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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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sie die Schweißränder sehen, die er unter den Armen und an den Manschetten hatte.
    »Ich entschuldige mich für die Unannehmlichkeiten, Monsieur le Directeur«, sagte er in bedächtigem, höflichem Englisch. »Aber da es sich hier um eine private Ausgrabung handelt, können Sie Ihren Geldgebern die Situation gewiss erklären.«
    »Der Umstand, dass wir das Glück haben, von einer Privatperson finanziert zu werden und nicht von einer Institution, ist völlig unerheblich. Diese ungerechtfertigte Unterbrechung unserer Arbeit ist überaus ärgerlich, von den Unannehmlichkeiten für uns mal ganz zu schweigen. Unsere Arbeit hier ist von größter Wichtigkeit.«
    »Dr. Brayling«, sagte der Polizist in einem Tonfall, als würden sie diese Unterhaltung schon seit einer Weile führen, »mir sind die Hände gebunden. Wir ermitteln in einem Mordfall. Sie haben die Plakate mit den beiden vermissten Personen gesehen, oui? Und solange wir uns nicht hinlänglich davon überzeugt haben, dass die Skelette, die Sie gefunden haben, nicht die Überreste unserer beiden Vermissten sind, werden die Ausgrabungsarbeiten eingestellt, ob Ihnen das nun Unannehmlichkeiten bereitet oder nicht.«
    »Seien Sie nicht albern, Inspektor Noubel. Die Skelette sind uralt!«
    »Haben Sie sie untersucht?«
    »Nun, nein«, stotterte er. »Nicht richtig, wie denn auch. Aber daran kann kein Zweifel bestehen. Ihre Gerichtsmediziner werden mir Recht geben.«
    »Bestimmt werden sie das, Dr. Bra yling, aber bis dahin ...« Nou bel zuckte die Achseln. »Mehr kann ich nicht dazu sagen.« Shelagh schaltete sich ein. »Wir verstehen Ihre Position durchaus, Inspektor, aber können Sie uns wenigstens ungefähr sagen, wann Sie hier fertig sind?«
    »Bientôt. Bald. Ich habe die Vorschriften nicht gemacht.«
    Dr. Brayling warf frustriert die Arme in die Luft. »Wenn das so ist, bin ich leider gezwungen, mich mit Ihren Vorgesetzten in Verbindung zu setzen! Das Ganze ist doch lächerlich.«
    »Wie Sie wünschen«, entgegnete Noubel. »In der Zwischenzeit muss ich mit der Dame sprechen, die die Toten gefunden hat, und ich brauche eine Liste aller Personen, die in der Höhle waren. Sobald wir unsere ersten Untersuchungen abgeschlossen haben, werden wir die Skelette aus der Höhle schaffen, und Sie und Ihre Mitarbeiter können gehen.«
    Alice beobachtete die ganze Szene.
    Brayling stakste von dannen, Shelagh legte eine Hand auf den Arm des Inspektors, zog sie aber sofort wieder weg. Sie schienen sich zu unterhalten. Einmal wandten sich beide um und schauten zum Parkplatz hinüber. Alice folgte ihrem Blick, bemerkte aber nichts Auffälliges.
     
    Eine halbe Stunde verging, und noch immer kam niemand zu ihr.
    Alice griff in ihren Rucksack, den vermutlich Stephen oder Shelagh vom Berg mit heruntergebracht hatte, und holte einen Stift und ihren Zeichenblock heraus. Sie blätterte bis zum ersten leeren Blatt.
    Stell dir vor, du stehst am Eingang und blickst in den Tunnel. Alice schloss die Augen und sah sich selbst, die Finger rechts und links auf den schmalen Eingang gelegt. Glatt. Der Stein war erstaunlich glatt gewesen, als wäre er poliert oder abgeschliffen worden. Einen Schritt vorwärts, in die Dunkelheit hinein.
    Der Boden war leicht abschüssig.
    Alice begann zu zeichnen. Sie arbeitete schnell, jetzt, wo sie die Dimensionen des Raumes im Kopf hatte. Tunnel, Öffnung, Kammer. Auf einem zweiten Blatt zeichnete sie den unteren Bereich, von den Stufen zum Altar und die beiden Skelette auf halber Strecke dazwischen. Neben die Skizze vom Grab schrieb sie eine Liste mit den Gegenständen: Messer, Lederbeutel, Stoffreste, Ring. Der Ring war auf der Oberseite ganz glatt und eben gewesen, erstaunlich dick, mit einer schmalen Rille in der Mitte. Seltsam, dass die Gravur auf der Unterseite war, wo niemand sie sehen konnte. Nur sein Träger wusste von ihr. Eine Miniatur- replik des Labyrinths, das in die Wand hinter dem Altar gemeißelt war.
    Alice lehnte sich zurück, irgendwie widerstrebte es ihr, das Bild zu Papier zu bringen. Wie groß? Vielleicht ein Meter achtzig im Durchmesser? Größer? Wie viele Umläufe?
    Sie zeichnete einen Kreis, der fast das gesamte Blatt einnahm, dann hielt sie inne. Wie viele Linien? Alice wusste, dass sie das Muster wiedererkennen würde, wenn sie es sah, aber sie hatte den Ring nur für wenige Sekunden in der Hand gehalten und das in die Wand gemeißelte Labyrinth nur aus einiger Entfernung in dem dunklen Raum gesehen.
    Irgendwo in den verwinkelten

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