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Das verlorene Observatorium

Das verlorene Observatorium

Titel: Das verlorene Observatorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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erreichen konnte. Als ich sie wieder öffnete, bemerkte ich, daß die Münze diesmal von Anna Tap fallengelassen worden war. Ich pustete Blasen in ihre Richtung. Ich schloß die Augen. Eine Münze wurde fallengelassen. Ich öffnete die Augen. Anna Tap hatte die Münze fallenlassen. Was ich jedoch zwischen dem Fallenlassen von Münzen hörte, war das eigentlich Unerfreuliche an dieser Geschichte. Die Münzen, die von Anna Tap fallengelassen wurden, waren keine Münzen, die aus ihrer Tasche genommen wurden. Sie wurden vielmehr aus meiner Blechdose genommen, die vor dem Sockel stand. Anna Tap nahm eine Münze aus der Dose und warf sie dann wieder in die Dose zurück. Wieder und immer wieder. Jedesmal, wenn eine dieser Münzen fallengelassen wurde, sah ich mich gezwungen, Blasen in ihre Richtung zu pusten. Ich bemerkte weiterhin, daß die Zahl meiner dankbaren Zuschauer stetig abnahm, während Anna Tap meine Talente auf derart erbärmliche Weise mißbrauchte. An diesem Nachmittag nahm Anna Tap meine (hart verdienten) Münzen vielleicht zehn- oder zwölfmal aus der Dose, wobei, wie ich in den Pausen bemerkte, ihr Lächeln von Mal zu Mal breiter wurde. Schließlich gab es eine lange Pause zwischen zwei Münzen, und als ich erneut die Augen aufschlug, war sie fort.
Befristete Erleichterung
    Als ich von der Arbeit nach Hause ging, zu Fuß dieses Mal, wütend wegen meines abhanden gekommenen inneren Friedens und nicht in der Lage, das Bild der lächelnden neuen Bewohnerin aus meinem Kopf zu verbannen, fand ich Trost in einem zufällig aufgeschnappten Gespräch. Zwei ältere Frauen unterhielten sich, während sie spazierengingen und ab und zu stehenblieben, um sich die Schaufenster anzuschauen:
    Ja, du siehst wirklich hübsch darin aus.
    Es ist ein Familienerbstück. Diese Zobelstola hat meine Großmutter immer getragen. Leider wird es jetzt wieder wärmer, und ich muß sie bis zum nächsten Winter weglegen. Ich ärgere mich immer über den Sommer, weil er so warm ist und ich meine Stola nicht tragen kann. Sie fühlt sich so weich an.
    Fühl doch mal.
    Ich bin überzeugt, daß sie sich wundervoll anfühlt.
    Nun fühl doch mal.
    Ja, es ist so weich.
    Nimm sie ruhig. Du kannst sie eine Weile tragen, wenn du magst.
    Wirklich?
    Ja, natürlich.
    So weich. Es fühlt sich wunderbar an, sie zu tragen.
    Schau mal da im Fenster. Sieh dir diese Seidenstoffe an!
    Was für schöne Farben!
    Meinst du, wir sollten hineingehen?
    Oh, laß uns einfach machen!
    Liebes, wo ist mein Zobel?
    Na hier, um meinen Hals. Oh!
    Wo hast du ihn hingetan?
    Gerade war er noch hier.
    Und wo ist er jetzt? Meine Zobelstola! Meine Stola!
    Ich weiß es nicht.
    Sie ist gestohlen worden!
    Vielleicht liegt sie auf dem Boden. Oh, nein.
    Du Miststück, du hast sie dir einfach stehlen lassen!
    Ich fühlte mich gleich erheblich besser (Position 987).
Peter Buggs Verrat
    Nachdem ich mein neues Exponat katalogisiert hatte, begab ich mich in die dritte Etage, um herauszufinden, wie es Anna Tap ergangen war, und fand dort eine unerfreuliche Situation vor:
    Die alte Tür von Wohnung 18 war ausgetauscht und das alte Schloß wieder eingebaut worden, von dem neuen Schloß war nirgends etwas zu sehen.
    Miss Claire Higgs Fernseher war nicht zu hören, obwohl es doch ihre übliche Fernsehzeit war. Statt dessen der unangenehme Klang eines Gesprächs; es waren nicht nur zwei, sondern gleich vier Stimmen. Higg hatte Gesellschaft. Zwei der Stimmen erkannte ich auf Anhieb. Claire Higg. Anna Tap. Von den beiden anderen verwirrte mich die eine, die andere brachte mich aus der Fassung. Die erste der beiden Stimmen kannte ich nicht, hatte sie noch nie zuvor gehört. Mehr noch, ich verstand nicht ein Wort von dem, was sie sagte. Es war eine irgendwie gebrochen klingende Fremdsprache. Plötzlich lachte diese Stimme, die erste Stimme. Es klang wie ein Kinderlachen, nur daß es kein Kind war. Dieses wunderschöne Lachen, so natürlich, so verwirrend in seiner Schönheit, war hier völlig fehl am Platz; in Claire Fliggs Wohnzimmer sollte es ein solches Lachen nicht geben. Die zweite Stimme sprach abwechselnd in jener Fremdsprache, jedoch flüssiger als die andere Stimme, und in unserer eigenen Sprache. Sie gehörte und ich schäme mich, dies zugeben zu müssen, das heißt, ich schäme mich nicht für mich selbst, sondern vielmehr für ihren Besitzer, einem Schulmeister im Ruhestand, einem Privatlehrer im Ruhestand und einem ehemaligen Kameraden von mir, der nach hundert verschiedenen Gerüchen

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