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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Das stand noch immer in seiner Macht. Seine Augen waren schon fast zugeschwollen, und Blut sammelte sich unter dem Lidrand.
    »Ich habe das Recht, den Namen meines Anklägers zu erfahren«, brachte er mühsam mit seinem zertrümmerten Mund hervor. »Ich möchte für Euch beten.«
    Die Augen des Mannes verengten sich. »Es reicht, sag mir, wo du das Buch versteckt hast.«
    Er schüttelte den Kopf.
    Simeon wurde auf die Beine gezerrt. Sie rissen ihm die Kleidung vom Leib und warfen ihn bäuchlings über einen Karren. Einer hielt ihm die Hände fest, ein anderer die Beine, sodass sein Rücken offen dalag war. Simeon hörte das Zischen von Leder durch die Luft, ehe der Riemen auf seine nackte Haut traf. Vor Schmerzen zuckte sein Körper zusammen. »Wo ist es?« Simeon schloss die Augen, als der Riemen erneut durch die Luft peitschte. »Ist es schon in Carcassona?. Oder hast du es woanders versteckt, Jude?« Der Mann brüllte im Takt der Schläge. »Du wirst es mir sagen. Du. Oder die anderen.«
    Blut strömte aus den aufgeplatzten Striemen auf seinem Rücken. Simeon begann, nach Sitte seiner Väter zu beten, uralte, heilige Worte, in die Dunkelheit hineingeschleudert, um seinen Geist gegen den Schmerz zu wappnen.
    »O ú - est - le - livre?«, stieß der Mann mit jedem Schlag hervor. Es war das Letzte, was Simeon vernahm, ehe die Dunkelheit sich weitete und ihn umschloss.

Kapitel 49
Carcassona
     
    D ie Vorhut der Kreuzfahrer nahm die Straße von Trebes und gelangte am Festtag von Saint-Nazaire in Sichtweite von Carcassonne. Die Wachen auf dem Tour Pinte entzündeten die Feuer. Die Glocken läuteten Alarm.
    Am Abend des darauffolgenden Tages war das französische Lager auf der anderen Seite des Flusses bereits zu einer zweiten Stadt aus mächtigen Zelten und Pavillons gewachsen, mit Fahnen und goldenen Kreuzen, die in der Sonne glänzten. Adelige aus dem Norden, gaskonische Söldner, Soldaten aus Chartres und Burgund und Paris, Sappeure, Langbogenschützen, Priester und Tross.
    Als die Vesperglocken schlugen, bestieg Vicomte Trencavel in Begleitung von Pierre-Roger de Cabaret, Bertrand Pelletier und einigen anderen die Brustwehr. Rauchfahnen stiegen in der Ferne auf. Der Fluss war ein silbriges Band.
    »Es sind so unglaublich viele.«
    »Nicht mehr, als wir erwartet haben, Messire«, entgegnete Pelletier.
    »Was glaubt Ihr, wie lange wird es dauern, bis das Hauptheer eintrifft?«
    »Schwer zu sagen«, antwortete Pelletier. »Eine so große Streitmacht kommt nur langsam voran. Die Hitze wird sie zusätzlich bremsen.«
    »Bremsen, ja«, sagte Trencavel. »Aufhalten, nein.«
    »Wir sind bereit, Messire. Die Ciutat ist mit Vorräten eingedeckt. Die hourds sind fertig und schützen die Mauern gegen die französischen Sappeure. Alle gefährdeten Stellen und Schwachpunkte sind ausgebessert und gesichert worden. Sämtliche Türme sind bemannt.« Pelletier machte eine ausladende Handbewegung. »Die Taue, die die Mühlen im Fluss an Ort und Stelle hielten, sind gekappt worden, das Getreide wurde niedergebrannt. Die Franzosen werden wenig finden, um sich zu ernähren.«
    Mit blitzenden Augen wandte sich Trencavel plötzlich de Cabaret zu.
    »Wir sollten unsere Pferde satteln und einen Ausfall machen. Noch ehe die Sonne untergeht. Wir nehmen vierhundert unserer besten Männer, die besonders gut mit Lanze und Schwert umgehen, und verjagen die Franzosen von unserem Ufer. Wir überrumpeln sie. Was haltet Ihr davon?«
    Pelletier konnte den Wunsch, einen Erstschlag zu führen, gut verstehen. Aber er wusste auch, dass das ein überaus törichter Schritt wäre.
    »Auf der Ebene stehen Bataillone, Messire, routiers, kleine Kontingente der Vorhut.«
    Auch Pierre-Roger de Cabaret mahnte zur Umsicht. »Opfert Eure Männer nicht, Raymond.«
    »Aber mit einem Überraschungsangriff ...«
    »Wir sind auf eine Belagerung vorbereitet, Messire, nicht auf eine offene Feldschlacht. Die Garnison ist stark. Die tapfersten, erfahrensten chevaliers sind da und warten auf die Gelegenheit, sich beweisen zu können.«
    »Aber?«, seufzte Trencavel.
    »Ihr würdet sie sinnlos opfern«, sagte er eindringlich.
    »Euer Volk vertraut Euch, liebt Euch«, sagte Pelletier. »Sie werden ihr Leben für Euch geben, wenn es sein muss. Aber wir sollten warten. Bis sie zuerst angreifen.«
    »Ich fürchte, dass mein Stolz uns in diese Lage gebracht hat«, sagte Trencavel leise. »Irgendwie hatte ich nicht erwartet, dass es so weit kommen würde, und so bald.« Er

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