duke University aufgetaucht?« »Nein, aber es ist noch ziemlich früh.« »Früh? Sie hätten sie längst erwischen müssen. Die Zeit läuft uns davon. Setzen Sie Kessler ganz oben auf Ihre Liste.« Sie legte auf. Sie hätte nicht so ungehalten sein dürfen; das war unklug. Je mehr Timwick unter Druck geriet, umso wütender wurde er und umso mehr versuchte er, das Heft in die Hand zu bekommen. Aber, Herrgott noch mal, wie konnte ein intelligenter Mann so wenig Phantasie besitzen? Konnte er nicht begreifen, dass nicht Logan, sondern Duncan die Schlüsselfigur war? Sie atmete tief durch und bemühte sich, sich zu fassen. Sie durfte nicht in Panik geraten. Sie durfte die Kontrolle nicht verlieren. Okay, sie hatten ein doppeltes Problem. Erstens, Bens Schädel musste

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