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Das verlorene Observatorium

Das verlorene Observatorium

Titel: Das verlorene Observatorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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geben, der die Fußböden bohnern kann.
Das Observatorium
    Mutter, wieder vor Claire Higgs Wohnung (sie wir erst wieder in den dritten Stock gegangen, nachdem sie sicher war, daß Vater nicht in der Nähe der Treppe oder unten im Erdgeschoß war): Claire hat einen schrecklichen Verlust erlitten. Sie sitzt allein, weint Tag und Nacht. Wir haben versucht, sie mit nach draußen zu nehmen, haben ihr Spaziergänge im Park angeboten, Cafebesuche mit heißer Schokolade. Sie findet unsere Angebote nicht verlockend. Jeden Morgen kommen wir und klopfen an ihre Tür. Sie sagt, sie könne nicht herauskommen, weil sie aus ihrem Fenster einen toten Spatz gesehen habe, der am Straßenrand liegt. Dies sei ein schlechtes Omen, sagt sie. An anderen Tagen sagt sie, sie könne das Haus nicht verlassen, weil sie das Hupen eines Autos gehört habe, was bedeutete, daß ein gemeingefährlicher Fahrer auf den Straßen unterwegs war und sie überfahren könnte. Manchmal sagt sie uns, sie kann nicht mitkommen, weil ein Unwetter heraufziehe, gleichwohl nicht eine Wolke am Himmel steht. Sie steht nur am Fenster und beobachtet den endlos vorbeiziehenden Verkehr.
Tearsham Park
    Vater in Wohnung 1, in seinem verkleinerten Salon: Der Raum ist voller Mädchen. Mutter beaufsichtigt sie. Sie trinken Tee. Ich sitze dort drüben, ein Stückchen abseits. Mutter will mich bewegen, doch mit den Mädchen zu plaudern, aber ich habe Angst. Ich bleibe still. Die Mädchen kommen jeden Tag und unterhalten sich ausgelassen, sie kennen sich schon lange. Mit mir sprechen sie nicht. Mutter versucht, eine Frau für mich zu finden. Ich sage ihr, daß ich keine Frau haben will. Sie gibt mir eine Ohrfeige. Als die Mädchen das nächste Mal kommen, muß ich bei ihnen sitzen. Beim Tee stoße ich versehentlich eine Tasse um und verschütte ihren Inhalt über das Kleid eines der Mädchen. Das Mädchen brüllt mich an, schreit, das Kleid sei neu gewesen. Sie beschuldigt mich, den Tee absichtlich umgestoßen zu haben. Sie hatte ein nettes Gesicht und ein nettes Lächeln. Aber dieses Lächeln lag nur auf ihren Lippen, wenn sie sich mit den Mädchen unterhielt. Als sie mich anschreit, mich beschuldigt, absichtlich ihr Kleid ruiniert zu haben, trägt sie ihr wunderbares Lächeln nicht. Als die Mädchen das nächste Mal zum Tee kommen, ist das Mädchen mit dem Lächeln nicht mehr unter ihnen. Mit der Zeit kommen immer weniger Mädchen zu Mutters Teegesellschaften. Dann finden sie nicht mehr statt. Ich bin sehr erleichtert.
    Mutter, immer noch auf der dritten Etage, öffnete die metallene Schiebetür des Fahrstuhls. Sie warf einen Blick in die Dunkelheit. Mutter: Dies ist ein Prolog zu dem, was geschah, bevor Miss Higg sich aus der Welt zurückzog. Sieh dir dieses Metallseil an, dieses Seil ist eines der Seile, die früher den Fahrstuhl sanft hochgezogen oder hinabgelassen haben. Sieh dir das Ende des Seiles an. Es ist gerissen. Es gibt Gerüchte, die Francis in die Welt setzte, daß der Pförtner das Aufzugseil vorsätzlich durchgetrennt habe. Die Polizei war ebenfalls der Ansicht, das Drahtseil sehe ein wenig merkwürdig aus. Wenn das Seil aufgrund von Materialermüdung gerissen wäre, müßten die Enden eigentlich ausgefranst gewesen sein. Aber es gab keine Beweise.
Tearsham Park
    Vater, immer noch in seinem reduzierten Salon mit der Nummer 1: Ich sitze hier. Niemand sonst ist im Raum. Die Tür geht auf, eine andere Tür als diese, auf der sich die Nummer 1 befindet, und es war auch keine billige Tür, denn wenn man dagegenklopfte, dann klang es nicht so hohl wie bei dieser. Ich sehe diese andere Tür deutlich vor mir, ich sehe, wie sich diese andere Tür öffnet, ein Mädchen betritt den Salon. Die Tür wird wieder geschlossen, ich höre, wie ein Schlüssel im Schloß gedreht wird. Ich bin mit einem Mädchen im Salon eingesperrt. Dieses Mädchen soll meine zukünftige Frau werden. Sie kam aus der Stadt, stammte nicht aus einer alten Familie wie der unseren, wie man mir später erzählte. Aber trotzdem aus einer durchaus guten Familie, sagte meine Mutter. Sie kommt zu mir und sagt hallo. Ich schaue weg. Dann küßt sie mich auf den Mund. Ich laufe zur Tür und flehe meine Mutter an
    aufzuschließen. Das Mädchen folgt mir zur Tür, und als ich begreife, daß meine Mutter nicht aufmachen wird, drehe ich mich um. Das Mädchen küßt mich noch einmal. Ihr dritter Kuß ist länger als die beiden anderen. In panischer Angst stehe ich wie erstarrt da. Ich spüre ihre Zunge auf meinen

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