Das verlorene Gesicht
sie zu. »Wo will er hin?« »Zu einem Labor in Bainbridge. Er hat die Probe. Ich habe ihm erklärt, ich würde das machen, aber er will das selbst übernehmen.« »Sturer Hund.« Joe ging die Treppe hinunter. »Ich kümmere mich darum, Eve.« »Nein.« Logan kam aus dem Gebäude. »Eve und ich werden Kessler nach Bainbridge folgen. Sie suchen Millicent Babcock auf, Chadbournes Schwester.« »Ich nehme an, Sie wollen eine DNA-Probe von ihr?« »Ja, aber selbst wenn die DNA übereinstimmt, ist das nur ein Hinweis, kein Beweis, der vor Gericht Gültigkeit hat. Wir brauchen auch eine DNA-Probe von Ben Chadbourne. Er und seine Schwester standen sich sehr nahe. Er hat sie während des Wahlkampfs mehrmals besucht und er muss ihr Geburtstagskarten oder Briefe geschickt haben, an deren Umschlägen sich immer noch Speichelspuren befinden. Oder falls er irgendwelche Kleidungsstücke bei ihr gelassen hat, könnte sich womöglich ein Haar –« »Und wie soll ich diese kleinen Erinnerungsstücke beschaffen?« »Das überlasse ich Ihnen.« »Und wo finde ich Chadbournes Schwester?« »In Richmond, Virginia.« »Und Sie versuchen nicht etwa, mich loszuwerden?« »Diesmal nicht. Wir brauchen diese Proben zum Vergleich. Je eher wir sie bekommen, umso eher ist das alles vorbei.« Joe zögerte, dann sagte er: »Okay. Chadbournes DNA und eine Probe von seiner Schwester. Was brauchen Sie von ihr? Blut?« »Vorerst reicht Speichel«, sagte Eve. »Aber die Probe muss gekühlt und sofort verschickt werden.« »Ich werde sie selbst bringen.« Er sah Logan an. »Sie wissen nicht zufällig, ob sie raucht?« Logan schüttelte den Kopf. »Sorry.« Joe zuckte die Achseln. »Speichel ist kein Problem. Wenn sie nicht raucht, trinkt sie wahrscheinlich Kaffee. Das ist neuerdings die Droge der Nation. Aber Chadbournes DNA wird mir Kopfschmerzen bereiten. Briefe sind wahrscheinlich die beste Quelle, aber wie zum Teufel soll ich …« Er lief die Stufen hinunter. »Ich werde mir was einfallen lassen. Ich werde auf Ihren Fersen sein, ehe Sie sich versehen. Und passen Sie gefälligst auf Eve auf, bis ich zurück bin, Logan.« »Würdest du mir einen Gefallen tun und Gary nach Hause begleiten und dort warten, bis wir kommen?«, fragte Eve. »Ich muss noch Bens Schädel und meine Unterlagen einpacken und ich möchte nicht, dass er allein ist.« Eve schaute zu Gary hinüber, der gerade in seinen Wagen stieg. »Pass auf ihn auf, Joe.« »Und überreden Sie ihn dazu, bei einem Anwalt vorbeizufahren und sich eine eidesstattliche Erklärung zu besorgen«, fügte Logan hinzu. Eve sah ihn an. Er zuckte die Achseln. »Tut mir Leid, dass ich so gefühllos bin, aber es empfiehlt sich, sich abzusichern für den Fall, dass irgendwas schief geht.« Er meinte, für den Fall, dass Gary getötet würde, dachte Eve, der plötzlich ganz übel wurde. »Ich besorge die eidesstattliche Erklärung und die verdammten DNA-Proben.« Joe eilte hinter Gary her. »Und Sie bringen Eve von hier weg und schaffen sie von der Bildfläche, Logan.« »In Ordnung.« Logan fasste sie am Ellbogen und schob sie ins Gebäude zurück. »Das ist ein Befehl von Quinn, den ich gern befolge.« Im Labor packte er den Schädel ein, während Eve die Fotos und Ausdrucke einsammelte und in ihrer Tasche verstaute. »Es gibt keinen Flughafen in Bainbridge. Wir müssen mit dem Auto fahren.« »Das ist sowieso sicherer als ein Flugzeug. Besonders, wenn wir von Ihrer Heimatstadt aus starten.« Er ging auf die Tür zu. »Fertig?« Dann hätte sie halt Pech, wenn sie nicht fertig wäre, dachte sie erbittert. Logan war im Begriff aufzubrechen und sie konnte ihm entweder folgen oder riskieren zurückzubleiben. Und das hatte sie nicht vor.
»Versuchen Sie doch, ein wenig zu schlafen«, sagte Logan.
»Sie haben die ganze Nacht gearbeitet. Ich verspreche Ihnen, ich werde uns nicht in einen Graben fahren.«
»Ich will nicht schlafen. Wir sind doch schon lange unterwegs. Es ist fast dunkel. Sind wir nicht bald da?« »Noch etwa eine Stunde.« Eine Stunde war zu lang, wenn Eve so unruhig war. »Haben Sie etwas von Gil gehört?« »Gestern Abend. Bisher nichts Neues. Es wird nicht leicht sein, Maren unauffällig zu kontaktieren. Er ist bestimmt voll mit der Untersuchung meiner Leiche beschäftigt.« »Das ist nicht witzig.« »Finde ich auch nicht, aber lachen würde Ihnen gut tun.« »Ach ja?« »Der Meinung war ich schon immer. Es bewahrt einen davor durchzudrehen.« »Dann bin ich auch dafür.« Sie heftete ihren
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