Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verlorene Observatorium

Das verlorene Observatorium

Titel: Das verlorene Observatorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
mein Lebensende Schwarz tragen müssen.
    Wissen Sie, Miss Higg.
    Nennen Sie mich Claire, alle meine Freunde nennen mich Claire.
    Wissen Sie, Claire, ich hatte nie jemanden, den ich verlieren konnte.
    Niemanden, den Sie verlieren konnten? Unsinn.
    Wissen Sie, ich bin. Waise.
Über die Ermutigung der neuen Bewohnerin zur Abreise
    Am nächsten Tag war ich zeitig aus dem Haus und erstand beim Schlosser, zu dem man vom Observatorium aus nur zehn Minuten zu gehen hatte, ein neues Türschloß mit zwei Schlüsseln.
    Bugg und ich hörten Anna Tap weggehen, woraufhin wir uns mit Schraubenzieher, Hammer und Meißel bewaffnet Wohnung 18 näherten. Vor Wohnung 18 erwartete uns eine unangenehme Überraschung. Zwanzig, die Hundedame, zottelig und geduckt, vielleicht ein wenig sauberer als gewöhnlich, aber immer noch abstoßend, stand Wache für ihre neue Freundin. Ein menschlicher Wachhund. Sie knurrte Bugg an, der daraufhin sofort zu schwitzen begann und mich ebenfalls. Ich hielt die Hände hinter meinem Rücken.
    Wir kehrten zurück nach unten.
    Das war es dann wohl, es gibt nichts, was wir tun können.
    Der blöde Bugg, unterbelichteter alter Schulmeister, unterbelichteter alter Hauslehrer. Passionierter Büchernarr, ein aus Büchern bestehender Kopf, ein Kopf, bestehend aus Blättern voller winziger Buchstaben. Eine Haut aus Papier, das Papier seiner Haut glühte vor Worten, Worte, die unter seinem Schweiß glänzten. Wer hat das Buch Peter Bugg gelesen? Niemand. Wer möchte das Buch Peter Bugg lesen? Niemand. Es bleibt auf dem Regal stehen. Dorthin wurde es kurz nach Erscheinen gestellt, die Auflage bestand aus nur einem Exemplar und niemand hatte je danach gefragt. Es würde staubig sein, aber ein solches Papier schwitzt. Niemand möchte das Buch Peter Bugg ausleihen. Die letzten Seiten bleiben leer. Für den Augenblick. Es ist ein in schwarzes, wollartiges Material gebundenes Buch, das sich am unteren Ende nach außen hin ausbeult. Es heißt Die Geschichte von Peter Bugg, Lehrer im Ruhestand, Privatlehrer im Ruhestand, etc. Dort steht es, ein Buch unter vielen. Es ist keine Liebesgeschichte, es ist kein Thriller, zwischen den Buchdeckeln ist kein Mord versteckt und auch keine Abenteuer. Um die Lektüre ein wenig kurzweiliger zu gestalten, finden sich über das Buch verteilt einige Bilder: eines vom Vater der Hauptperson, die anderen sind ausnahmslos Schulphotos, glückliche, lächelnde Jungs. Das ist alles. Um ehrlich zu sein, es ist ein recht altmodisches Buch. Was nicht heißen soll, daß es je modern war. Auch wird es nie modern sein. Peter Bugg wurde geboren, Peter Bugg unterrichtete, Peter Bugg atmete. Wen interessiert das?
    Das war es dann wohl, es gibt nichts, was wir tun können.
    Es gab doch etwas, Peter Bugg, es gab doch etwas, Sir, nämlich alles, was wir tun konnten. Ich schickte ihn los. Auf jetzt. Gehen Sie und besorgen Sie uns einen Hund, einen der Stadthunde, einen wilden, aber nicht zu wild, lassen Sie sich nicht beißen, bringen Sie ihn her.
    Heulend, schwitzend und stöhnend kehrte er zurück, sein nervöser Körper war in schrecklicher Angst vor dem, was er kaum tragen konnte: einen Hund, ein flohverseuchtes Hündchen. Ich legte etwas rohen Speck auf die Treppe direkt unterhalb der dritten Etage und scheuchte das Hündchen hinauf, um ihn zu holen. Das Hündchen schnappte sich den Speck. Aber dann kam das Hündchen sofort zurückgeflitzt, kam jaulend wieder die Treppe herunter, rannte um sein Leben. Ihm folgte Zwanzig, die Hundedame.
    Bitte schön, Sir, das ist es, was getan werden konnte.
    An diesem Tag wechselten wir das Türschloß von Wohnung 18 aus. Bugg behielt das alte Schloß. Ich behielt den einen Schlüssel des neuen Schlosses, Peter Bugg den anderen.
    Hier.
    Jetzt wird sie todsicher ausziehen.
    Jetzt konnte ich wieder arbeiten gehen.
Arbeit
    Von der Arbeit an diesem Morgen habe ich nur wenig zu berichten. Außer daß ich wieder in meiner gewöhnlichen ungewöhnlichen Form war. Ich konnte sowohl äußere wie auch innere Reglosigkeit erreichen, und mein Publikum belohnte mich leidlich für meine Anstrengungen.
    Von der Arbeit an diesem Nachmittag habe ich eine unerfreuliche Angelegenheit zu melden. Ich war recht glücklich und zufrieden, bis ich, als eine Münze fallengelassen wurde (und ich die Augen aufschlug), bemerkte, daß sich auch Anna Tap unter meinen dankbaren Zuschauern befand. Als ich die Augen wieder schloß, war mir sofort klar, daß ich meine innere Reglosigkeit jetzt nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher