Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl
bin einverstanden. Aber maximal sechzig Mann aus dem Regiment dürfen dafür eingesetzt werden – die restlichen Arbeitskräfte muss Kal aufbringen. Oberste Priorität genießt derzeit die Herstellung von mehr Werkzeug. Dann kommt der Ausbau von Dunlevys Schmiedewerkstatt mit Ihren automatischen Hämmern an die Reihe und schließlich der Ausbau unserer Schmelzhütte hier.
Schaffen Sie das, Mina?«
»Natürlich, Sir.«
»Dann okay. John, ich ernenne Sie hiermit zum Koordinator aller Arbeiten für die diversen Unternehmungen, die sich um die Eisenverarbeitung und die Eisenbahn drehen, aber Sie dürfen weder Fletcher noch Houston Arbeitskräfte wegnehmen, oder die beiden schlagen höllischen Lärm. Haben wir das geklärt?«
»Natürlich, Sir, und danke, Sir.«
»Es ist ein schöner Tag, meine Herren, und ich plane, mir einen Ausritt zu genehmigen und ihn zu genießen. Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.«
Als er zur Tür hinausging, drehte er sich kurz um und blickte zurück. Mina, Ferguson und Kal klopften sich alle überschwänglich gegenseitig auf den Rücken. Kopfschüttelnd machte sich Andrew auf den Rückweg. Wahrscheinlich hatten sie das seit Wochen geplant und dabei gedacht, dass es ihnen schwer fallen würde, die Idee zu verkaufen.
Offen gesagt, liebte Andrew Eisenbahnen und freute sich schon richtig auf seine erste Fahrt mit der MFL&S-Bahn.
»Wisst ihr, ihr Yankees seid wirklich erstaunlich«, sagte Kal gutmütig und blickte über den Tisch auf Hawthorne, während er ihm eine weitere Tasse Tee einschenkte.
Vincent hatte sich zu so etwas wie einem Ausstattungsmerkmal von Kals Hütte entwickelt. Zwei Wochen lang hatte er hier gewohnt, während das Bein heilte, und seitdem besuchte er die Familie täglich; dabei war offenkundig, dass der Hauptgrund in Tanja bestand, die jeden Abend ungeduldig sein Eintreffen erwartete. Nach ein oder zwei Stunden Konversation mit der Familie ging das junge Paar jeweils spazieren und kehrte erst zum Zapfenstreich zurück.
Die Beziehung bestand jedoch aus mehr, als nur einer jungen Dame Gesellschaft zu leisten. Vincent war regelrecht ein Familienmitglied geworden, das gern mit Kal zusammensaß und bei der Hausarbeit half.
Gemeinsam hatten sie es zuwege gebracht, der Schmelzhütte eine Ladung kaputter und ausgemusterter Ziegelsteine abzuschwatzen, und somit war Kalencka der vielleicht einzige Bauer in ganz Suzdal mit einem echten Schornstein zur Hütte. Nicht zu vergessen: der erste Bauer mit einer richtigen Uhr, die in der Ecke tickte, und einer Bibel, mit deren Hilfe Hawthorne ihn das Lesen lehrte.
Das allein war schon eine Quelle des Staunens für Kal, obwohl er kein Wort darüber verlor – denn die Geschichten von Kesus, Moos und Abram waren denen unheimlich ähnlich, die der Priester an den Siebenttagen von der Kanzel verkündete.
»Und warum erstaunen wir dich so?«, fragte Hawthorne lächelnd und sah Kal dabei an. Er lehnte sich zurück, streckte sich und verzog dabei leicht das Gesicht.
»Ist es dein Bein?«, fragte Tanja nervös und eilte an seine Seite.
»Nein, nichts, nur ein leichtes Stechen.«
Kal lächelte die beiden an. Das Mädchen hatte Tag und Nacht über Hawthorne gewacht, während ihn das lodernde Wundfieber schüttelte. Sogar der Heiler Weiss hatte eine Zeit lang nervös gewirkt und war viele Stunden lang in der Hütte geblieben. Die Krankenschwester Kathleen war auch täglich gekommen und hatte Tanja sorgfältig in der richtige Pflege eines jungen, verletzten Soldaten unterwiesen. Aber sogar nach Überwindung des Fiebers hatte sich der Junge zunächst nicht erholt. Nachts schrie er laut und zerrte an der schweißnassen Decke.
Kal stand dann auf, aber stets war Tanja schon an Hawthornes Seite, redete ihm gut zu und wischte ihm die Stirn ab, bis der Junge sich wieder zurücklegte und einnickte -bis ein weiterer nächtlicher Schrecken seine Seele erschütterte.
Allmählich genas er, aber weiterhin zeigte sich ein trauriger, gehetzter Zug um seine Augen und war bis heute nicht verschwunden.
Da Tanja Kals einzige Tochter war, machte sich Kal etwas mehr Sorgen als in solchen Fällen üblich. Über Nacht war sein kleines Mädchen scheinbar zur Frau geworden. Er hatte weder Stellung noch Geld für eine Mitgift zu bieten, und er fürchtete, ihr Leben könnte schließlich in ständiger Mühsal enden, der den lebhaften Charme ihrer Seele tötete. Er fürchtete auch dieses andere Schicksal, denn da Iwor seiner Familie keine Schonung gewährt hatte,
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