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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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und Zigarettenkippen.

    Als sie die Tür erreichten, konnten sie das Geschehen vor dem Lokal nicht mehr mitverfolgen, aber zuvor hatte Miguel noch gesehen, wie sie zum Angriff übergingen. Big Ben schwang seine Hämmer wie ein Athlet bei den Olympischen Spielen und schmetterte sie mit einem hässlichen knirschenden Geräusch auf die Köpfe von zwei Road Agents, die unter einer Decke auf einem alten braunen Sofa eingeschlafen waren. Miguel hatte schon viele schreckliche Dinge gesehen, sowohl vor und nach dem Effekt, aber hier musste er dennoch den Blick abwenden, nachdem er unwillkürlich zusammengezuckt war, noch bevor die Hämmer ihre Ziele getroffen hatten. Das Geräusch der zerberstenden Schädel war bis zu ihnen zu hören und klang, als würden überreife Melonen zerquetscht. Keine Sekunde später sah er, wie D’Age und Aronson ihrerseits mit Axt und Vorschlaghammer zu todbringenden Schlägen ausholten, während Big Ben sein Gleichgewicht wiedererlangte und sich von seinem ersten Opfer abwandte, um zwei weiteren den Garaus zu machen.
    Miguel hörte ein würgendes Geräusch hinter sich und wirbelte herum. Adam übergab sich und spuckte ins Gras. Er machte eine abwehrende Handbewegung, als wollte er signalisieren, dass es alles halb so schlimm sei. Miguel versuchte zu zählen, wie viele Gegner die Mormonen bereits ausgeschaltet hatten. Bei jedem dumpfen Aufprall zählte er mit, aber es war unmöglich, Schritt zu halten.
    Dann wachte eine der Huren auf und begann zu schreien.
    Ihr lautes Aufheulen wurde von einem weiteren Hammerschlag gestoppt, aber damit war für Miguel und Adam das Signal zum Angriff gekommen.
    »Los, komm, Junge. Es wird Zeit.«
    Der Junge mit dem käsebleichen Gesicht, der immer noch schwer atmete, nickte und postierte sich mit dem M-16 im Anschlag hinter Miguel, während dieser sich am
Vorhängeschloss zu schaffen machte, das die schwere Eisentür blockierte. Der erste Schlag dröhnte über die fast menschenleere Stadt wie ein lauter Misston, der durch eine riesige Kathedrale hallte. Miguels Herz schlug so heftig, als wollte es aus seinem Brustkorb springen, aber er schob seine aufkommende Angst beiseite und holte erneut aus. Ein zweiter Schlag krachte auf das Schloss, das unter einem Schauer herumsprühender Funken zerbrach. Im Innern hörte er laute Schreie – es waren Frauenstimmen -, als er die Eisentür aufzog.
    »Raus da, los raus!«, rief er, noch während die Tür mit einem metallischen Kreischen aufschwang.
    Adam tauchte neben ihm auf.
    »Kommt, schnell! Wir sind es. Kommt raus, wir müssen weg von hier.«
    Weitere Stimmen kamen hinzu, darunter männliche Stimmen, die wütend und verwirrt klangen.
    Der erste Schuss hallte durch die Nacht, als eine der Frauen im düsteren Schatten hinter der Tür auftauchte. Miguel erkannte, dass es diejenige war, die früher am Tag von den Huren misshandelt worden war. Ihr Gesicht war tränenüberströmt, ihre Augen tief eingesunken. Sie zitterte vor Angst, hatte offenbar einen Schock erlitten und war nicht in der Lage, Adam gleich zu erkennen, als sie ihn bemerkte.
    »Komm, Schwester Jenny«, sagte er. »Hier lang, schnell.«
    Der Junge fasste sie am Arm und zerrte sie aus dem Raum, während auf der Vorderseite des Gebäudes das rhythmische Hämmern der automatischen Waffen begann. Weitere Schreie folgten und dann das laute Dröhnen einer einzelnen Waffe, das Miguel innehalten ließ.
    Das kann ja wohl nicht die Remington sein, dachte er, ich hab ihr doch befohlen, bei den anderen zu bleiben.
    Es war jetzt nicht der Moment, über so etwas nachzugrübeln. Sofia tat sicher, was er ihr aufgetragen hatte.

    »Meine Damen«, sagte er. »Sie müssen sofort los. Schnell. Gehen Sie mit Adam. Mein Name ist Miguel, Miguel Pieraro, und ich bin gekommen, um sie hier rauszuholen. Aber es wird nur klappen, wenn sie uns folgen.«
     
    Sofia hätte beinahe ihr Abendessen erbrochen, als sie sah, wie Ben mit dem Vorschlaghammer auf sein erstes Opfer losging. Sie würgte es hinunter, nahm die Remington in Anschlag und wartete, dass sich ein Ziel präsentierte. Sie war so aufgeregt, dass sie beinahe das Feuer auf die erste Person eröffnet hätte, die vor ihr auftauchte und sich als scharf geschnittener Schatten vor dem grellen Licht des Feuers abzeichnete. Aber dann hätte sie Orin erschossen und darüber hinaus auch noch ihr Versteck verraten. Heimlich, still und leise musste sie vorgehen, ermahnte sie sich. Unerkannt bleiben und vor allem nicht die Falschen

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