Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl
der Künder nun seine Botschaft ausgerufen hat, wird er morgen wieder fortreiten und zur Horde zurückkehren. Keiner von Euren Leuten wird heute ausgesucht werden.«
»Bis nächstes Jahr, und dann sollen zwei von zehn meiner Männer sterben.«
Iwor schwieg.
»Ihr wusstet, dass ich mich nie unterwerfen würde, nicht wahr?«, flüsterte Andrew.
Iwor nickte.
»Aber Ihr werdet nicht gegen sie kämpfen.«
»Wir sterben alle, falls ich es tue.«
»Vielleicht«, stellte Andrew kalt fest. »Falls Ihr das gewusst und gar nicht geplant habt zu kämpfen, aus welchem Grund habt Ihr dann nicht unverzüglich versucht, mich zu vernichten? Oder hattet Ihr zunächst vor, mit meiner Hilfe Rasnar vollständig zu entmachten, die anderen Städte zu unterwerfen und dann, wenn wir uns in Eurem Dienst geschwächt hatten, auch uns zu erledigen?«
Iwor sah Andrew offen an.
»Das hatte ich mir zunächst überlegt«, sagte er gelassen, »aber während die Monate ins Land gingen, hoffte ich, dass sich vielleicht ein anderer Weg öffnete.«
»Aber die Zeit ist abgelaufen, Jahre früher, als Ihr geplant hattet.«
»Das stimmt«, sagte Iwor grimmig, »und Ihr seid mein Vasall. Ich befehle Euch, Euch zu unterwerfen.«
Mit traurigem Lächeln schüttelte Andrew den Kopf.
Die Nargas ertönten in der Ferne, und am Waldrand tauchte der erste Reiter auf. Die betroffenen Männer des 35. stießen aufgeregte Rufe aus.
»Ruhe in den Reihen!«, tobte Hans. »Zeigt ihnen, wie standhaft Männer aus Maine sind!«
Eine unheimliche Stille legte sich über das Fort, durchsetzt nur vom anschwellenden Schmettern der Nargas und dem Donnern der Trommeln.
»Wir haben keine Zeit mehr!«, brüllte Iwor, gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte zurück zur anrückenden Prozession.
Andrew kehrte um und bezog wieder unter den von Schüssen zerfetzten Gefechtsstandarten Stellung. So sehr er sich auch bemühte, er bekam das Herzklopfen nicht unter Kontrolle, als die große Plattform mit ihrer entsetzlichen Last immer näher kam und schließlich anhielt; der schlechte Atem der vorderen Pferde strich über ihn hinweg.
Er blickte stur geradeaus.
»Du, der Yankee genannt wird, wirf dich vor dem Künder der Zeit nieder, Stimme von Muzta Qar Qarth und der Tugarenhorde!«
Andrew stand reglos.
»Sieh mich an, Yankee!«
Andrew blickte auf. Von der hohen Plattform starrte der Tugare aus einer Höhe von gut sechs Metern herunter. Eine verschlagene Grimasse zeigte seine dunklen Fänge, als er Andrew musterte wie ein Falke seine Beute.
»Ihr seid also durch das Tor aus Licht auf diese Welt gekommen, wie das übrige Vieh!«
Andrews Miene verriet die Verblüffung, und der Tugare brüllte vor Lachen.
»Ja, die Horde weiß von dem Licht, dem Tor, das sich öffnet, um uns neue Viehrassen zuzuführen, an denen wir uns laben können. Manche haben versucht, sich zu wehren. Ihre Gebeine füllten unsere Festgruben. Andere, wie die Rus, unter denen ihr jetzt lebt, haben Besseres gelernt, wie ihr es auch noch tun werdet.
Lerne zu leben, Yankee, denn eine andere Möglichkeit bleibt dir nicht!«
Der Tugare wandte sich ab und nahm das Feldlager vor ihm in Augenschein. Sein Blick ruhte eine Zeit lang auf der Ogunquit und schweifte dann zu den Eisenbahngleisen weiter, die vom Anlegeplatz hinauf zu den Mühlen führten.
»Der heilige Mann hat mir von euren Geheimnissen erzählt. Wir werden euch Unterwerfung lehren!«
Andrew schwieg.
Der Tugare sprang von der Plattform, und die Schädel, die ihm an der Taille hingen, klapperten. Großspurig trat er vor und grinste dabei weiter. Einen Augenblick lang betrachtete er die Flaggen und wandte sich dann an Andrew.
»Bist du der Anführer der Yankees?«
»Ich heiße Keane.«
»Vieh nennt keine Namen für sich, bis es dazu aufgefordert wird!«, bellte der Tugare. »Aber du, Vieh mit Namen Keane, lernst das auch noch.«
Andrew blickte zu ihm auf und fixierte ihn. Lange Sekunden blieben beide in dieser Auseinandersetzung gebannt. Andrew fühlte sich kalt und abgesondert, erfüllt von Abscheu.
»Du bist trotzig!«, zischte der Tugare. »Das gefällt mir sogar an Vieh. Ich werde dich zu meinem Haustier machen. Ich brauche eines wie dich, um eure Sprache zu lernen. Mache dich bereit, mit mir zu Muzta Qar Qarth zu reiten und ihm von deinem Volk zu erzählen.«
»Ach zum Teufel!«, knurrte Hans und trat einen Schritt vor.
»Sergeant! Behalten Sie Position!«
»Ah, also hat mein Haustier auch ein Altes mit Fängen, das es beschützt!
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