Das verlorene Land
Frühstück verzehren, und irgendwie fand er es wichtig, sie nicht einfach hierzulassen.
Schließlich schloss er den Verschlag unterhalb der Treppe auf und knipste die nackte Glühbirne dort drinnen an. Er
nahm einen Schlüssel von einem Ring ab, der an seinem Gürtel hing, und öffnete damit den kleinen Waffenschrank, den er sich dort eingerichtet hatte. Er holte seine Lieblingswaffe hervor, eine Winchester 1894 Lever Action 30. Diese und eine doppelläufige Flinte im Stil einer sizilianischen Lupara nahm er mit. Dazu noch sechs Schachteln mit Munition für das langläufige Gewehr und zwei Schachteln für die abgesägte Flinte. An einem Nagel hing ein Fernglas. Er nahm es ab, griff nach einer großen Maglite-Stablampe und steckte sie in einen der breiten Ringe, die er am Gürtel trug. Sofia hatte ihre Jagdflinte und die dafür nötige Munition bereits an sich genommen. Er war nicht froh darüber, dass sie nun Tag für Tag eine Remington mit sich herumtragen sollte. Aber wenn sie sie heute Morgen dabeigehabt hätte …
Hör auf, ermahnte er sich, während er herauszufinden versuchte, welche andere Waffe er für seine Tochter mitnehmen sollte. Sie waren beide keine Soldaten, und er wollte sich nicht mit überflüssigem Krempel belasten. So wie es aussah, konnten sie nur so viele Waffen mitnehmen, mit denen sie gerade mal eine kleine Gruppe Road Agents bekämpfen konnten.
Er brummte vor sich hin und entschied, dass die Remington wohl mitkommen musste.
Viermal musste er gehen, bis er die gesamte Ausrüstung auf die Pferde geladen hatte. Beim letzten Mal half Sofia mit. Zufrieden stellte er fest, dass sie ihre Kleider gewechselt hatte und ihre persönlichen Sachen nun in einem kleinen Rucksack auf dem Rücken trug, aus dem der Kopf ihres Teddys herausguckte. Er bemerkte, wie sie unschlüssig um sich schaute und sich offenbar fragte, wo er die ganzen Leichen wohl hingeschafft hatte. Er wollte nicht, dass sie jetzt über solche Sachen nachgrübelte. Er gab ihr einen Sack mit Bohnen, den sie zu den Pferden bringen sollte, und sagte ihr, sie solle die Flinte, die er bei ihrem
morgendlichen Ausritt bei sich gehabt hatte, zu ihrem Pferd bringen.
»In den nächsten Wochen müssen wir bewaffnet bleiben«, sagte er. »Wir beide. So lange, bis wir in eine sichere Gegend kommen.«
»Reiten wir denn nicht nach Corpus Christi?«, fragte sie mit dünner Stimme. »Ist es dort denn nicht sicher? Sollten wir nicht dorthin gehen?«
Miguel führte sie nach draußen. Oben am Himmel sammelten sich Sturmwolken. Blitze leuchteten über den Bergen im Südwesten auf, und einige Tropfen eiskalter Regen fielen in sein Gesicht, als er aufblickte.
»Nein«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass wir nach Süden reiten können. Das erwarten sie wahrscheinlich von uns. Wir müssten das Gebiet von Blackstone durchqueren, und dort würden seine Männer uns auflauern. Wir reiten nach Norden, nach Kansas City. Dort ist die Bundesregierung sehr stark. Wir müssen den Leuten erzählen, was hier passiert ist. Damit sie etwas tun.«
Sofia erwiderte nichts. Er fragte sich, wie viel sie wohl über die politische Lage in Fort Hood wusste, über die Pattsituation zwischen der Bundesregierung und dem Regime von Gouverneur Blackstone. Über solche Dinge hatten sie nie vor den Kindern gesprochen. Die Pferde spitzten die Ohren und erschauerten, als sie ihre Ausrüstung aufluden und ihnen erlaubten, Wasser aus der Tränke neben dem Haus zu trinken. Miguel versuchte, nicht an den Moment zu denken, der nun vor ihnen lag. Sie mussten die Farm verlassen, auf die seine Familie ihre ganze Hoffnung gesetzt hatte.
Er erinnerte sich an den Tag, als sie in einem vollgepackten, arg demolierten Schulbus aus Corpus Christi hier angekommen waren. Ein Angestellter der Bundesregierung hatte geholfen und ihnen den genauen Ort mit Hilfe eines Laptops zugewiesen und ein paar Bilder von der Familie
aufgenommen. Es war nicht leicht gewesen, die Kinder lange genug ruhig zu halten, damit der Fotograf sein Bild schießen konnte. Sämtliche Teile der ramponierten Ausrüstung hatten sie für den Mann von der Regierung aufgeschrieben, und währenddessen hatten Mariella und die anderen Frauen einen Picknicktisch aufgebaut mit den besten Speisen, die sie mitgebracht hatten. Schließlich saßen sie alle zusammen um einen hastig zusammengebauten Tisch und aßen gegrilltes Fleisch und erfreuten sich an ihren mitgebrachten Flaschen mit neuseeländischem Rotwein.
Mariella erwartete ihn im
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