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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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zusammenbrach. »Nein, nein! Bleibt da. Meldet euch wieder.«
    Noubel warf sein Handy aufs Armaturenbrett, schaltete die Sirene ein und raste los Richtung Autobahn.
    »Der Bauernhof brennt«, sagte er und trat das Gaspedal durch. »Brandstiftung ?«
    »Der nächste Nachbar ist einen halben Kilometer entfernt. Er sagt, er hat ein paar laute Explosionen gehört. Dann hat er die Flammen gesehen und die Feuerwehr alarmiert. Als die eintraf, brannte schon alles lichterloh.«
    »Ist noch jemand drin?«, fragte Moureau besorgt.
    »Das wissen sie nicht«, antwortete Noubel grimmig.
     
    Shelagh verlor immer wieder das Bewusstsein.
    Sie hatte keine Ahnung, wie lange die Männer schon weg waren. Ihre Sinne stellten einer nach dem anderen den Dienst ein. Sie spürte ihre Umgebung nicht mehr. Arme, Beine, Rumpf, Kopf, sie hatte das Gefühl, als würde sie schwerelos schweben. Sie nahm weder Wärme noch Kälte war, auch nicht die Steine und die Erde unter ihr. Sie war in ihre eigene Welt eingesponnen. Geborgen. Frei.
    Sie war nicht allein. Gesichter tauchten vor ihrem Innern auf, Menschen aus Vergangenheit und Gegenwart, eine Abfolge stummer Bilder.
    Das Licht schien wieder stärker zu werden. Irgendwo knapp außerhalb ihres Gesichtsfeldes zitterte ein weißer Lichtstrahl, der zuckende Schatten über die Wände und die felsige Decke der Höhle tanzen ließ. Wie in einem Kaleidoskop wechselten und veränderten sich die Farben und Formen vor ihren Augen.
    Sie glaubte, einen Mann zu sehen. Sehr alt. Sie spürte seine kalten, trockenen Hände auf der Stirn, Haut so trocken wie Pauspapier. Seine Stimme sagte ihr, dass alles gut werden würde. Dass sie jetzt in Sicherheit sei.
    Und nun hörte Shelagh andere Stimmen, die in ihrem Kopf flüsterten, raunten, leise murmelten, sie liebkosten.
    Sie spürte schwarze Schwingen an ihren Schultern, die sie sanft wiegten, wie ein Kind. Die sie nach Hause riefen.
    Dann eine andere Stimme.
    »Umdrehen.«
     
    Will wurde klar, dass das Dröhnen in seinem Kopf das Geräusch seines eigenen Blutes war, das ihm dick und schwer in den Ohren pochte. Der Knall der Schüsse gellte wieder und wieder durch seine Erinnerung.
    Er schluckte schwer und rang nach Atem. Von dem penetranten Ledergeruch in Nase und Mund drehte sich ihm der Magen um. Wie viele Schüsse hatte er gehört? Zwei? Drei?
    Seine beiden Bewacher stiegen aus. Will konnte sie sprechen hören, debattieren, vielleicht mit François-Baptiste. Er richtete sich ein wenig auf dem Rücksitz des Wagens auf, ganz vorsichtig, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Im Licht der Scheinwerfer sah er François-Baptiste neben einem Toten stehen, die Arme herabhängend, die Pistole noch in der Hand. Es sah aus, als hätte jemand eine Dose mit roter Farbe über die Tür und die Kühlerhaube des anderen Autos geworfen, das da stand. Blut, Gewebe und Knochensplitter. Fragmente eines menschlichen Schädels. Übelkeit würgte ihn. Will schluckte erneut. Zwang sich, weiter hinzusehen. François-Baptiste wollte sich bücken, zögerte und drehte sich dann schnell weg.
    Durch die wiederholten Betäubungsspritzen, die sie ihm verabreicht hatten, waren seine Arme und Beine zwar fast gefühllos, aber jetzt spürte Will, wie sein ganzer Körper sich verkrampfte. Er sank auf den Sitz zurück, froh, dass sie ihn wenigstens nicht wieder in diese klaustrophobische Kiste im Kofferraum gesteckt hatten.
    Die Tür neben seinem Kopf wurde aufgerissen, und Will spürte die vertrauten schwieligen Hände auf Armen und Hals, die ihn vom Sitz zogen und auf die Erde fallen ließen.
    Er sah die Leiche des Mannes reglos auf dem Schotter liegen. Daneben, unter dem Vorderreifen des Wagens, konnte er ein kleines rotes Licht blinken sehen.
    »Portez-le jusqu'à la grotte.« François-Baptistes Stimme ließ Will aufhorchen. »Vous nous attendez dehors. Eit face de l'ouverture.« Er sah auf die Uhr. »Il est dix-heures moins cinq maintenant.
    Nous allons rentrer dans quarante, peut-être cinquante minutes.«
    Fast zehn Uhr also. Will ließ den Kopf schlaff herabhängen, als der Mann ihn unter den Armen packte. Während sie ihn den Hang hinauf zur Höhle schleiften, fragte er sich, ob er um elf wohl noch leben würde.
     
    »Umdrehen«, wiederholte Marie-Cécile.
    Eine harte, arrogante Stimme, dachte Audric. Er strich noch einmal mit der Hand über Shelaghs Gesicht und richtete sich dann langsam zu voller Größe auf. Seine Erleichterung, sie lebend vorzufinden, war von kurzer Dauer gewesen. Sie war

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