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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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weil es sein musste.«
    »Blackstone also«, seufzte er.
    »Immerhin müssen wir uns nicht um irgendwelche Umfragewerte scheren«, sagte Culver, der ihm gegenübersaß, leichthin, aber sein müder, gestresster Gesichtsausdruck passte nicht zur gespielten Lockerheit.
    Trotzdem hatte er Recht. Niemand machte sich die Mühe, Umfragen durchzuführen. Es gab Wichtigeres zu tun, Nahrungsmittel mussten angebaut, Geräte angeschafft und Trümmer beseitigt werden. Es ging darum, die Nation wiederzuerrichten. Leute, die sich früher mit der öffentlichen Meinung beschäftigt hatten, mussten sich nun mit wichtigeren
Dingen beschäftigen, zum Beispiel Statistiken anfertigen, um die Verteilung der Lebensmittel zu koordinieren, damit die Menschen genug zu essen bekamen, oder den Staatshaushalt berechnen, der auf einen winzigen Bruchteil seiner einstigen Größe geschrumpft war und teilweise auf Tauschgeschäften basierte. Meinungsumfragen machten da keinen großen Sinn mehr. Wenn der Präsident der Vereinigten Staaten wissen wollte, was sein Volk dachte, dann musste er nur ein bisschen in Seattle und Umgebung herumlaufen oder bei einer Radio-Talkshow aus Alaska anrufen. Letzteres tat er aber nur selten, um nicht Gefahr zu laufen, während der Sendung mit der unberechenbaren Gouverneurin Palin aneinanderzugeraten. Sie hatte ihn schon einmal in einen Hinterhalt gelockt, und Kipper dachte mit Schaudern daran zurück.
    Er brauchte sowieso keine Umfragen, um herauszufinden, dass Blackstone es darauf anlegte, die Nation zu spalten, in ideeller Hinsicht und auch ganz praktisch. Wie oft hatte General Franks ihn schon warnend darauf hingewiesen, dass alle Bemühungen um die Sicherung der Südküste umsonst waren, wenn es Blackstone gelänge, das Mississippi-Tal und die Golfküste unter Kontrolle zu bringen. Dann würde die Grenze der Vereinigten Staaten ungefähr in der Nähe von Kansas City verlaufen, im Herz einer toten Nation. Wie oft schon hatte Kipper vor dieser unangenehmen Wahrheit die Augen verschlossen?
    Das Problem war, dass viele gute Staatsbürger der Ansicht waren, dass Blackstone dort unten in Texas genau das Richtige tat. Sogar in Seattle, wo man ihn eher mit einer Mischung aus Angst, Hohn und Misstrauen betrachtete, gab es Unterstützer für seine Idee, den Panamakanal von den Warlords zurückzuerobern, die ihn sich nach dem Ende des Effekts angeeignet hatten.
    »Vorwärts verteidigen, so weit es nur geht«, lautete die Parole des verrückten Jack Blackstone. Mit solchen Sprüchen
konnte man Schlagzeilen machen oder, wie Culver sich ausdrückte, »politisches Kapital daraus schlagen«.
    Wesentlich unangenehmer war jedoch, dass er Unterstützung aus dem Ausland bekam. Acht Länder, darunter Israel, hatten in Fort Hood Konsulate eröffnet, nachdem er den Kanal unter seine Kontrolle bekommen hatte. Und obwohl ihre Konsuln offiziell bei den Bundesbehörden akkreditiert waren, war es kein Geheimnis, dass die Diplomaten direkt mit Blackstones Leuten zusammenarbeiteten und die Institutionen des Innenministeriums umgingen. Noch übler war, dass sie Blackstone mit Kapital und Experten aushalfen und ihn politisch unterstützten im Austausch gegen das Recht, Öl und Technologie auszuführen und Demontagen durchzuführen, ohne Gebühren zahlen zu müssen, die die Bundesbehörde normalerweise erhob.
    Kipper schaute unglücklich aus dem Fenster auf die weiten Ebenen von Ohio. Das alles und der Kampf gegen die Piraten konnte sich zu einem Heiligen Krieg ausweiten wie der, in dem Frankreich vor einigen Jahren untergegangen war. Der Präsident zweifelte nicht daran, dass Colonel Kinninmore die Stadt auf den Kopf stellen würde, um herauszufinden, ob die Angriffe nur von mehreren Plündererbanden begangen worden waren, die sich zusammengeschlossen hatten, um ihm klarzumachen, dass es sich nicht lohnte, New York zurückzuerobern. Aber was wäre, wenn er Beweise fand, dass an der Ostküste neue Gefahren für den Bestand des Landes lauerten? Beinahe wünschte Kipper, sein Flugzeug würde niemals landen. Dann würde er sich wenigstens nicht mit den Konsequenzen seines Handelns in den nächsten Tagen auseinandersetzen müssen.
    Aber da führte nun mal kein Weg dran vorbei, dachte er seufzend, während er die Landschaft unter sich betrachtete.
    Schwarze Flecken deuteten auf die Ruinen einer namenlosen Stadt hin, die sich am Horizont erstreckte. Einige
der Feuerstürme hatten sich von den Städten ausgehend über die nähere und weitere ländliche

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