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Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Titel: Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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fand man keine Siedlerhäuser und nicht die wohl geordneten Liegenschaften hart arbeitender Mainer, an die Andrew so gewöhnt war. Vielmehr drängten sich die Bauernhäuser, grob gefertigte Blockhütten, verziert mit den üblichen suzdalischen Schnitzereien, in kleinen Dörfern zusammen. Jedes Dorf gruppierte sich um eine massivere Blockhütte, manchmal zwei oder gar drei Stockwerke hoch, offenkundig das Haus des Grundbesitzers, das wiederum flankiert wurde von einer kleinen Stein- oder Holzkapelle, auf deren Dach der Blitz Perms gen Himmel wies.
    »Wissen Sie, Andrew, das erinnert mich irgendwie an den Süden.«
    Andrew drehte sich zu Kathleen um, die neben ihm an der Reling lehnte, die Augen vor dem grellen Morgenlicht abschirmte und über den Fluss blickte.
    »Seltsam – mich erinnert dieses Land sehr an Maine.«
    »Oh, das Land – ich denke, mich erinnert es mehr an Indiana, direkt am Rand der Prärie. Ich bin einmal mit meinem Vater dorthingefahren, als er für die Eisenbahn arbeitete. Kal hat mir erzählt, dass nur einen Tagesritt westlich und südlich von hier eine offene Steppe beginnt, die sich ins Endlose erstreckt.
    Aber ich dachte eher an die Höfe«, fuhr sie fort. »Zuhause hatte jeder seine eigene Parzelle, wie kläglich auch immer, und normalerweise sah man auch den Stolz der Menschen. Hier ähnelt alles mehr den Plantagen, wo ein Mann im Luxus lebt und der Rest in drückender Armut.«
    Der Gedanke bekümmerte Andrew. Als das Schiff sich dem Ufer näherte, um die nächste Biegung zu durchfahren, sah er, dass die meisten Bauern barfuß waren oder sich einfach mit Hilfe von Lederschnüren Lumpen um die Füße gebunden hatten. Die Kleidung bestand lediglich aus einem schlichten, überdimensionierten Hemd, das bis auf die Knie hing und mit einem Seilstrang um die Taille gebunden war. Sämtliche Männer trugen Barte, und bei den wenigen alten Männern fielen sie in Einzelfällen fast bis auf die Taille. Die Frauen waren ähnlich gekleidet, gelegentlich ergänzt um bunte Kopftücher, während die jüngeren Mädchen die losen Hemden mit hellen Stoffstreifen um die Taille schnürten.
    Alle standen sie fasziniert da und schrien erschrocken, als Iwor weiterhin die Schiffspfeife betätigte.
    Immer wieder erhob sich der Ruf »Yankee, Yankee!« am Ufer, wenn das Schiff vorbeikam, und Andrew winkte gut gelaunt, und die Wagemutigeren erwiderten diese Geste schüchtern.
    Hinter einer weiteren Flussbiegung stieg ein Schrei des Entzückens vom Deck auf, und Andrew hörte auch Kathleen Luft holen, als die Stadt Suzdal ins Blickfeld kam und ihre goldenen Kirchenkuppeln im rötlichen Licht der frühen Morgensonne schimmerten.
    »Das sieht ja aus wie im Märchen!«, rief Kathleen begeistert, und Andrew stellte fest, dass er ihr nur zustimmen konnte. Obwohl er die Stadt inzwischen ein halbes Dutzend Male besucht hatte, erfüllte sie ihn mit Staunen – sie, die so anders war als alles, was er sonst je gesehen hatte.
    An der Südmauer vorbei raste die Ogunquit an der Stadt entlang, und die Holzwälle am Ufer waren gesäumt von Tausenden Zuschauern, deren Schreie beinahe die fortwährenden Stöße der Schiffspfeife übertönten. Auf den Zinnen flatterten bunte Wimpel im Wind und trugen gemeinsam mit der Beflaggung der Ogunquit zu einer Festtagsstimmung bei.
    Für Andrew war es heute Morgen besonders schön, trieb doch ein auffrischender Westwind den Gestank der Stadt von ihm weg.
    Dutzende Kals säumten das Ufer, und Tobias steuerte den längsten davon an, der gut fünfzig Meter weit in den Fluss ragte.
    Taue schlängelten sich hinaus und wurden rasch um die massiven Pfahle gebunden, und rasselnd fiel der Anker als zusätzliche Halterung. Die Maschinencrew senkte den Dampfdruck in den Kesseln, und eine mächtige Dampfwolke entwich zischend nach draußen, sodass die Suzdalier auf dem Dock davonrannten, während Iwor zu allem Überfluss noch wiederholt die Schiffspfeife betätigte.
    »Ich werde richtig froh sein, wenn er mit diesem Ding endlich fertig ist«, murmelte Kathleen. »Das treibt mich fast zum Wahnsinn!« Und Andrew lächelte zustimmend.
    »Ich muss als sein Gast an einem Festmahl teilnehmen«, sagte er. »Würden Sie sich mir dazu gern anschließen, statt auf unseren Besuch im Rest der Stadt zu warten?«
    Kathleen sah ihn an und lächelte traurig.
    »Bitten Sie mich damit nur, Sie zu einem protokollarischen Anlass zu begleiten, oder steckt mehr dahinter, Colonel Keane?«
    Betroffen von ihrer direkten Art, zögerte

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