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Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Titel: Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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Andrew. Er stellte fest, dass ihn das traurige sanfte Lächeln faszinierte, das ihre Züge spannte, und auch die Art, wie das rötliche Sonnenlicht Kathleens weiche, gewellte Haare färbte. Es schnürte ihm die Kehle zu, sie so zu sehen, aber schon einen Augenblick später meldete sich seine übliche Steifheit zurück, denn er sah, welche Barriere Kathleen gerade wieder rings um sich errichtete.
    »Ganz, wie Sie es auffassen möchten«, sagte er schließlich.
    Neben ihm wurde die Laufplanke klappernd ausgelegt, und Iwor spazierte als Erster hinunter und winkte der Menge mit dramatischem Überschwang zu, als er die bewundernden Rufe seines Volkes über die offenkundige Tapferkeit vernahm, mit einer Yankee-Maschine zu fahren.
    »Am besten gehen wir«, sagte Andrew nervös und reichte Kathleen die Hand. Sie zögerte kurz und blickte ihm in die Augen, als suchte sie nach etwas.
    »Kommen Sie mir nicht zu nahe, Andrew«, flüsterte sie. »Ich kann das niemals dulden.« Dann fasste sie seine Hand, und gemeinsam schritten sie die Laufplanke hinunter und weiter in die Stadt.

Kapitel 6
     
    »Einfach faszinierend!«, rief Kathleen, als sie um eine weitere Ecke gingen und sich auf einer schmalen Straße wiederfanden, die gesäumt war von Läden mit Lederwaren. Die Rufe der Händler sanken zu neugierigem Murmeln herab, als sie die beiden Yankees näher kommen sahen. Andrew wurde langsam klar, dass seine Einarmigkeit eine Quelle mystischen Staunens für diese Leute war. Schon mehrere Frauen waren an ihn herangetreten, hatten den leeren Ärmel angefasst und sich dann verneigt, begleitet von Segenszeichen.
    Seltsamer noch für die Menge war jedoch die Frau an seiner Seite, deren Reifrock einen endlosen Strom aufgeregter Bemerkungen hervorrief. Kathleen reagierte darauf mit freundlichem Verständnis und blieb wiederholt stehen, damit neugierige Frauen das Krinolin betasten und über den Stoff staunen konnten. Andrew konnte sich das Lachen nicht verkneifen, als eine vom Alter gebeugte Frau so von der Neugier übermannt wurde, dass sie tatsächlich den Rocksaum anhob, Passanten auf das Arrangement darunter hinwies und selbst erstaunte Rufe ausstieß. Die Krankenschwester wurde dunkelrot, als ein halbes Dutzend Frauen sofort auf die Knie fielen, unter das Kleid blickten und sich angeregt unterhielten. Andrew musste Kathleen letztlich aus dem Kreis der Frauen hinauszerren, die sich um sie drängten, und das alte Weib und seine Gefährtinnen folgten den beiden mehrere Blocks weit, erkennbar darauf bedacht, einen weiteren Blick unters Kleid zu erhaschen. Schließlich sah sich Andrew gezwungen, die Alte mit einem Kupferpenny zu bestechen, damit sie und ihre Freundinnen Kathleen und ihn endlich in Ruhe ließen.
    Der Nachmittag nahm allmählich seinen Fortgang, und der bloße Gedanke, dass er bald vorbei war, machte Andrew richtig zu schaffen. Das Festmahl in Iwors Palast hatte sich schon in eine weitere lärmende Angelegenheit verwandelt. Zum Glück wusste Andrew eine Ausrede, indem er erklärte, dass er den Wunsch hatte, Miss O’Reilly die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu zeigen.
    Eigentlich plagte ihn selbst die Neugier, denn bei allen bisherigen Besuchen hatte er jeweils schnurstracks den Palast aufgesucht und die anfallenden Gespräche geführt, um dann gleich ins Lager zurückzureiten. Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in dieser fremden Welt hatte er das Gefühl, wirklich einen Tag für Erkundungen nutzen und dabei auch die Gesellschaft einer Frau erleben zu können – etwas, was ihm seit Ausbruch des Krieges fremd geworden war.
    Für so was hatte er selten Zeit gehabt-so zumindest seine Ausrede vor dem Krieg. In Gesellschaft von Frauen verschlug es ihm stets die Sprache. So befangen war er über seine schlaksige Gestalt, seine enorme Größe und das entschieden gelehrte Erscheinungsbild, dass es ihm fast unmöglich gewesen war, Damenbekanntschaften zu machen. Wohlmeinende Freunde hatten ihm natürlich zu helfen versucht und ihn Frauen vorgestellt, aber irgendwie hatten sich diese Bekanntschaften nie weiter entwickelt.
    Eine einzelne Frau war ihm bislang jemals wichtig gewesen – Mary. Es war das Jahr vor dem Krieg. Ihre Bekanntschaft war kurz und leidenschaftlich und entwickelte sich bis zur Verlobung und zum Versprechen, im Frühling ’61 zu heiraten. Andrew glaubte mehr an sie als an alles andere auf der Welt, bezweifelte nie ein Wort, das sie sprach, und ihre Versprechungen für die Zeit nach der Hochzeit ließen einen Rausch

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