Das verlorene Land
Raketenschwärme fliegen. Einiges würde passieren, bevor sie landen konnten. Falls es überhaupt dazu kam. Draußen umkreisten andere Helikopter die Dächer und warteten auf die Maschine von Milosz und Wilson, die sich in die Flotte der Angreifer einfügen sollte. Die Frau, die beim Briefing dabei gewesen war,
saß ihm gegenüber. Sie beugte sich vor und streckte die Hand aus.
»Ich glaube, wir haben uns noch nicht bekanntgemacht. Ich bin Technical Sergeant Bonnie Gardener«, sagte sie und deutete mit dem Kopf auf ihren Partner, einen großen Kerl mit einem M-240-Maschinengewehr. »Und das da ist mein Aufklärer, Staff Sergeant Veal.«
Der Maschinengewehrschütze nickte ihnen nur knapp zu.
»Taktische Luftkontrolle, Air Force Spezialisten«, erklärte Wilson, als die Triebwerke beschleunigten und eine normale Kommunikation unmöglich machten. »Wir suchen die Ziele aus. Sie gibt die Details weiter.«
»Und was ist, wenn diese Arschgeigen-Piraten im Metropolitan Museum sitzen?«, fragte Milosz. »Sollen wir die Kunstwerke dann auch bombardieren?«
Gardener grinste ihn finster an.
»Ich komme aus Alabama, Sergeant. Dort interessiert man sich nicht für Kunst. Außer für die Kunst, eine Fünfhundert-Pfund-Bombe präzise ins Ziel fallen zu lassen. Oder Dynamit oder Fallschirmspringer. Haben Sie mal gesehen, wie kunstvoll das aussieht, wenn die runterkommen?«
Wilson lachte. »Sie sind in Ordnung, Gardener. Solche Leute mag ich.«
An dieser Gardener konnte man in der Tat so einiges mögen, dachte Milosz. Sie sah ziemlich gut aus. Aber er wusste, dass es besser war, sich darüber jetzt keine Gedanken zu machen. Und dieser Veal sah aus wie ein ziemlich bösartiger Wachhund. Na klar, die US-Army nahm so gut wie jeden, den sie finden konnte, in diesen Zeiten. Er war das beste Beispiel dafür. Aber diese Gardener schien sich keine großen Gedanken darüber zu machen, dass sie womöglich bald in einer Schlangengrube landete. Obwohl Frauen, wenn sie von diesen Arschgeigen gefangen genommen wurden, ein noch härteres Schicksal zu erleiden hatten als Männer – und die Männer wurden üblicherweise
gefoltert, erniedrigt und auf möglichst grausame Art getötet, was oftmals zu Propagandazwecken auf Video aufgenommen wurde. Gardener aber machte den Eindruck, als wollte sie mal eben kurz auf den Markt gehen, um Brot und Milch einzukaufen.
Sie starteten und er spürte, wie er in den Sitz gedrückt wurde, bevor sie den Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach verließen. Einen kurzen Moment lang hatte er einen freien Blick auf das Kampfgeschehen, das ein Dutzend Straßenzüge weiter im Norden tobte. Die klare, rechteckige Skyline des toten Manhattan, das sich mit seinen vielen zerklüfteten und zerborstenen Zacken vor dem dunklen Himmel abhob, wurde von aufflackernden Explosionen und zahlreichen Bränden beleuchtet. Von Norden und Westen zischten dünne Leuchtspuren wie rasend schnelle Glühwürmchen durch die Nacht. Gardener überprüfte ihre Ausrüstung, und Wilson tat das Gleiche. Nur um etwas zu tun. Tatsächlich hatten sie ihre Sachen mehrere Male intensiv begutachtet, bevor sie an Bord gegangen waren.
Diesmal hatte sich Milosz ein M-4-Sturmgewehr mit aufgesetztem M-203-Granatwerfer ausgesucht, als er vor dem transportablen Waffenschrank gestanden hatte, den die Rangers überallhin mitnahmen. Er prüfte nochmal alles, damit es später keine Ladehemmung oder sonst was geben konnte. Er spähte durch das ACOG-Visier und stellte fest, dass sich das M-4 sogar mit dem 40-mm-Granatwerfer noch ziemlich leicht anfühlte. Er hätte eine solide Kalaschnikow vorgezogen, auf die er den gleichen Granatwerfer hätte montieren können, war aber jedes Mal abgebügelt worden, als er gefragt hatte. Niemand sollte Waffen verwenden, die denen des Feindes ähnelten. Das war auch in Ordnung so, denn die kugelsichere SAPI-Platte in seiner Schutzweste und das Gewicht der Dreitageration Essen und die Munition machten die Leichtigkeit des Sturmgewehrs wieder wett. Für alle Fälle hatte Milosz außerdem
noch ein paar Antipersonen-Minen, acht HEMP-Spezialgeschosse für seine 203, vier Splittergranaten und einen Block C4-Plastiksprengstoff.
Man sollte immer gut vorbereitet sein, lautete sein Wahlspruch.
Wilson und Gardener inspizierten ihre M-4-Sturmgewehre. Milosz bemerkte, dass Gardener außerdem zwei Pistolen in Halftern an ihren Beinen befestigt trug. Des Weiteren hatte sie ein paar thermische Granaten bei sich, mit denen sie Funkgeräte des
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