Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit
lief an der Seite des Schiffs entlang, als sich der Bug am auf und ab hüpfenden Floß vorbeischob.
Ein Dampfnebel stieg von der eingedrückten Wand der Floßhütte auf. Die verbogenen Gleisstücke hatten sich hineingedreht, und die beiden mittleren Schienen, die den eigentlichen Aufprall eingesteckt hatten, waren komplett durchgebrochen.
Die Suzdal glitt am Floß entlang, und dessen hintere Seite kam ins Blickfeld.
Etliche Bahnschwellen waren durchgebogen; deutliche Risse zogen sich über die Planken, und ein leichter Splitterregen war über das Floß und das Wasser dahinter niedergegangen.
»Die Kugel hat die Hütte nicht durchschlagen«, stellte Andrew fest, und der Tonfall verriet seine Enttäuschung.
»Na, Gott sei Dank«, sagte Emil. »Vergessen Sie nicht: das war ein Modell unserer eigenen Panzerung.«
»Mal angenommen, Cromwell hat die Gleiche«, hielt ihm Andrew entgegen. »Und denken Sie daran, dass wir nur Kanonaden haben, er hingegen lange Kanonen mit wesentlich mehr Durchschlagskraft.«
»Zu spät, jetzt noch was zu ändern«, sagte Emil. »Wir haben eine Seeschlacht geplant, er aber nicht – seine Panzerung könnte also wesentlich dünner sein.«
»Wir können jederzeit die Pulverladung erhöhen und die Bolzen aus Schmiedeeisen benutzen«, warf Bullfinch ein.
»Womit wir die Geschütze und die Mannschaften riskieren«, entgegnete Andrew. »Wir haben keine einzige Waffe übrig, um mit ihr die schwerere Ladung auszuprobieren.«
»Womöglich müssen wir diese aber trotzdem verwenden«, gab Marcus zu bedenken.
Andrew nickte geistesabwesend und zwang sich zu einem Lächeln.
»Das Schiff wird seine Aufgabe erfüllen«, sagte er aufmunternd und sah dabei die frischgebackenen Kapitäne an. »Fahren wir jetzt zurück. Bullfinch, gehen Sie auf volle Fahrt. Ich steige hinunter.«
Andrew ging nach achtern, vorbei am Geschützturm. Die beiden Schornsteine stießen nach wie vor weiße Fahnen hervor, und als er an den Luftstutzen vorbeikam, spürte er den scharfen Sog der Luft in die Kessel, eingesaugt von primitiven und durch Flaschenzüge angetriebenen Ventilatoren.
Als er die Achterluke erreicht hatte, holte er tief Luft und stieg nach unten.
Die Kessel beiderseits von ihm glühten vor Hitze. In dem dunklen, raucherfüllten und engen Raum fühlte er sich wie in einem Hochofen. Er war noch nicht auf halbem Weg nach unten, da setzten sich riesige Lederriemen rechts und links von ihm langsam in Bewegung und wurden dann schneller. Ein lautes, unaufhörliches Geschnatter lief durch den Maschinenraum, untermalt vom keuchenden Tosen der Dampfmaschinen und dem zischenden Jaulen der Antriebsriemen. Auf dem Deck angekommen, fühlte sich Andrew schon wie nach einem Bad; die Uniform war durchgeschwitzt.
Ferguson trat aus der stygischen Finsternis hervor, in der Licht nur aus den offenen Brennkammern und von mehreren matten Lampen stammte.
»Ich dachte, schon das Geschützdeck wäre die Hölle!«, schrie Andrew.
»Da oben, das ist nur die Veranda des Fegefeuers!«, schrie Ferguson zurück. »Hier sind Sie in der Hölle.«
Eine Pfeife stieß ihren schrillen Ruf aus, und Ferguson entkorkte das Sprachrohr und hielt das Ohr daran.
»Volle Kraft voraus!«, brüllte er.
Andrew blickte zu den Maschinisten hinüber, die bis auf die Taille nackt waren, zu beiden Seiten ihrer jetzt räderlosen Lokomotiven standen und jetzt langsam die Dampfhebel vorschoben. Die hinter ihnen stehenden Heizer legten mehr Holz auf.
Der Lärm stieg an, und Andrew blickte sich nervös um. Antriebswellen rammten vor und zurück und stießen dabei Dampf hervor; die Lederriemen liefen summend und kreischend über Holzräder, die von den Wellen angetrieben wurden. Als Andrew aufblickte, sah er die Riemen auf beiden Seiten des Schiffs in Heckschächten verschwinden, in denen die Antriebswellen für die beiden Schaufelräder angebracht waren.
»Warten Sie ab!«, brüllte Ferguson.
Die Hitze nahm zu, und das donnernde Klopfen prasselte wie Hammerschläge auf Andrew ein. Er hatte das Gefühl, die Welt würde so stark geschüttelt, dass sie auseinander fiel.
Die Pfeife ertönte wieder und war diesmal kaum zu hören.
Ferguson beugte sich vor, drehte sich dann um und legte die Hände vor den Mund.
»Raskow, Ruder hart links. Charlie, nehmen Sie Ihren Dampfhebel eine Markierung weit zurück.«
Zwischen den beiden Triebwerken sah Andrew einen kleinen suzdalischen Soldaten an einem Steuerrad drehen, das mit Hilfe zweier dicker Seile das Ruder
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