Das verlorene Land
auch wenn er offenbar nicht ganz überzeugt war.
»Ich vertraue dir, Adam. Und es ist ganz wichtig, dass du auch mir vertraust.«
Nun wandte er sich wieder den anderen Männern zu. »Ich werde mit dem Jungen um den Häuserblock gehen und mich dem Club von der Rückseite nähern. Gebt uns fünfzehn Minuten dafür. Dann geht ihr los und macht die Männer fertig, so wie wir es besprochen haben. Sie haben zwei Frauen bei sich. Es sind keine von euch. Wenn sie Alarm schlagen wollen, dann …«
Er ließ den Satz unvollendet.
»Wir verstehen schon«, sagte Willem D’Age.
Miguel ging vorsichtshalber um einen weiteren Häuserblock herum, als er sich dem Hy Top Club näherte, und lief nun zusammen mit Adam die South Cedar Street entlang, eine unbefestigte, morastige Straße, die von kleinen Häuschen aus Faberzement gesäumt wurde, die alle noch ziemlich intakt aussahen. Ein roter Pick-up hatte vor der Hausnummer 642 einen Strommast gerammt, der auf das
Verandadach eines Häuschens mit weißen Schindeln gefallen war. Die dicken Stromkabel lagen wie riesige Schlangen auf der Straße.
Vielleicht hatte dieser Unfall ja bewirkt, dass 2003 sofort der Strom ausfiel und damit diesen Randbezirk und einige andere Viertel von Crockett vor einer Feuersbrunst bewahrt. Ein Stück weiter waren zwei Autos zusammengestoßen und ausgebrannt, aber das Feuer hatte sich nicht ausgebreitet. Miguel und der Junge gingen um sie herum und liefen dann über ein Stück Brachland auf die West Bell Avenue zu. Einige weitere demolierte Autos und ein paar Kinderdreiräder, auf denen noch Kleiderreste lagen, waren alles, was noch von den früheren Bewohnern übrig geblieben war. Miguel machte Adam ein Zeichen, dass er dicht bei ihm bleiben und sich ruhig verhalten sollte, und huschte einen weiteren Straßenzug entlang auf das Zentrum des Ortes zu. Schließlich wandte er sich nach rechts und lief eine lange leere Straße entlang. Auf einem schräg stehenden, verblassten Straßenschild war der Name »South Sycamore« zu lesen. Das Leuchten der brennenden Ölfässer vor dem Hy Top Club war hinter der Silhouette einer Baumgruppe zu sehen, irgendwo in der Nähe schnaubten Pferde.
Miguel wurde langsamer und legte warnend eine Hand an die Lippen.
Der Mormonenjunge folgte ihm gehorsam mit weit aufgerissenen Augen.
Die blass leuchtenden Ziffern auf seiner Uhr zeigten Miguel an, dass sie noch drei Minuten hatten, um ihre Position zu erreichen.
»Kannst du das hier bitte für mich tragen. Einfach nur tragen, okay?«, sagte er und reichte Adam seinen Vorschlaghammer. Es war ein Modell, das von manchen auch »kanadische Axt« genannt wurde, und hatte auf der einen Seite einen Eisenkopf und auf der anderen einen Keil.
Die beiden Eindringlinge setzten ihren Weg durch die Baumgruppe hindurch fort, die sich drei Häuserblocks hinter dem Hy Top breitgemacht hatte. Miguel hielt seine Winchester schussbereit in der Hand.
Er hoffte inbrünstig, dass es noch nicht nötig sein würde, sie zu benutzen. Sie mussten bis zum letzten Augenblick unbemerkt bleiben. Schließlich erreichten sie den abgestorbenen Baumstumpf eines Ahornbaums, und er nickte Adam aufmunternd zu und strich ihm über den Haarschopf, um ihm zu zeigen, dass er mit ihm zufrieden war. Adam schien an Selbstbewusstsein gewonnen zu haben. Es wäre sicherlich sehr schlimm für ihn, wenn er seine Familie verlor. Nach Ansicht von Miguel brauchte er vor allem einen starken Vater.
Sie mussten nur eine Minute warten, da erschienen die anderen Angreifer zwischen den dunklen Stämmen, die die andere Seite der South Cottonwood Road säumten. Zuerst war Big Ben mit seinen zwei Vorschlaghämmern zu sehen, die er in den Händen hielt, als wären sie nichts weiter als Kinderspielzeuge. Hinter ihm tauchten seine beiden Glaubensbrüder auf. Alle trugen schwere Geräte in den Händen, Vorschlaghämmer, Äxte und eine Brechstange. Miguel verzog das Gesicht, als er sich vorstellte, was nun als Nächstes passieren würde.
Die Mormonen rannten nicht los. Sie kündigten sich auch nicht mit einem Kriegsruf an, der ihre Moral heben sollte. Sie schritten ganz einfach die Straße entlang, als würden sie durch ein Möbelgeschäft flanieren, in dem betrunkene Männer lagen, die im warmen Schein der Ölfeuer eingeschlafen waren.
»Komm jetzt, schnell«, flüsterte Miguel und trat aus dem Schatten des Baums. Mit weit ausholenden Schritten ging er auf die verriegelte Stahltür auf der Rückseite des Clubs zu. Es roch nach Urin
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